Supply Chain Management: Das sind die zehn Top-Trends im Jahr 2021

Weniger Silos, mehr Netzwerke der Softwareanbieter Setlog hat die aus seiner Sicht zehn wichtigsten SCM-Trends für 2021 zusammengestellt.

(Foto: fotofabrika/AdobeStock)
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Matthias Pieringer

Welche neuen Trends im Supply Chain Management für das Jahr 2021 hinzukommen und welche bestehenden beschleunigt werden, hat Ralf Düster, Vorstandsmitglied des Bochumer SCM-Softwarespezialisten Setlog, zusammengefasst. Seine Thesen fußen auf Gesprächen und Daten von Setlog-Kunden, welche die SCM-Software „OSCA“ nutzen. Allein in der Fashionbranche setzen mehr als 100 Marken auf dieses Tool.

Das sind laut Ralf Düster, Vorstandsmitglied bei Setlog, die zehn Top-SCM-Trends im Jahr 2021:

1. Fokus richtet sich stärker auf Einkauf und Beschaffung

Eine alte Weisheit sagt: Die Hälfte des Gewinns wird mit dem Einkauf und der Beschaffung erwirtschaftet. Das gilt heute mehr denn je. Besonders für den Konsumgüterbereich gilt: Einkauf, Beschaffung und Supply Chain Management erlangen immer mehr Bedeutung, wenn es um den Gewinn eines Unternehmens geht. Das liegt unter anderem daran, dass die Möglichkeiten, im unteren und mittleren Warensegment höhere Preise durchzusetzen, selten geworden sind. Der Grund dafür sind Plattformen, die dem Konsumenten im immer wichtiger werdenden E-Commerce die Marktpreise transparent machen – mit nur einem Klick sind alle Preise ersichtlich. Im Einkauf der Zukunft prägt kollaboratives Denken aller an der Kette beteiligten Partner das Handeln. Dadurch wird die Beschaffung lokal, national und global optimiert. Mit den richtigen Informationen aus Prognosetools und Daten der Nachfrageplanung werden Stückzahlen und Kapazitäten berechnet. Dank eines optimierten Informationsflusses und unternehmensübergreifendem Arbeiten reduzieren Unternehmen Zeiten und Kosten und sichern so ihre Margen.

2. Versorgungsnetze ersetzen Versorgungsketten

Die Zusammenarbeit von Unternehmen mit Einkaufsbüros, Lieferanten, Fabriken, Prüflaboren, Technikern, Kunden, Spediteuren und Händlern war noch nie so bedeutend wie heute. Deshalb werden Firmen 2021 versuchen, ihre geschäftlichen Netzwerke weiter zu stärken. Während der Pandemie haben sie festgestellt, dass ihre unternehmenszentrierten Systeme nicht mehr optimal funktionieren. Im Jahr 2021 werden sie daher Tools und Plattformen einsetzen, die enge kollaborative Arbeitsabläufe in puncto Prognosen, Bestellungen, Lieferungen, Produktion, Kapazitäten und Lagerbestände in Echtzeit unterstützen. Da die Kollaboration und der verbesserte Informationsfluss Fehler, Verzögerungen, Durchlaufzeiten und Ineffizienzen eliminieren, können alle Beteiligten Kosten senken und ihre Wettbewerbsfähigkeit mithilfe von Unternehmensnetzwerken verbessern.

3. ERP-Silos werden eingerissen

Manche Mittelständler stützen sich auf ein bis zwei, manche Konzerne auf 20 oder mehr ERP-Systeme. Schon vor der Pandemie traten die Ineffizienzen dieser selbstgemachten Silos zutage. Covid-19 hat sie noch verstärkt. Das Nebeneinander der Systeme hat Bestandspuffer künstlich aufgestockt, Informationsverzögerungen verursacht und hohe IT-Kosten für Schnittstellen, Wartung und Upgrades mit sich gebracht. Unternehmen werden diese Silos einreißen, weil sie sich weder die Kosten, den Aufwand noch den Ärger länger leisten können. Die beste Lösung ist die Verlagerung der Supply Chain Workflows auf eine kollaborative Netzwerk-Plattform, die über all diese Silos geht und sowohl eine Datenteilung als auch einen echten Datenaustausch produktions-, abteilungs- und unternehmensübergreifend ermöglicht. 2021 werden Firmen mehr Echtzeitsysteme sowie -prozesse einrichten, damit die Zeitverzögerung gegen Null geht.

