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Studie: Wie beeinflusst die Coronakrise den Onlinehandel?

Zu langsame Lieferung – das war das Ergebnis von Kurt Salmon Ende 2019.

Vor der Coronakrise war das Ergebnis von Kurt Salmon eine unzureichende Einhaltung vonLieferversprechen. (Symbolbild: Montri/ Fotolia)
Vor der Coronakrise war das Ergebnis von Kurt Salmon eine unzureichende Einhaltung vonLieferversprechen. (Symbolbild: Montri/ Fotolia)
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Ende 2019 bescheinigte die "Omnichannel Fulfillment"-Studie der Strategieberatung Kurt Salmon Onlinehändlern in Deutschland eine unzureichende Einhaltung ihrer Lieferversprechen. Das Fazit damals: zu langsame Lieferung, zu mutige Versprechungen. Was bedeutet das jetzt aber in Bezug auf die Coronakrise für Onlinehändler in Deutschland? Wie ändern sich Serviceversprechen? Was ist jetzt zu tun? In einer erneuten Analyse haben die Autoren Dr. Sven Kromer, Managing Director, Dr. Peter Rinnebach, Managing Director, und Alexander Grunwald, Manager, alle drei bei Kurt Salmon, part of Accenture Strategy, untersucht.

Onlinehandel als einziger Absatzkanal

Im Frühjahr 2020 stellt die Coronakrise die deutsche E-Commerce Landschaft zusätzlich auf eine harte Probe: Für zahlreiche Unternehmen hat die staatliche Verordnung von Filialschließungen den Onlinehandel vorübergehend zum einzigen Absatzkanal gemacht. Gleichzeitig haben Distributionszentren und Versanddienstleister wie DHL und Hermes erhebliche Schwierigkeiten die stark gestiegenen Paketmengen bei gleichzeitig verschärften Sicherheitsvorkehrungen annähernd fristgerecht zu bewältigen, während Click & Collect kaum mehr möglich ist, so die Angaben der Autoren.

„Unsere Untersuchung von über 70 deutschen Webshops aus den Bereichen Department Store, Fashion, Sport und Luxury im April 2020 zeigt, dass versprochene Lieferzeiten massiv nach oben korrigiert wurden. Gleichzeitig versucht die Mehrheit der Händler die vorhandene Unsicherheit auf Kundenseite mit kostenlosem Versand und massiven Lockerungen der Retouren-Zeiträume zu lindern. Durch eine offene, persönliche Kommunikation gelingt es einer kleinen Zahl von Händlern sogar krisengerechte Sortimente hervorzuheben“, fassen sie das Ergebnis zusammen.

Erhebliche Verzögerungen der Lieferzeiten

39 Prozent der über 70 untersuchten Einzelhändler geben in ihren Shops eine ausdrückliche Änderung der Lieferzeit entweder in den FAQs oder durch prominente Einblendungen auf der Startseite an. Weitere elf Prozent kommunizieren zwar eine potenzielle Verzögerung der Lieferung, jedoch ohne eine konkrete Angabe des Zeitraums. Zehn Prozent der Händler sehen keine Einschränkungen bei der Lieferung und weisen explizit auf einen unveränderten Lieferzeitraum hin.

Durch das Coronavirus ist laut Untersuchung eine deutliche Verlängerung der zugesagten Lieferzeit feststellbar. Im Vergleich zu Ende 2019 verlängert sich bedingt durch die Corona-Situation die durchschnittliche versprochene Lieferzeit im Frühjahr 2020 um circa zwei Tage im Vergleich zu Ende 2019 (plus 66 Prozent). Darüber hinaus bieten in der aktuellen Situation vier Prozent der Einzelhändler keine Expresslieferung mehr an, wohingegen drei Prozent diese derzeit neu anbieten. Einige Händler entwickeln zum Teil bemerkenswerte Sonderlösungen, so die Einschätzung der Autoren.

Änderungen der Versandkosten

Von den nun 29 Unternehmen lieferten fast 60 Prozent bereits vor der Coronakrise versandkostenfrei, 24 Prozent schafften den Mindestbestellwert ab, um generell kostenlos zu liefern, und die restlichen 17 Prozent setzen Versandkosten vollständig aus. Damit haben 22 Prozent der Einzelhändler mit Versandkosten im Jahr 2019 auf eine versandkostenfreie Standardlieferung umgeschwenkt.

