Werbung
Werbung

Studie: Unsicherheiten bremsen Industrie 4.0 in Deutschland

Laut dem „Industrie 4.0 Barometer 2023“ sind bei Unternehmen aus dem DACH-Raum lediglich rund 44 Prozent der gesamten Produktionsprozesse auf dem Shopfloor automatisiert.

Auch wenn der Begriff "Industrie 4.0" bereits mehr als 15 Jahre alt ist, lässt die Umsetzung an vielen Stellen auf sich warten. (Symbolbild: Kamasigns / Fotolia)
Auch wenn der Begriff "Industrie 4.0" bereits mehr als 15 Jahre alt ist, lässt die Umsetzung an vielen Stellen auf sich warten. (Symbolbild: Kamasigns / Fotolia)
Werbung
Werbung

Der Grad der Automatisierung und Digitalisierung in der Produktion ist ein Indikator für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und Produktionsstandorten. Die Studie der Management- und IT-Beratung MHP und der LMU München „Industrie 4.0 Barometer 2023“ befragte im Vorfeld der HANNOVER MESSE 2023 899 Industrieunternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, China, UK und den USA. Dabei gelangte sie zu der Erkenntnis, dass lediglich 50 Prozent der weltweiten Produktionsprozesse automatisiert sind. Mehr als die Hälfte der Unternehmen setze sich nicht mit den Potenzialen und Möglichkeiten der Industrie 4.0 auseinander oder sehe sie als nicht zielführend an, heißt es in einer Pressemitteilung vom März.

Autonomer Transport und KI als Hoffnungsträger

Für zwei Drittel der befragten Unternehmen ist demnach die Unsicherheit beim Return on Investment (ROI) das ausschlaggebende Argument für ein mangelndes Engagement bei der Digitalisierung und Automatisierung. Durch den extremen Fokus auf Wirtschaftlichkeit in allen Belangen werden die Unternehmen gelähmt. Nur die wenigsten von ihnen sind der Erhebung zufolge bereit, die notwendigen Ressourcen aufzubringen, um langfristig und zukunftsorientiert zu investieren.

Dr. Walter Heibey, Partner bei MHP: „Unternehmen haben zwar aus den vergangenen Krisen gelernt – insbesondere in Bezug auf Lieferengpässe – und können mittlerweile durch erfolgreiche Implementierung von Industrie 4.0-Technologien ihre Produkte über die gesamte Supply Chain deutlich besser orten. Es fehlen jedoch nach wie vor ganzheitliche Vernetzungen des Shopfloors. Ein Grund dafür ist, dass durch den Fokus auf Wirtschaftlichkeit Investitionen in ganzheitliche Automatisierungslösungen vernachlässigt und mehrheitlich nur Insellösungen umgesetzt werden.“

Das gilt der Studie zufolge insbesondere bei der Digitalisierung des Shopfloors. Eine der größten Hürden bei der Realisierung einer ganzheitlichen Vernetzung des Shopfloors ist demnach die unklare Rentabilität der infrage kommenden Industrie 4.0-Technologien. Die größte Wirkungsfähigkeit wird hier vor allem zwei Technologien zugesprochen: dem autonomen Transport (43 Prozent) und der Künstlichen Intelligenz (39 Prozent).

USA und UK führen bei Kreislaufwirtschaft

Wirtschaftlichkeit hat Vorrang vor Qualitäts-, Flexibilitäts- und Effizienzsteigerungen: Beim Thema Nachhaltigkeit steht der Effizienzgedanke im Vordergrund. Knapp die Hälfte der befragten Unternehmen gibt an, Projekte oder Prozesse weiterlaufen zu lassen, auch wenn diese nicht im Einklang mit den unternehmerischen Nachhaltigkeitszielen stehen. Bezüglich der Prinzipien der Kreislaufwirtschaft (Circular Economy) Reduce, Reuse, Recycling, Redesign und Refurbish steht bei 67 Prozent das Reduce-Prinzip im Vordergrund – also der Senkung von Energie- und Materialverbrauch sowie von Abfallmengen.

