SCRM: Nicht alle KMU sind für künftige Krisen aufgestellt

Laut einer Umfrage von Visable setzen KMU in Deutschland häufig auf betriebliche Notallpläne, oft fehlen diese aber auch.

Deutsche KMU gehen im Risikomanagement methodischer vor als ihre europäischen Nachbar-KMU, so eine Umfrage von Visable. (Symboldbild: Ilkercelik / Fotolia)
Deutsche KMU gehen im Risikomanagement methodischer vor als ihre europäischen Nachbar-KMU, so eine Umfrage von Visable. (Symboldbild: Ilkercelik / Fotolia)
Therese Meitinger

Die aktuellen Krisen stellen die Belastbarkeit der kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland auf eine harte Probe. Nicht alle Unternehmen sind gleich gut darauf vorbereitet – so das am 16. Juni veröffentlichten Ergebnis einer Umfrage, die YouGov im Auftrag des Hamburger B2B-Plattformbetreiber Visable im April durchgeführt hat. In Deutschland nahmen dem Anbieter zufolge 508 Personen mit Entscheidungsbefugnis in kleinen und mittleren Unternehmen teil, in Frankreich 530 Personen, in der Schweiz und in Österreich wurden jeweils 217 Menschen befragt.

Deutsche KMU nutzen der Umfrage zufolge generell eine breite Palette an Maßnahmen zur Erhöhung ihrer Krisenfestigkeit. Der am weitesten verbreitete Ansatz: 20 Prozent der Unternehmen haben einen betrieblichen Notfallplan für Krisenfälle in der Schublade. Gleichzeitig steht aber jedes fünfte Unternehmen (21 Prozent) blank da und hat bisher gar keine Maßnahmen zur Vorbeugung gegen Umsatzausfälle durch Krisen implementiert.         

Peter F. Schmid, CEO von Visable, ordnet das Ergebnis ein:

„Ich bin überrascht, dass so viele Unternehmen sich gar nicht auf Krisen vorbereitet haben. Der aktuelle Krisenzustand zeigt aber einmal mehr, wie wichtig es als Teil der strategischen Unternehmensführung ist, mögliche künftige Entwicklungen zu antizipieren und entsprechende Vorsorge zu treffen.“

Insgesamt scheinen deutsche Unternehmen im internationalen Vergleich der Umfrage zufolge aber noch recht systematisch an die Absicherung gegen Krisen heranzugehen. In den weiteren Kernmärkten von Visable in Österreich und der Schweiz liegt der Anteil von Unternehmen mit einem betrieblichen Notfallplan mit 18 und 16 Prozent schon etwas niedriger. Besonders signifikant ist der Kontrast zu Frankreich: Dort sorgen mit elf Prozent nur etwa halb so viele Unternehmen wie in Deutschland mit einem Notfallplan vor.

Kurzarbeit als Erfolgsmodell, Versicherungen noch wenig gefragt

Hinter betrieblichen Notfallplänen folgen bei deutschen KMU auf Platz 2 und 3 der Maßnahmen-Rangliste mit der Bevorratung von Materialien (18 Prozent) und vermehrten Rückstellungen (16 Prozent) eher konservative Methoden zur Erhöhung der Krisenfestigkeit im Unternehmen. Proaktiv ausgerichtet sind dafür die Plätze 4 und 5: Investitionen in IT-Kompetenz (16 Prozent) und Diversifizierung des Einkaufs (15 Prozent).

Im internationalen Vergleich gibt es eine weitere Besonderheit: Kurzarbeit und Kostensenkungen durch Personalabbau oder Lohnkürzungen landen mit jeweils 14 Prozent in Deutschland nicht einmal in den Top 5 des Maßnahmenkatalogs. Im Durchschnitt aller an der Umfrage beteiligten Länder belegen sie aber Platz 1 und 2, teilweise mit deutlich höheren Werten: 23 Prozent der Schweizer KMU setzen auf Kostensenkungen beim Personal, ein gleich hoher Anteil der österreichischen Unternehmen auf Kurzarbeit.

Schmid analysiert:

„Die Kurzarbeitsregelung stand den Unternehmen in Deutschland zu Beginn der Pandemie sofort zur Verfügung und konnte ohne große Hürden breitflächig angewandt werden. Das hat viele KMU vor dem Schlimmsten bewahrt und zu einer schnellen Erholung der wirtschaftlichen Situation beigetragen.“   

Bei der Betrachtung klassischer – für viele wohl sogar „typisch deutscher“ – Vorsorgemaßnahmen fällt auf: Versicherungen genießen kein großes Vertrauen bei deutschen KMU, denn nur neun Prozent nutzen sie zur Vorbeugung gegen Umsatzausfälle im Krisenfall.

Während der Versicherungsmakler bei KMU eventuell auch in Zukunft nicht so gerne gesehen ist, könnte ein neuer Job im Unternehmen perspektivisch interessant werden: Einen unternehmenseigenen Krisenbeauftragten als Antwort auf das heraufziehende „Zeitalter der Krisen“ leisten sich derzeit zwar erst wenige deutsche KMU (sieben Prozent). Doch jüngere Entscheider (18-44 Jahre) agieren hier schon mit einem anderen Mindset als ihre älteren Kollegen: Fast dreimal so viele (elf Prozent gegenüber vier Prozent) sehen diese Position als wichtigen Beitrag zur Resilienz des eigenen Unternehmens.