4. Supply Chain-Organisationen werden runderneuert

Unternehmen, die auf die Situation im Jahr 2020 reagieren, werden auch organisatorische Veränderungen für das „neue Normal“ vornehmen. Sie werden Prozesse stärker automatisieren und die Vorteile Künstlicher Intelligenz im Bereich präskriptive Analytik sowie autonomer Agenten nutzen, um Effizienzgewinne zu erzielen. Manager werden Softwaretechnologien für die Supply Chain einführen, um die Widerstands- und Wettbewerbsfähigkeit der Firmen zu erhöhen. Die Folge: Die neuen Automatisierungstechnologien beseitigen Dutzende von Positionen und Rollen innerhalb der Organisation. Gleichzeitig wird die Entscheidungsfindung weitaus datengesteuerter. Zudem wird die Synchronisation von Waren- und Informationsfluss stärker aufgesetzt. Nur so können Unternehmen Schnelligkeit erzeugen, Puffer abbauen und Prozesse effizient steuern – von der Planung bis zur Auslieferung.

5. Supply Chain Control Tower werden besser

Sichtbarkeit ist wichtiger denn je. Aber das alleine reicht nicht. Was nützt es, ein Problem nur zu sehen, wenn man es nicht lösen kann? IT-Spezialisten verwenden Künstliche Intelligenz und spezielle Algorithmen, um mögliche Zwischenfälle in Firmen vorherzusehen (prädiktive Analyse) oder sie automatisiert zu lösen (präskriptive Analyse bzw. adaptive Lösung). Im globalen Transportbereich helfen Algorithmen und Berechnungen, Laufzeiten zu optimieren, ebenso wie bei der richtigen Auswahl der Transportarten und der optimalen Befüllung der Transporteinheiten – unter anderem durch die Bündelung von Sendungen (Buyer´s Consolidation).

6. Abstimmung von Angebot und Nachfrage wird optimiert

 Immer mehr Unternehmen setzen künftig auf Technologien, welche die Nachfrage optimal mit dem verfügbaren Angebot innerhalb der Lieferfristen in Einklang bringen. Um das Service-Level hoch zu halten und die Kosten gleichzeitig zu minimieren, müssen unter Umständen Produkte den Aufträgen, nahezu in Echtzeit, neu zugeordnet werden, wenn sich die Gesamtsituation ändert. Unternehmen, die Software einsetzen, um Nachfrage und Angebot global zu steuern, werden gegenüber dem Wettbewerb die Nase vorne haben. Wenn schnelle Veränderungen bei Angebot und Nachfrage eine Prognose, die auf der Vergangenheit basiert, unmöglich machen, ist die beste Strategie ein agiler Ansatz, um die Nutzung von Ressourcen und Produktionskapazitäten permanent zu optimieren.

7. Alles spricht für Omnichannel

Die Corona-Pandemie hat 2020 gezeigt: Damit Unternehmen erfolgreich bleiben und resilienter werden, müssen die Potenziale in allen Kanälen ausgeschöpft werden – stationärer Handel, Großhandel, E-Commerce, Direct-to-Consumer, Vertriebspartner und Plattformen. Nur wer sich daran hält, bleibt weiter im Geschäft, wenn einer der Kanäle ausfällt. Firmen müssen zudem die Nachfrage konsolidieren und einen Blick auf jedes Glied in der Kette werfen können, damit sie fähig sind, Service-Levels und Einnahmen zu erhöhen und gleichzeitig die Kosten zu senken. Dafür brauchen sie eine leistungsfähige SCM-Software.

