SCM-Umfrage: Hohe Dynamik durch Corona-Pandemie kontrollieren

Supply Chain Manager und Einkäufer nennen in einer BME-Umfrage Lieferverzögerungen als größtes Problem.

Der BME befragte Einkäufer und Supply Chain Manager aus seinen Mitgliederunternehmen zu den Aufwirkungen der Corona-Pandemie in ihren Lieferketten. (Foto: Sergey Nivens / Fotolia)
Der BME befragte Einkäufer und Supply Chain Manager aus seinen Mitgliederunternehmen zu den Aufwirkungen der Corona-Pandemie in ihren Lieferketten. (Foto: Sergey Nivens / Fotolia)
Therese Meitinger

In der Kalenderwoche 14 hat der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) seine Fachgruppen-Mitglieder nach den aktuellen Auswirkungen der Corona-Krise befragt. Ein Ergebnis einer interaktiven Sitzung des BME am 1. April ergab nach Verbandsangaben, dass die neuen Anforderungen an den Einkauf und die Lieferketten darin liegen, dass sich diese derzeit täglich ändern. „Diese hohe Dynamik zu organisieren und zu kontrollieren, ist eine große Herausforderung“, betont Olaf Holzgrefe, Leiter International des BME. Was gestern noch unkritisch war, könne sich heute schon komplett geändert haben.

Die Krise erreicht der Umfrage zufolge Stück für Stück immer mehr Unternehmen. Stand Montag 30. März bezeichneten 50 Prozent der befragten Unternehmen aus mittelständischen Betrieben und Konzernen die Auswirkungen der Krise als „nicht spürbar oder leicht“. Während 27 Prozent „spürbare Auswirkungen“ und bereits 23 Prozent „starke bis kritische Auswirkungen“ meldeten. Hierbei unterschieden sich laut BME jedoch die einzelnen Industrien.

Hot Spots in Italien und Spanien

Blickt man auf die aktuellen „Hot Spots“ der Lieferketten, so fällt bei der Befragung Italien ins Auge, das über 35 Prozent der Unternehmen vor Herausforderungen stellt. Ebenfalls im Fokus der Lieferkettenbetrachtung der Einkäufer ist Spanien. Mit Blick auf China ergibt sich ein nicht ganz einheitliches Bild. Während ein Teil der Befragten auch in den vergangenen Monaten keine Herausforderungen in den Lieferketten verzeichnen mussten, stehen andere Unternehmen unter anderem im Bereich von IT-Ware und Produktionsmaterialien immer noch vor Schwierigkeiten. Ein nicht unerheblicher Teil der Unternehmen spürt der Umfrage zufolge allerdings bereits eine Verbesserung der Situation.

Olaf Holzgrefe: „Die Unsicherheit ist groß; und neben den aktuellen Problemen in Europa und China, beschäftigen die Einkäufer im direkten Gespräch zunehmend die Fragen: Was passiert in den USA? Und welche Entwicklung ist möglicherweise in Indien zu erwarten?“

Ein eher überraschendes Ergebnis der Umfrage: Knapp 70 Prozent der Befragten sehen in Lieferverzögerungen aktuell das größte Problem. Der Lieferausfall rangiert mit „noch“ knapp zehn Prozent deutlich dahinter und lässt die weiteren Herausforderungen wie Preiseerhöhungen und Insolvenzen hinter sich. Deutlich wird dem BME zufolge aber auch hier das Thema „Unsicherheit“. „Es lässt sich aktuell schwer voraussagen, ob es bei der Lieferverzögerung bleibt oder ob daraus doch ein Lieferausfall entwickeln kann,“ so Judith Richard, Referentin der Fachgruppe „Lieferantenmanagement“ des BME. Neben den operativen Herausforderungen in der Lieferkette beschäftigt auch den Einkauf der Umfrage zufolge das Thema „Liquidität“.

Dezentrales Arbeiten als Herausforderung

Neu an dieser Krise seien die vollkommen neuen Herausforderungen, argumentiert der BME. So gehe die operative Lösung der Krise einher mit einer für viele Unternehmen neue Arbeitsorganisation durch „dezentrales Arbeiten“ und Homeoffice. Zudem sei auch die Beschaffung von Schutzausrüstungen und Hygieneartikeln für die Belegschaft ein großes Problem. Im Dialog mit den Einkäufern kamen dem BME zufolge weitere aktuelle Entwicklungen zu Tage. So sei darauf hingewiesen worden, dass aktuell die Luftfrachtpreise aus China extrem steigen und die Bevorzugung von Hygieneartikel die Kapazitäten zusätzlich verknappe.

Die Frage nach der Zukunft sehen die Teilnehmer zum aktuellen Zeitpunkt als schwer zu beantworten an. „Wir können aktuell nur reagieren, nicht agieren“, so die Einkäufer. Aber erste Trends zeichnen sich ab. Einzelne Unternehmen bauen laut der Umfrage Lagerbestände auf oder rücken vereinzelt von Just in Time ab. Einigkeit besteht allerdings bei einer Mehrheit der befragten Unternehmen, dass diese Krise das Thema Digitalisierung  wird – unter anderem auch, um mehr Transparenz in der Lieferkette zu erhalten.

Der BME hat bereits bekanntgegeben, in den nächsten Tagen die Umfrage erneut durchzuführen, um die Entwicklung weiter im Auge zu behalten.