Im internationalen Ländervergleich stehen das Vereinigte Königreich und die USA an vorderster Position beim Streben nach Nachhaltigkeit. Mit großem Abstand folgt der DACH-Raum. Hier besteht noch wesentlicher Nachholbedarf bei Themen wie der Kreislaufwirtschaft. Weiter abgeschlagen sind die chinesischen Unternehmen: Hier spielen viele nachhaltige Strategien eine untergeordnete Rolle. Dennoch kann man auch dort beobachten, dass Unternehmen anfangen, sich für nachhaltige Lösungen zu interessieren. Dies zeigt sich in der bewussten Vermeidung von Externalitäten wie Lärm und Luftverschmutzung, letztlich ausgelöst auch durch gesetzliche Vorgaben.

„Eines der größten Probleme in Bezug zur Nachhaltigkeit sind die hohen Aufwände, die zur Verbesserung betrieben werden müssen. Die Folge: Themen werden nur oberflächlich behandelt“, erklärt Dr. Walter Heibey, Partner bei MHP.

Das Industrie 4.0 Barometer 2023 hält für alle untersuchten Regionen fest: 46 Prozent aller Unternehmen haben Umwelt- und Klimaschutz als zentrales strategisches Ziel definiert und konkrete Zielvorgaben abgeleitet. Bei mehr als der Hälfte aller Unternehmen gibt es eine Organisationseinheit oder ein Gremium, das sich mit Nachhaltigkeit befasst und dem mindestens ein Mitglied des Top Managements angehört. 40 Prozent der Befragten empfinden die selbst gesteckten Nachhaltigkeitsziele als wirksam. Nur 18 Prozent sagen, dass die Ziele nicht wirksam sind.

Digitalisierungslücke: DACH-Region muss aufholen

Dass Deutschland, Österreich und die Schweiz bei der Digitalisierung der Produktion schlecht abschneiden, ist bekannt. Auch im diesjährigen Industrie 4.0 Barometer liegen sie klar hinter China, Großbritannien und den USA – und die Lücke wächst. Dynamische Unternehmen, vor allem aus dem asiatischen Raum, investieren gewaltige Summen und haben so bereits viele der westlichen Wettbewerber hinter sich gelassen. Und beim Thema Shopfloor-Automatisierung wird deutlich, wie groß diese Lücke aktuell ist: So sind bei Unternehmen aus dem DACH-Raum, UK und USA lediglich rund 44 Prozent der gesamten Produktionsprozesse automatisiert. In China sind es 69 Prozent.

Wenn es um den Einsatz von autonomen Maschinen und Robotern, beispielsweise fahrerlose Transportsysteme geht, hat nur ein Drittel der Unternehmen weltweit diese Technologien überhaupt im Einsatz. Immerhin planen 36 Prozent der Befragten den Einsatz und 28 Prozent testen die Technologie bereits. Ein Viertel der befragten Unternehmen (international) geht sogar davon aus, dass sie besser hinsichtlich teil- und vollautomatisierter Produktionsprozesse dastehen als ihre Konkurrenten. Wenn jedoch erst die Hälfte der Produktionsprozesse automatisiert ist, herrscht hier bei den Verantwortlichen nicht nur ein trügerisches Selbstbild, sondern auch entsprechender Nachholbedarf.

Prof. Dr. Johann Kranz von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München: „Wer den Fokus nur auf bestimmte Technologien aufgrund des ROIs legt, wird den Digitalisierungssprung auf das nächste Level nicht schaffen. Eine ganzheitliche Implementierung von Industrie 4.0-Technologien ist der Schlüssel, um das volle Potenzial – Effizienz und Flexibilität – auszuschöpfen. Nur dann lässt sich auch ein nachhaltiger Wettbewerbsvorteil sichern.“

MHP wird auf der HANNOVER MESSE in Halle 15, Stand D74 vor Ort sein, um neue, digitale Lösungen im Kontext von Industrie 4.0 vorzustellen.

Werbung
Werbung