Umfrage: Deutsche Industrie stellt sich auf 5G ein

Sechs Prozent der befragten Unternehmen interessieren sich für lokal nutzbare Frequenzen.

5G gilt als Enabler von Zukunftstechnologien wie autonomem Fahren oder Machine Learning - und war eines der großen Themen der diesjährigen HANNOVER MESSE. (Bild: Deutsche Messe)
5G gilt als Enabler von Zukunftstechnologien wie autonomem Fahren oder Machine Learning - und war eines der großen Themen der diesjährigen HANNOVER MESSE. (Bild: Deutsche Messe)
Therese Meitinger

Die deutsche Industrie sieht große Chancen im kommenden Mobilfunkstandard 5G, so das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom. Für die am 15. Mai veröffentlichte Erhebung wurden insgesamt 505 Industrieunternehmen unterschiedlicher Größe telefonisch befragt.

Darin gibt die Hälfte der Industrieunternehmen ab 50 Mitarbeitern in Deutschland (49 Prozent) an, dass die künftige Verfügbarkeit von 5G für sie wichtig sei. Bei Großkonzernen ab 2.000 Mitarbeitern liegt der Wert bei zwei Dritteln (66 Prozent). Derzeit planen oder diskutieren laut der Umfrage aber nur zwei von fünf Industrieunternehmen (42 Prozent) eine 5G-Versorgung, davon gut ein Drittel (36 Prozent) eine 5G-Versorgung durch einen Netzbetreiber. Sechs Prozent beschäftigen sich mit 5G über lokal nutzbarere Frequenzen.

„Für den Industriestandort Deutschland ist 5G eine Schlüsseltechnologie“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. „Sehr hohe Geschwindigkeiten und ultrakurze Reaktionszeiten sind die Basis für die smarte Fabrik. Die deutsche Industrie bekommt mit 5G einen enormen Schub.“ Der Branchenverband zeigte sich erstaunt darüber, dass die 5G-Versorgung für 55 Prozent der Industrieunternehmen momentan noch kein Thema sei. „Die Bundesnetzagentur hat Frequenzbereiche für die lokale 5G-Nutzung reserviert. Wenn kaum ein Unternehmen davon Gebrauch machen will, liegen diese Frequenzblöcke ungenutzt brach. Wer sich jetzt nicht mit 5G beschäftigt, riskiert das Geschäft von morgen“, so Berg.

„Die Nachfrage nach den 25 Prozent der 5G-Frequenzbereiche, die die Bundesnetzagentur für die lokale Nutzung reserviert hat, ist aktuell deutlich geringer als angenommen“, erläuterte Bitkom-Pressesprecher Christoph Krösmann auf Anfrage von LOGISTIK HEUTE. Die brachliegenden Frequenzbereiche hätten noch eine weitere Konsequenz: „Auf diese Weise entsteht eine künstliche Verknappung, die in der aktuell laufenden Versteigerung der restlichen 5G-Frequenzbereiche die Höhe der Gebote nach oben treibt.“    

Vernetzte Produktion und Echtzeit-Kommunikation

Grundsätzlich steht nach den Ergebnissen der Umfrage die Industrie dem Mobilfunkstandard positiv gegenüber. Mehr als acht von zehn (84 Prozent) stimmen demnach der Aussage zu, dass 5G die Produktivität deutscher Unternehmen massiv fördern werde, 70 Prozent sehen in 5G eine der wichtigsten Zukunftstechnologien. Hingegen sind fast ein Viertel (23 Prozent) der Meinung, dass die deutsche Wirtschaft auch ohne 5G nicht an Kraft verlieren würde. Nur vier Prozent geben in der Studie an, dass Deutschland den 5G-Aufbau nicht brauche.

Wer sich bereits mit 5G beschäftigt, hat nach den Umfrageergebnissen unterschiedliche Anwendungsszenarien im Blick. Mehr als die Hälfte derjenigen Unternehmen, die den Einsatz von 5G planen oder diskutieren (54 Prozent), will 5G für die vernetzte Produktion einsetzen. Jedes zweite dieser Unternehmen (50 Prozent) plant damit Assistenzsysteme wie Augmented Reality und Virtual Reality, ebenso viele (49 Prozent) wollen die Echtzeit-Kommunikation zwischen Maschinen über 5G ermöglichen.

Zwei von fünf (39 Prozent) sehen 5G für autonome Fahrzeuge und Transportsysteme vor. Fast jedes dritte Unternehmen (31 Prozent), das sich mit 5G beschäftigt, will mobile Roboter einsetzen. Unternehmen, für die 5G aktuell kein Thema ist, wollen vor allem andere Technologien nutzen. Das geben 70 Prozent an, 69 Prozent planen mit WLAN statt mit 5G. Mehr als die Hälfte der 5G-ablehnenden Unternehmen (57 Prozent) sieht im neuen Mobilfunkstandard keinen Mehrwert, ein Drittel (32 Prozent) hat dafür nach den Umfrageergebnissen kein Budget.

Deutschland nur internationales Mittelfeld

Zum geplanten 5G-Aubau stellt die Industrie dem Standort Deutschland in der Erhebung ein durchwachsenes Zeugnis aus. Nur zwei Prozent der Industrieunternehmen sehen Deutschland im weltweiten Vergleich in der Spitzengruppe, ein gutes Drittel (36 Prozent) verortet die Bundesrepublik im Mittelfeld. Für ebenso viele rangiert Deutschland unter den Nachzüglern. Mehr als jedes fünfte Unternehmen (22 Prozent) hält das Land gar für abgeschlagen.

Für einen schnellen 5G-Aufbau in Deutschland muss aus Sicht des Bitkom so viel privatwirtschaftliches Engagement wie möglich generiert werden. Berg: „Jeder in Frequenzauktionen ausgebebene Euro fehlt anschließend beim Netzausbau. Die Politik sollte sich mit den Netzbetreibern auf eine vorausschauende und europaweit koordinierte Frequenzstrategie verständigen.“ Höhere Rechts- und Planungssicherheit in der künftigen Ausrichtung der Frequenzregulierung sei unabdingbar. „Einmal ersteigerte Frequenzen müssen für mindestens 20 Jahre nutzbar sein. Nur so verbessern sich die Investitionsbedingungen für Netzbetreiber. Statt Frequenzen nach wenigen Jahren neu zu versteigern, müssen wir auch die Verlängerung von Nutzungsrechten ermöglichen“, sagt Berg.