Seefracht: Streiks in Europa belasten Transatlantik-Relationen
Überlastete Häfen auf beiden Seiten des Atlantiks führen zu wachsenden Unregelmäßigkeiten bei der Verschiffung auf transatlantischen Routen. Laut Daten des Plattform-Anbieters Project44 kamen im Mai nur 20 Prozent der Sendungen auf den westgehenden transatlantischen Routen innerhalb von 24 Stunden nach der geplanten Ankunftszeit an. Project44 analysierte hierzu die über seine gleichnamige Plattform erfassten Daten. Im Vergleichszeitraum 2021 und 2020 lagen die Werte einer Pressemitteilung vom 23. Juni zufolge bei 38 beziehungsweise 75 Prozent. Um Fahrpläne zu korrigieren, die durch stark verspätete Frachtschiffe in Mitleidenschaft gezogen wurden, würden Reedereien bis Ende Juli 2022 weit über 100 Verbindungen auf den Routen Nordeuropa-Nordamerika und Mittelmeer-Nordamerika streichen, prognostiziert das US-Unternehmen.
„Die Zuverlässigkeit der Fahrpläne auf den transatlantischen Strecken ist auf einem Rekordtief – wir erwarten in diesem Jahr keine wesentlichen Verbesserungen“, Josh Brazil, VP Supply Chain Insights von Project44.
Ursache für die ausgerpägte Instabilität sind dem Anbieter zufolge Kapazitätsengpässe im Binnenland auf beiden Seiten des Atlantiks. Die Eisenbahn- und Speditionsbranche leide unter Anlagen- und Personalmangel, wobei Tarifkonflikte sowie überfüllte Lagerhäuser die Kapazitätsproblematik zusätzlich verschärften, heißt es in der Mitteilung. Die europäischen Terminals seien seit Monaten überlastet. Viele Verlader haben Project44 zufolge die Abholung von Importcontainern aufgrund ihrer eigenen hohen Lagerbestände aufgeschoben. In Nordamerika ist die Situation demnach nicht viel besser, da Häfen an der US-Ostküste ebenfalls stark überlastet sind – nicht zuletzt infolge der Umleitung von Schiffen von den überfüllten Häfen der US-Westküste.
Im Hinblick auf eine Verbesserung der Zuverlässigkeit transatlantischer Routen noch vor Ende dieses Jahres Routen zeigen sich die wichtigen Reedereien wie Maersk und Hapag-Lloyd pessimistisch. Nach PIERS-Daten ist das US-Importvolumen aus Europa derzeit sehr hoch – allein an der Ostküste ist es gegenüber dem Vorjahr um 42 Prozent gestiegen. Da ein Ende der Störungen der Seelieferkette nicht absehbar ist, könnte sich die Zuverlässigkeit der Fahrpläne eher verschlechtern als verbessern, so Project44.
Hafen- und Bahnmitarbeiter streiken
Angesichts der hohen Treibstoffpreise und der steigenden Inflation, die sich auf die Löhne auswirken, sind die Streiks im Transportsektor dem US-Anbieter zufolge in dieser Saison besonders symptomatisch. Zum ersten Mal seit über 30 Jahren streikten zuletzt die Hafenarbeiter in mehreren deutschen Seehäfen. Der Hafen von Antwerpen-Brügge wurde am 20. Juni einen Tag lang bestreikt. Am 21. Juni traten die gewerkschaftlich organisierten Eisenbahner in Großbritannien in den größten Streik seit 1989. Dies alles geschehe zu einer Zeit, in der die Häfen auf beiden Seiten des Atlantiks unter einer für diese Jahreszeit ungewöhnlichen hohen Überlastung litten, heißt es in der Mitteilung.
Die Hafenarbeitnehmer des kürzlich fusionierten Hafens Antwerpen-Brügge streikten am 20. Juni für eine bessere Bezahlung, einen besseren sozialen Diskurs und mehr Investitionen in den öffentlichen Sektor. Antwerpen-Brügge ist gemessen am Volumen der zweitgrößte und hinsichtlich des Exportvolumens der größte Hafen in Europa. Ein ähnlicher eintägiger Streik im Mai legte den Hafenbetrieb dort vorübergehend lahm. Die Wartezeiten in Antwerpen haben sich nach Angaben des Binnenschiffsbetreibers Contargo von 33 Stunden Ende Mai auf 46 Stunden am 9. Juni erhöht.
Die gewerkschaftlich organisierten Hafenarbeiter in Antwerpen-Brügge folgten dem Beispiel ihrer deutschen Kollegen und streikten angesichts der sinkenden Kaufkraft und der rekordhohen Inflationsraten für höhere Löhne. Dennoch scheint der eintägige Streik im Hafen Antwerpen-Brügge den Daten von Project44 zufolge keine größeren Auswirkungen auf das Schiffsaufkommen und die Verweilzeiten gehabt zu haben. Die Verspätungen bei der Verschiffung von Nordeuropa in die USA haben sich zwar um 38 Prozent von den Spitzenwerten im Januar (fünf Tage) auf 3,1 Tage im Mai verringert, sind aber für diese Saison weiterhin ungewöhnlich hoch.
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