SCRM: Das sind die größten Lieferkettenrisiken 2023

Laut dem SCRM-Spezialisten Everstream Analytics ergeben sich Risiken unter anderem aus den Insolvenzen kleinerer Unternehmen, Cyberattacken und teurer werdenden Rohstoffen.

Welche Strategien braucht es, um Lieferkettenrisiken effektiv zu begegnen? (Symbolbild: Ilkercelik / Fotolia)
Welche Strategien braucht es, um Lieferkettenrisiken effektiv zu begegnen? (Symbolbild: Ilkercelik / Fotolia)
Therese Meitinger

Everstream Analytics, ein Münchener IT-Anbieter für Lieferketten-Risikoanalysen, hat am 18. Januar seinen „Risk Report 2023“ für globale Lieferketten veröffentlicht. Die Analytiker von Everstream Analytics haben einer Pressemitteilung zufolge anhand ihrer Daten und Expertise Prognosen darüber aufgestellt, welche Risiken zu erwarten sind, mit welcher Wahrscheinlichkeit sie auftreten und wie Unternehmen sich darauf vorbereiten können.

Auf diese Lieferkettenrisiken sollten sich Unternehmen 2023 laut Everstream Analytics einstellen

1.            Insolvenzen kleinerer Unternehmen führen zu Störungen in der Lieferkette. Immer mehr kleine Unternehmen gehen überall auf der Welt insolvent. Diese weggebrochenen Subzulieferer und Störungen in der Lieferkette können oft nicht schnell genug ausgeglichen werden.

Risikobewertung: 60 Prozent

Empfehlung: Unternehmen sollten nicht nur ihre direkten Zulieferer auf dem Radar haben, sondern auch deren Zulieferer und die darunter. Können Engpässe frühzeitig erkannt werden, können Unternehmen Alternativen schaffen, bevor sie sie brauchen.

2.            Zulieferer werden weiterhin Opfer von Cyberangriffen. Die voranschreitende Digitalisierung erleichtert Cyberangriffe, besonders die lukrativen Ransomware-Angriffe, die auf hochwertige Organisationen und Betreiber kritischer Infrastrukturen abzielen. Beliebte Ziele sind Elektronik-, Fertigungs- und Logistikunternehmen. Seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs ist aber vor allem die Zahl der Cyberangriffe auf die Öl-, Gas- und Chemieindustrie gestiegen, die zu Produktionsausfällen führen.

Risikobewertung: 70 Prozent

Empfehlung: Unternehmen sollten eine engere Zusammenarbeit mit Auftragnehmern und Lieferanten aufbauen, um die Sicherheit und Integrität ihres Netzes zu schützen.

3.            ESG-Verstöße werden aufgedeckt. Viele europäische Länder werden Gesetze zur Sorgfaltspflicht in der Lieferkette verabschieden, die Zahl der Medienberichte über ESG-Verstöße steigt aber jetzt schon. Mehr als ein Drittel aller Unternehmen, die mit Zwangsarbeit in Xinjiang in Verbindung gebracht werden, sind Teil der Bekleidungsindustrie. Weitere anfällige Branchen sind die Elektronikindustrie und der Sektor der erneuerbaren Energien. Watchdog-Gruppen untersuchen aber auch Verstöße in der Lieferkette in Bezug auf Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG), darunter Luft- und Wasserverschmutzung, hoher Energieverbrauch, Abfallentsorgung und Arbeitsbedingungen.

Risikobewertung: 75 Prozent

Empfehlung: Die Einhaltung der ESG-Richtlinien in Bezug auf Themen wie Zwangsarbeit oder Energienutzung kann nicht mehr durch den Vergleich einer Liste der bekannten Lieferanten eines Unternehmens mit einer Liste staatlicher Stellen oder gar durch eine direkte Befragung der Lieferanten zu ESG-Themen erreicht werden, da sie wahrscheinlich nicht genug Einblick haben. Unternehmen sollten jetzt aktiv werden, um problematische Beziehungen aufzudecken.

4.            Rohstoffe aus Europa werden teurer. Die stark gestiegenen Gaspreise haben weitreichende Folgen. Erhöhte Produktionskosten und die Regierungsaufrufe zum Energiesparen werden auch weiterhin zu Produktionsausfällen in energieintensiven Sektoren in Europa führen, darunter Chemie- und Metallindustrie, Textil- und Lebensmittelindustrie, aber auch Glas und Papier. Immer mehr Unternehmen verzichten deswegen auf Rohstoffversorgung aus Europa und schauen sich in den USA und Asien um.

Risikobewertung: 80 Prozent

Empfehlung: Es handelt sich hierbei um eine langfristige Störung, nicht um eine kurzfristige Erscheinung. Unternehmen sollten darauf achten, dass ihre Rohstoffversorgung durch Subzulieferer auf mehrere Quellen verteilt ist.

5.            Lieferungen aus China sind weiterhin unsicher. Die Covid-19-Maßnahmen in China werden aktuell ständig verändert und sind weder einheitlich noch vorhersehbar. Das resultiert in Unsicherheiten auf Seiten der Hersteller. Während des Höhepunkts der Coronapandemie und der Chipknappheit in den Jahren 2020-2021 beschlossen viele Chiphersteller, China zu verlassen. Da der Aufbau eines Werks für Halbleiterchips etwa drei Jahre dauert, wird die Abwanderung aus China im Jahr 2024 ihren Höhepunkt erreichen, wenn die neuen Werke in Betrieb genommen werden.

Risikobewertung: 90 Prozent

Empfehlung: Unternehmen, die noch keine Diversifizierungsstrategie für ihre Produktion haben, sollten diese in ihren Plan für 2023 aufnehmen. Bestehende Diversifizierungsstrategien sollten vorangetrieben werden.