Türkei-Referendum: Wirtschaftsvertreter hoffen auf Stabilität

Auswirkungen auf Logistikstandort Türkei noch ungewiss.

Die Türkei mit ihrer Metropole Istanbul verbindet Europa und Asien. (Foto: Stefanie F./Fotolia)
Die Türkei mit ihrer Metropole Istanbul verbindet Europa und Asien. (Foto: Stefanie F./Fotolia)
Matthias Pieringer

Wie geht es nach dem Referendum, das mit einem knappen Votum für das Präsidialsystem endete, weiter in der Türkei? Deutsche Politiker wie der stellvertretende CSU-Chef Manfred Weber, Vorsitzender der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, fordern bereits einen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit dem 80-Millionen-Einwohner-Staat.

Besorgte Stimmen aus der Wirtschaft

Führende deutsche Wirtschaftsvertreter zeigen sich besorgt und hoffen auf Stabilität. Aus Sicht von Anton Börner, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), entfernt sich die Türkei mit dem Ergebnis des Referendums „weiter von der EU – ihrem wichtigsten Absatzmarkt“. Dies beobachte man mit großer Sorge, „gleichzeitig hoffen wir aber, dass die türkische Regierung nun alles daran setzen wird, einer weiteren Spaltung der Türkei entgegenzuwirken und zu einer sachorientierten Diskussion auch mit der EU zurückzukehren“, sagte Börner am 18. April in Berlin.

Rang 17 unter Handelspartnern

Laut dem Statistischen Bundesamt war die Türkei 2016 unter den Top 20 der wichtigsten Handelspartner Deutschlands. Die Ex- und Importe lagen in Summe bei mehr als 37 Milliarden Euro (Rang 17). Für die Türkei sei Deutschland der wichtigste Absatzmarkt und auch bei den Lieferländern befinde sich Deutschland gleich an zweiter Stelle, unterstrich der BGA in einer Pressemitteilung.

Es sei für die deutsche Wirtschaft wichtig, dass verlässliche Rahmenbedingungen für Unternehmen gewährleistet würden, nahm Martin Wansleben Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), Stellung. Besorgt über das Ergebnis des Referendums äußerte sich Dieter Kempf, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Die Türkei entferne sich damit weiter von europäischen Grundwerten. Rund 6.800 deutsche Unternehmen seien in der Türkei aktiv. Die Wirtschaft benötige, so Kempf, Verlässlichkeit und Berechenbarkeit.

Noch keine Einschätzung

Im Logistics Performance Index (LPI) 2016 der Weltbankgruppe belegte die Türkei unter 160 Ländern den 34. Rang. Und im DHL Global Connectedness Index 2016, der die „am besten vernetzten“ Länder der Welt zeigt, kam die Türkei auf den 54. Platz (von 140). Welche Auswirkungen sich durch das Votum direkt auf die Logistik ergeben, scheint derzeit schwer einschätzbar: Zur Frage, was der Referendums-Ausgang für die Rolle der Türkei als Logistikstandort und Logistikpartner deutscher Unternehmen bedeutet, „ können wir im Moment noch keine qualifizierte Einschätzung abgeben“, teilte Ulrike Grünrock-Kern, Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der Bundesvereinigung Logistik (BVL), gegenüber LOGISTIK HEUTE mit.

Türkische Beteiligung

Vom 15. bis 17. November steht in Istanbul die Logistikfachmesse logitrans 2017 an, die auch Teil des transport logistic Clusters der Messe München ist. „Schon vor dem Referendum hat die politische und wirtschaftliche Situation die Erwartungen für das Messegeschäft etwas gedämpft“, sagte Dr. Robert Schönberger, Projektgruppenleiter bei der Messe München, auf Anfrage von LOGISTIK HEUTE. „Die Entwicklung für die nächsten Jahre kann niemand voraussehen. Auswirkungen auf die logitrans 2017 spüren wir aktuell nicht.“

Und für die transport logistic, die als internationale Leitmesse rund um logistische Dienstleistungen gilt und vom 9. bis 12. Mai in der bayerischen Landeshauptstadt die Tore öffnet, erwartet die Messe München mehr als 2.100 Aussteller: „2017 haben sich genauso viele Aussteller aus der Türkei auf der transport logistic angemeldet wie 2015: 17“, sagte Schönberger.