Schienengüterverkehr: Digitalisierung als Schlüssel für mehr Marktpotenzial

Fachforum des VDV und BME diskutiert Maßnahmen zur Verkehrsverlagerung auf die Schiene.

Die Verlagerung von Gütern auf die Schiene soll laut Experten vor allem durch digitale Lösungen möglich werden. (Symbolbild: Pbombaert/Adobe Stock)
Die Verlagerung von Gütern auf die Schiene soll laut Experten vor allem durch digitale Lösungen möglich werden. (Symbolbild: Pbombaert/Adobe Stock)
Sandra Lehmann

Das 14. Forum Schienengüterverkehr, das seit dem 19. Januar rein digital über die Bühne geht, findet in diesem Jahr unter dem Motto „Verkehrsverlagerung aktuell – von der Idee zur Umsetzung“, statt. Dabei stellen die beiden Gastgeberverbände, der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), den Nutzen von Schienengüterverkehrsdienstleistungen für die Konsumgüterindustrie und den Handel in den Mittelpunkt der Veranstaltung. Ein weiteres Kernthema ist nach Angaben von VDV und BME außerdem die Nutzung digitaler Technologien für den Frachtverkehr auf der Schiene.

„Die Corona-Krise ist ein herber Rückschlag für die Branche. Unbenommen dessen gelten die Klimaschutzziele der Bundesregierung weiter, die ohne ein Mehr an Gütertransporten auf der Schiene nicht erreicht werden können. Wenn wir die Wachstumsziele von 25 Prozent Marktanteil in einem insgesamt steigenden Markt bis 2030 erreichen wollen, müssen wir das Potenzial der Digitalisierung schnellstmöglich voll heben: Die Branche hat dabei mit dem Umbau bereits begonnen. Doch der Bund ist mehr denn je gefordert, die Digitale Automatische Kupplung und den Rail Freight Data Hub als Schlüsselmaßnahmen zu fördern“, erläuterte Dr. Silvius Grobosch in seiner Eröffnungsrede.

Dr. Martin Henke, Geschäftsführer des VDV, betonte in seiner Keynote, dass Corona zwar negative Auswirkungen auf die gesamte Verkehrswirtschaft gehabt habe, der Schienengüterverkehr sich in der Pandemie aber auch als zuverlässiger Verkehrsträger präsentieren konnte. Damit die Schiene auch nach Corona einen Aufschwung erleben könne, sind aus Sicht des VDV-Geschäftsführers allerdings weitere finanzielle Mittel seitens des Bundes notwendig.

Diese stellte Steffen Bilger, Parlamentarischer Staatsekretär im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) im Rahmen des Forums in Aussicht. Der CDU-Politiker verwies darauf, dass im laufenden Jahr 8,5 Milliarden Euro für die Förderung des Schienengüterverkehrs seitens des BMVI veranschlagt seien. 2022 sei geplant diesen Betrag nochmals zu erhöhen und erstmals mehr Geld in den Verkehrsträger Schiene fließen zu lassen als in den Straßengüterverkehr. Denn, so Bilger, am Ziel bis 2030 rund 25 Prozent der Waren auf die Schiene zu verlagern, halte man im BMVI fest. Dieses ambitionierte Vorhaben ist aus Sicht des Staatssekretärs allerdings nur mit einem umfangreichen Maßnahmenpaket und der Anstrengung aller Akteure umsetzbar. Dazu zähle für Bilger etwa einheitlichere Rahmenbedingungen für den Schienengüterverkehr auf europäischer Ebene zu schaffen. In diesem Zusammenhang brachte er auch die Idee eines europäischen Labels für CO2-neutral über die Schiene gelieferte Waren ins Spiel, dass dem Güterverkehr übers Gleis einen Wettbewerbsvorteil verschaffen könne.

Mehr Möglichkeiten für die Schiene

Weitere Maßnahmen sind aus Sicht des Politikers die Förderung von Gleisanschlüssen in Deutschland gezielt voranzutreiben. Letzteres Themenfeld soll nach Aussagen des Politikers in naher Zukunft ausgebaut werden. So sei geplant die Fördermaßnahmen für Gleisanschlüsse auch auf Railports auszuweiten und so Möglichkeiten zu schaffen künftig auch städtische Infrastrukturen mit dem Güterzug versorgen zu können.

Inwieweit der Verkehrsträger Schiene für die Belieferung von urbanen Räumen und die Konsumgüterindustrie sowie den Handel geeignet ist, erläuterte Prof. Dr. Uwe Clausen, Institutsleiter am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML in Dortmund. Bislang, so der Experte, konnte der Güterzug, auch in Kombination mit anderen Verkehrsträgern, insbesondere auf längeren Strecken und mit einem geregelten Fahrplan seine Stärken ausspielen. Deshalb sei er im Rahmen des kombinierten Verkehrs etwa bei Inboundverkehren zum Zentrallager eine feste Größe. In der Distribution vom Lager in die Filiale spiele er jedoch bislang keine Rolle.

Neue Logistiklösungen notwendig

Clausen schloss jedoch nicht aus, dass sich das in Zukunft ändern könnte. Insbesondere starkströmige Verkehre zu großen Lagern böten hier Potenziale. Notwendig für einen Paradigmenwechsel sind laut Clausen neue Logistiklösungen, mit denen der Schienengüterverkehr bisherige Schwächen kompensieren kann. Dazu zählen etwa die Nutzung von künstlicher Intelligenz zur Automatisierung, besseren Kapazitätsprognose und zur Planung von Ankunftszeiten, so Clausen.

Das Fachforum läuft noch bis zum 20. Januar 2021.