Risk Management: Internationale Schifffahrt so sicher wie nie
In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Sicherheit in der internationalen Schifffahrt stark verbessert, was 2022 zu einem historischen Tiefstand bei den Verlusten großer Schiffe geführt hat. Dies teilt der Versicherer Allianz Global Corporate & Specialty SE in einer Pressemeldung vom 31. Mai 2023 mit. Demnach weist der „Safety and Shipping Review 2023“ für das vergangene Jahr 38 Totalverluste bei Schiffen mit über 100 Bruttotonnen aus. Im Jahr zuvor waren es noch 59 gewesen. Dies entspreche einem Rückgang der jährlichen Verluste um 65 Prozent in zehn Jahren. Zum Vergleich: 2013 wurden noch 109 Totalverluste gemeldet, vor 30 Jahren sogar über 200 pro Jahr.
„Die gute Nachricht: Die Zahl der Schiffsverluste ist auf ein Zwölfjahrestief gesunken. Dies spiegelt den positiven Einfluss von Sicherheitsprogrammen, mehr Trainings, verbessertem Schiffsdesign und strengerer Regulierung wider“, sagt Justus Heinrich, Leiter der Schifffahrtsversicherung der AGCS in Zentral- und Osteuropa.
Südchina, Indochina und Indonesien bilden als maritime Region den weltweiten „Hotspot“ für Verluste – sowohl im vergangenen Jahr als auch in den vergangenen zehn Jahren, heißt es in der Analyse. In der Region ereignete sich 2022 einer von fünf Verlusten, in den vergangenen zehn Jahren insgesamt 204. Die Ursachen dafür liegen der AGCS zufolge im intensiven Handel, stark beanspruchten Häfen, veralteten Flotten und Wetterextremen. Ungefähr ein Viertel der Verluste betraf 2022 Frachtschiffe, wobei die Hauptursache über alle Schiffstypen hinweg war, dass sie sanken.
Unfallzahlen weiter hoch
Während die Zahl der Schiffsverluste seit 2015 kontinuierlich sinkt, sei die Zahl der Schiffsunfälle auf konstant hohem Niveau (3.032 im Jahr 2022, 3.000 im Jahr 2021). Fast die Hälfte der Vorfälle weltweit (1.478) sei auf Maschinenschäden und Ausfälle zurückzuführen, auf Platz zwei folgen Kollisionen und auf Platz drei Brände. Deren Zahl stieg auf ein Zehnjahreshoch: Erfasst wurden im vergangenen Jahr 209 Feuer – ein Anstieg um 17 Prozent.
Trotz der positiven Bilanz zu Totalverlusten muss sich der Schifffahrtssektor der AGCS-Analyse zufolge im laufenden Jahr auf Herausforderungen einstellen: Faktoren wie wachsende Brandrisiken, bestehende und neue Gefahren im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, Anforderungen an die Dekarbonisierung, allgemeine ökonomischen Unsicherheiten und steigende Schadenkosten verstärkten sich teilweise gegenseitig.
„So erfreulich die Ergebnisse sind, es ziehen bereits die nächsten Stürme auf: Über ein Jahr nach dem russischen Überfall auf die Ukraine macht die wachsende Schattenflotte aus Öltankern Reedern, Crews und Versicherern Sorgen. Außerdem muss die Branche die Themen der Brandverhütung und falschen Deklaration gefährlicher Güter in den Griff bekommen. Ansonsten wird sie nur eingeschränkt von den Effizienzgewinnen immer größerer Schiffe profitieren. Hinzu kommt ein Faktor, der nicht nur der Schifffahrtsbranche zu schaffen macht: die Inflation. Sie treibt die Kosten von Kasko-, Maschinen oder Transportschäden. Die Dekarbonisierung ist ein weiterer Faktor in diesem Bündel an Herausforderungen. Zwar treibt die Branche das Thema Nachhaltigkeit voran, doch könnten die wachsenden ökonomischen Zwänge die Dekarbonisierung, genau wie Initiativen für mehr Sicherheit, zurückwerfen“, so Heinrich weiter.
