Studie zum Schiffsverkehr: Sauberer werdende Luft führt zu verstärkter Erwärmung
Der deutliche Rückgang der Schwefeldioxid-Emissionen aus dem Schiffsverkehr könnte mit einer erheblichen Erwärmung der Atmosphäre über bestimmten Ozeanregionen zusammenhängen, wie die Nachrichtenagentur dpa schreibt. Etwa 80 Prozent des ab 2020 beobachteten Anstiegs der auf der Erde gespeicherten Wärmeenergie könnten darauf zurückgehen, berichtet ein Forschungsteam im Fachjournal „Communications Earth & Environment“ über Ergebnisse einer Modellierungsstudie.
Skepsis gegenüber Studie
Nicht an der Studie beteiligte Experten sind allerdings skeptisch. „Da ist Vorsicht geboten“, sagte Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Wenn man einen Effekt für einen so kurzen Zeitraum betrachte, sei das generell fehleranfälliger als bei längeren Zeiträumen. Der Anteil an der seit 2020 gespeicherten Wärmeenergie könne auch weit unter 80 Prozent liegen.
„In der Tat rätselt die Wissenschaft, wieso die letzten zwölf Monate im globalen Mittel so außerordentlich warm waren, weit außerhalb des üblichen“, sagte Niklas Höhne von der Universität Wageningen und dem Newclimate Institute in Berlin der dpa. Hauptverantwortlich sei klar der immer noch steigende Ausstoß von Treibhausgasen. „Aber ein zusätzlicher Effekt war bisher unerklärt.“
Neben Vulkanaktivitäten sei bereits die Reduktion von Schwefel in den Schiffsabgasen als eine Ursache vermutet worden. Dass die aktuelle Studie nun einen recht großen Zusammenhang zwischen Schwefelreduktion und Erwärmung zeige, sei vom Prinzip her nicht überraschend. Sulfataerosole wirkten stark - aber nur kurzfristig.
Welche Rolle spielt IMO2020?
Im Jahr 2020 war eine neue Verordnung der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO2020) eingeführt worden, mit der der maximal zulässige Schwefelgehalt in Schiffskraftstoffen von 3,5 auf 0,5 Prozent gesenkt wurde, um die Luftverschmutzung zu verringern. In der Folge sei ein abrupter etwa 80-prozentiger Rückgang der Schwefeldioxid-Emissionen aus dem Schiffsverkehr beobachtet worden, heißt es in der Studie. Dadurch gingen der Gehalt an atmosphärischen Sulfataerosolen und in der Folge die Wolkentröpfchendichte erheblich zurück. Das wiederum habe zu einer Verdunklung der Meereswolken geführt, die weniger Sonnenstrahlung ins All zurück reflektierten.
Das Team um Tianle Yuan von der University of Maryland in Baltimore schätzte darauf basierend den Energiehaushalt der Erde, also die Differenz zwischen der von der Sonne empfangenen und der von der Erde abgestrahlten Energie ab 2020. Demnach stellt IMO2020 einen „starken temporären Schock“ für die Netto-Wärmeaufnahme des Planeten dar. Der Modellierung zufolge könnte für das Jahrzehnt eine Erwärmungsrate von 0,24 Grad zu erwarten sein - mehr als doppelt so viel wie durchschnittlich seit 1880.
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