Studie: Verlagerung von Gütern auf die Schiene hat Grenzen
Wie viel Güterverkehr kann die Schiene wirklich? Diese Frage stand im Mittelpunkt der Studie „Faktencheck Güterverkehr in Deutschland – Von der fehlenden Infrastruktur zum Verlagerungspotenzial“. Diese hatte die gemeinnützigen Verkehrsinitiative Pro Mobilität e.V. beim Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) in Auftrag gegeben. Erarbeitet wurde diese unter Federführung von IW-Senior-Economist Thomas Puls. Nun wurde sie in einer Onlinepressekonferenz vorgestellt. Ziel des Faktenchecks war es, das Verlagerungspotenzial der Schiene im Güterverkehr zu untersuchen.
Zentrale Feststellungen
- Der Gütertransport ist unverzichtbares und unvermeidbares Fundament des Wohlstands in Deutschland und Europa. Konsumenten nutzen immer stärker den Onlinehandel, was steigenden Güterverkehr nach sich zieht
- Der bauliche Zustand und die Kapazität der Verkehrsinfrastruktur – Straße und Schiene – sind bereits den heutigen Anforderungen nicht gewachsen und den zukünftigen noch viel weniger: Hier muss nicht nur massiv investiert werden, es gilt ebenso, die Planungsdauer signifikant zu verkürzen und die Organisation der Baudurchführung zu optimieren
- Unterschiedliche Verkehrsträger bedienen unterschiedliche Märkte: Eisenbahn und Binnenschiff dominieren den Massenguttransport über lange Strecken. Der Lkw ist im Baubereich, bei Lebensmitteln und beim Verteilerverkehr in der Fläche führend
- Fazit: Das Verlagerungspotenzial ist stark begrenzt. Traditionelle Transportgüter der Schiene wie Kohle und Mineralölerzeugnisse werden an Bedeutung verlieren. Aufgrund der Struktur der beförderten Güter ist eine Verlagerung vom Lkw auf die Schiene mengenmäßig schlicht limitiert. Gerade der boomende Onlinehandel bedarf aufgrund der Kleinteiligkeit der Sendungen der Feinverteilung mit dem Lkw
- Wo geht noch was? Der Kombinierte Verkehr Straße/Schiene ist seit Jahren das wichtigste Wachstumssegment im Schienengüterverkehr, und hier liegt auch das größte Verlagerungspotenzial für die Zukunft, das es zu heben gilt
„Ein solcher Faktencheck war lange überfällig. Jahrzehntelang betreibt die deutsche Politik Verkehrsverlagerung – mit stark überschaubarem Erfolg. Das hat Gründe, wie die Studie jetzt zeigt. Zum einen sind enorme finanzielle, juristische und organisatorische Anstrengungen erforderlich, um die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland zukunftsfit zu machen – dies gilt sowohl für die Straße als auch für die Schiene! Zum anderen dürfen die beiden Verkehrsträger nicht gegeneinander ausgespielt werden, sondern müssen miteinander verzahnt werden! Das gelingt am besten im Kombinierten Verkehr Straße-Schiene. Unabhängig davon ist zu konstatieren, dass alle Prognosen den Lkw auch im Jahre 2050 als den mengenmäßig wichtigsten Verkehrsträger erachten. Das zeigt mit Blick auf den Klimaschutz: Der Schlüssel zum klimaneutralen Güterverkehr liegt in der Dekarbonisierung der Energieversorgung des Lkw-Verkehrs“, so Dirk Engelhardt, Vize-Präsident Pro-Mobilität, anlässlich der Studie.
„Eine qualitativ hochwertige und umfassende Abdeckung mit Güterverkehrsleistungen wird nur möglich sein, wenn die Stärken der einzelnen Verkehrsträger in einem Gesamtsystem kombiniert werden. Ein Gegeneinander von Straße, Schiene und Wasserstraße ist der sichere Weg zum Scheitern, denn keiner der Verkehrsträger ist auf absehbare Zeit in der Lage die Transportaufgaben eines anderen zu übernehmen. Alle Verkehrsträger stehen derzeit vor großen Problemen. Lkw und Bahn haben einen spürbaren Mangel an Fahrpersonal. Hinzu kommt eine überlastete Infrastruktur. Insbesondere auf den Hauptkorridoren des Güterverkehrs in Deutschland sind die Kapazitäten voll ausgelastet, und überfällige Sanierungen sorgen für deutliche Störungen im Warenfluss. Deutschland ist das logistische Herz des europäischen Wirtschaftsraums. Die aus dem Langstreckentransport resultierenden Probleme werden sich nicht ohne enge Koordination mit den Nachbarn lösen lassen. Der Güterverkehr in Deutschland wird weiterwachsen. So sieht der Koalitionsvertrag beispielsweise eine starke Ausweitung der Bautätigkeit in Deutschland vor. Wohnungsbau, Infrastruktursanierung, aber auch der Ausbau der Windenergie erfordern den Transport großer Materialmengen – und der wird primär über den Lkw abgewickelt werden“, erläutert Thomas Puls vom IW Köln.
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