Laut AGCS tragen verschiedenen Faktoren zu einer wachsenden Gefährdung durch Schiffsbrände bei. Zum einen werden im Zuge von Nachhaltigkeitsmaßnahmen immer mehr Elektrofahrzeuge gebaut, für die Lithium-Ionen-Akkus benötigt werden. Der Transport dieser Batterien gehe mit gewissen Risiken einher, die in der thermischen Instabilität der Akkus zusammenhängen. Der AGCS zufolge drohen bei unsachgemäßer Handhabung Brände, die sich selbst weiter entfachen und sogar zu Explosionen führen können.
Immer größere Schiffe bergen Gefahren
Zudem werde die Brandproblematik durch den Transport von Gefahrgütern auf immer größeren Schiffen verstärkt. Brände sind laut dem Versicherer die häufigste Ursache für Totalverluste in allen Schiffskategorien und führten zum Verlust von 64 Schiffen in den vergangenen fünf Jahren. Feuer sei auch die Ursache für die teuersten Schadenfälle. Das zeigt eine AGCS-Analyse von 250.000 Schadenfällen in der Schiffskasko- und Transportversicherung: Feuer verursachten 18 Prozent des Gesamtwertes aller analysierten Forderungen.
Über ein Jahr nach der russischen Invasion der Ukraine spürt die Schifffahrt weiter die Folgen. Das Risiko von Kollateralschäden in der zivilen Schifffahrt im Zusammenhang mit dem Krieg bleibe hoch, beispielsweise durch Seeminen. Die verhängten Öl-Sanktionen hätten zudem dazu geführt, dass Russland und seine Verbündeten eine Schattenflotte aus Tankern aufgebaut haben, um Öl transportieren und absetzen zu können. Die Größe der Flotte ist unklar, Schätzungen gehen von bis zu 600 Schiffen aus.
„Es ist anzunehmen, dass die Flotte aus älteren Schiffen besteht, die unter solchen Flaggen fahren, die niedrigere Standards anlegen“, erklärt Justus Heinrich. „Diese wachsende Flotte sollte uns Sorgen bereiten, weil sie die Seeschifffahrt weltweit und auch die Umwelt gefährdet. Es genügt ein größerer Unfall, um Leben zu gefährden, die Umwelt zu schädigen oder unversicherte Schäden zu verursachen.“
Ein erster Vorfall ist bereits dokumentiert: Im Mai 2023 explodierte der 1997 gebaute, nicht versicherte und unbeladene Tanker Pablo in Südostasien.
Nachhaltigkeit im Fokus
Die Schifffahrt verursacht jährlich rund drei Prozent der weltweiten Emissionen und hat sich selbst eine Reduzierung auferlegt. Wie schnell die Branche damit vorankommt, sei abhängig von technologischen Entwicklungen, dem Einsatz effizienterer Treibstoffe, Regulierung und Marktveränderungen. Manche Reedereien und Frachtbetriebe stellten ihre Schiffe bereits auf den Betrieb mit Erdgas oder alternativen Treibstoffen um oder testen solche – etwa Methanol, Ammoniak oder Wasserstoff.
Umweltfreundliche Schifffahrt könnte teuer werden
Der Wandel hin zu einer klimafreundlichen Schifffahrt bringe zahlreiche Veränderungen mit sich und könnte bis zu 1,4 Billionen US-Dollar kosten, heißt es vonseiten der AGCS. In den kommenden fünf bis zehn Jahren sei der Einsatz einer breiten Palette von Treibstoffen zu erwarten, was Herausforderungen für Reeder, Betreiber und Häfen berge. Bisher habe dies noch zu keinem Anstieg der Schadenfälle geführt. Das kann sich allerdings ändern, wenn neuartige Antriebe und Treibstoffe im großen Maßstab zum Einsatz kommen, so der Versicherer.
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