Uneinheitlicher Mindestbestellwert

Die Handhabung des Mindestbestellwert (MBW) für Gratislieferung ist uneinheitlich: Neue Grenzen wurden eingeführt, dafür verzichten andere Händler neuerdings gänzlich. Aufgrund der Coronakrise haben elf Prozent der Einzelhändler zusätzlich einen MBW für kostenlose Lieferungen eingeführt. Dieser liegt im Durchschnitt bei 45 Euro pro Bestellung und bewegt sich in einer Spanne von 20 bis 75 Euro. Allerdings haben ebenso viele Retailer den MBW abgeschafft wie eingeführt.

Großzügigere Rückgaberegelungen

Die Mehrheit der Händler (78 Prozent) verfolgt zurzeit eine veränderte Rückgabepolitik aufgrund der Auswirkungen von COVID-19. Dabei sind grundsätzlich vier Strategien zu beobachten: Erstens, 16 Prozent verlängern die Rückgabe auf 14 bis 30 Tage ab Wiedereröffnung der stationären Geschäfte. Als eine mehrheitliche Lösung haben 70 Prozent der Händler ihre Rückgabefrist von 14 bis 60 Tagen im Jahr 2019, auf 30 bis 120 Tage in der aktuellen Situation verlängert. Dadurch erhöht sich die durchschnittliche Rückgabefrist um plus 164 Prozent (von 25 auf 66 Tage). Die dritte Option (neun Prozent der Händler) ermöglicht eine Rückgabefrist bis zu einem fixen Datum wie Ende Mai oder Juni. Fünf Prozent der Anbieter wählen eine alternative Richtline zum Beispiel die Rückgabe bis zur Beendigung der Selbstquarantäne.

Updates zur aktuellen Lage

81 Prozent der Einzelhändler blenden online einen Hinweis über die aktuelle Situation ein. Die Händler verfolgen dabei unterschiedliche Ansätze. Die Mehrheit nutzt eine eigens angelegte Hilfe-Seite zur Klärung spezifischer Fragen oder informiert über prominente Störer auf der Startseite. Weitere coronaspezifische Marketingaktivitäten umfassen beispielsweise regelmäßige Nachrichten-Updates zur Lage und Hinweise.

Was jetzt zu tun ist

Neben kurzfristigen Maßnahmen sollten Onlinehändler ihre Omnichannel-Fähigkeiten stärken und Fulfillment-Risiken diversifizieren, so die Angaben der Autoren.

Soforthilfe

  • Klare Kommunikation von Einschränkungen in der Servicequalität. Durch proaktive Information kann Enttäuschungen vorgebeugt werden und die eigene Marke als verlässlicher Partner positioniert werden. 
  • Filialen nutzen: Filialbestände durch pragmatische, kontaktlose Click & Collect Angebote systematisch abbauen und gleichzeitig Engpässe in der Zustelllogistik umgehen. Händler mit eingeschränkten Distributionszentren sollten Möglichkeiten des Click & Collect mit Filialzustellung oder Ship-from-Store-Optionen prüfen, um mehr Bestellvolumen bedienen zu können. Einschränkung bei Transportdienstleistern sind dabei zu beachten.

Nach der Krise

Spätestens mit der Coronakrise ist offensichtlich geworden, dass Händler mit unzureichenden Omnichannel-Fähigkeiten hohen Risiken ausgesetzt sind. Daher sollten Onlinehändler ihre Aufstellung grundlegend überprüfen und für die Zukunft wetterfest machen.

  • Omnichannel-Fullfilment auf- beziehungsweise ausbauen: Systemische Integration von Beständen zwischen Lägern und Filialen, dynamische Order-Orchestrierung, Aufbau von Fulfillment- und Abholmöglichkeiten in Filialen. Dies erlaubt auch außerhalb von Krisenzeiten optimierte Verwendung von Ressourcen und Beständen.
  • Multi-Carrier-Anbindung: Während Engpässen können Händler mit einem diversifizierten Portfolio von Paketdienstleistern freie Kapazitäten am Markt optimal nutzen. Dazu reicht es aus, kleinere Mengen zu suboptimalen Kosten auf mehrere Anbieter aufzuteilen, um durch dann existierende technische Anbindung für Krisen gewappnet zu sein.
  • Mehrere Fulfillment Hubs: Auch im Fulfillment erlaubt eine größere Zahl an Distributionszentren beziehungsweise Dienstleistern eine bessere Lastverteilung in einer Krise. Die Kombination aus eigenen Standorten und externen Dienstleistern bietet eine hohe Risikodiversifizierung.
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