8. Direct-to-Consumer ist die Königsklasse

Wer diesen Kanal im Unternehmen noch nicht optimiert hat, kann von der Konkurrenz schnell abgehängt werden. Manager müssen die Produktion und Lieferung von „Losgröße 1“ im Griff haben, eine Lösung für die letzte Meile ausbauen und das Retourengeschäft beherrschen. Darüber hinaus benötigen sie eine Technologie im E-Commerce-Bereich, welche die von den Kunden gewünschte Vielzahl an Wahlmöglichkeiten und Artikelvarianten bewältigen kann. Hierzu gehören im B2B- aber auch im B2C-Markt Streckengeschäfte, sogenannte Drop-Shipments, die mit der notwendigen Transparenz von SCM-Lösungen geschaffen und optimiert werden. So können Händler Waren an Kunden verkaufen, ohne diese wirklich physisch im Bestand zu haben.

9. Kühlketten laufen heiß

Regierungen auf der ganzen Welt kümmern sich um eine schnelle Versorgung der Menschen mit Impfstoffen, um die Corona-Pandemie einzudämmen. Die Krux: Einige Vakzine müssen zum Teil bei minus 70 Grad Celsius und mehr gekühlt werden. Eine Supply Chain zu steuern, ist schon nicht banal. Aber die gesamte Kette kontinuierlich temperaturkontrolliert und gekühlt zu halten, ist eine Herkulesaufgabe – speziell in warmen Regionen wie etwa in Afrika. Die Einhaltung eines bestimmten Temperaturniveaus ist aber für viele temperaturempfindliche Produkte erforderlich – das gilt nicht nur für Impfstoffe, sondern auch für viele Medikamente, Lebensmittel und einige chemische Erzeugnisse. Firmen müssen eine vollständige Überwachung der Lieferkette sowie eine Rückverfolgbarkeit der Produkte jederzeit garantieren können. Zudem benötigen sie Herkunftsinformationen über alle Standorte und Supply Chain-Partner hinweg. Unternehmensnetzwerk-Plattformen mit diesen Fähigkeiten sind unerlässlich für Unternehmen, die mit diesen Herausforderungen konfrontiert sind.

10. Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung

Die Themen Nachhaltigkeit, Dekarbonisierung und Social Compliance werden immer wichtiger. Sie werden vom Markt, vom Verbraucher und von der Politik eingefordert. Im Straßengüterverkehr beispielsweise geht der Trend in der Entwicklung hin zu Elektro-Fahrzeugen im Nahverkehr und zu Lkw mit Wasserstoffantrieb im Fernverkehr. Allgemein geht die Tendenz weg von der Wegwerfgesellschaft hin zur Wiederverwertbarkeit von Produkten und Komponenten. Unternehmensvertreter überlegen sich, wie sie Strategien aus der Kreislaufwirtschaft umsetzen können. Manager nehmen Themen wie Kohlendioxid-Ausstoß, Wasser- und Energieverbrauch und ihre soziale Verantwortung in der globalen Beschaffung sehr ernst und setzen beispielsweise in Deutschland proaktiv auf Strategien und Software, um für die Einführung eines Lieferkettengesetzes gerüstet zu sein.

Auf einen Blick: Die zehn wichtigsten SCM-Trends im Jahr 2021

  1. Fokus richtet sich stärker auf Einkauf und Beschaffung
  2. Versorgungsnetze ersetzen Versorgungsketten
  3. ERP-Silos werden eingerissen
  4. Supply Chain-Organisationen werden runderneuert
  5. Supply Chain Control Tower werden besser
  6. Abstimmung von Angebot und Nachfrage wird optimiert
  7. Alles spricht für Omnichannel
  8. Direct-to-Consumer ist die Königsklasse
  9. Kühlketten laufen heiß
  10. Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung