Retourenmanagement: Kunden behalten Ware, statt sie zurückzuschicken

Einer Erhebung des bevh zufolge, liegt die Retourenabsicht weiterhin auf signifikant niedrigem Niveau.

Bestelltes wieder zurücksenden? Das kommt für einen Großteil der Onlinekunden laut dem bevh nicht infrage. Die Retourenabsicht befindet sich dem Verband zufolge weiter auf niedrigem Niveau. (Symbolbild: Auremar/AdobeStock)
Bestelltes wieder zurücksenden? Das kommt für einen Großteil der Onlinekunden laut dem bevh nicht infrage. Die Retourenabsicht befindet sich dem Verband zufolge weiter auf niedrigem Niveau. (Symbolbild: Auremar/AdobeStock)
Sandra Lehmann

Die Retourenabsicht der deutschen Onlinekunden lag im ersten Halbjahr 2022 weiter auf signifikant niedrigem Niveau. Das zeigt ein Vergleich der seit 2017 wöchentlich vom Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh) erhobenen Daten zum Konsumverhalten im Internet. Demnach gaben zum ersten Halbjahr durchschnittlich neun von zehn Onlinekunden (89,9 Prozent) an, die von ihnen bestellte Ware behalten zu wollen. Das entspricht dem Vorjahreswert, liegt nur einen Prozentpunkt unter dem Wert des Jahres 2020 und immer noch mehr als drei Prozentpunkte über den Werten der Jahre 2018 (86,4 Prozent) und 2019 (86,7 Prozent).

„Die Rücknahme von Waren gehört zum Verbraucherschutz und ist Teil eingespielter Prozesse im Online- und Versandhandel“, erläutert Martin Groß-Albenhausen, Stellvertretender Hauptgeschäftsführer des bevh. „Umso wichtiger ist die Forschung zu Rücksendegründen, Umfang, Vermeidbarkeit und Verwertung von Retouren aber auch zum konkreten Retourenverhalten. Wir freuen uns, dass sich nicht zuletzt auf unseren Anstoß hin in der Retourenforschung eine Menge getan hat. Um den aktuellen Forschungsstand zusammenzufassen, legen wir im Herbst dieses Jahres eine aktualisierte Auflage unseres Retourenkompendiums vor.“

Das Retourenkompendium umfasst laut bevh unter anderem eine genauere Analyse des Retourenverhaltens bei Bekleidung und Schuhen, die höhere Rücksendungsquoten als andere Warengruppen aufweisen. Auch hier zeigt sich im ersten Halbjahr 2022 eine gegenüber der Corona-Hochphase nur eine leicht erhöhte Retourenabsicht. Hatte im Jahr 2019 insgesamt ein gutes Drittel (69,2 Prozent) der befragten Onlinekäufer von Bekleidung angegeben, die Ware behalten zu wollen, stieg dieser Wert 2020 auf 75,2 Prozent und erreichte im Jahr 2021 mit 77,2 Prozent einen Spitzenwert. Im ersten Halbjahr 2022 liegt er mit 74,3 Prozent weiterhin auf einem gemäßigten Niveau.

„Wir können sehr genau den Einfluss von Alter, Geschlecht, Sortiment und anderer Parameter auf die Retourenneigung belegen“, sagt Groß-Albenhausen. „Beispielsweise sind Käufer von Mode auf Onlinemarktplätzen deutlich weniger geneigt, Bestellungen ganz oder teilweise zurückzusenden als bei Multichannel-Anbietern. Aus diesem Wissen ergeben sich Möglichkeiten, die Wahrscheinlichkeit von Rücksendungen zu prognostizieren, zu steuern und so nachhaltige Prozesse zu entwickeln.“

Das zeige sich bereits in der Praxis:

„Dass die bisherigen Ergebnisse aus unserer Retourenforschung sehr erfolgreich Einzug in die Entwicklung neuer Prozesse und Geschäftsmodelle gefunden haben, freut uns besonders. Ein Beispiel ist das Start-up ‚tœrn‘ mit dem Eva Aumüller die Erkenntnisse ihrer vom bevh unterstützten Masterarbeit an der FH Wedel zusammen mit ihrem Gründungspartner Jonas Zeuner in die Praxis bringt“, so Groß-Albenhausen weiter.

Neben den Forschungsergebnissen von Eva Aumüller enthält das Retourenkompendium in seiner zweiten Auflage aktuelle Studienergebnisse unter anderem von Dr. Björn Asdecker (Leiter der Forschungsgruppe Retourenmanagement an der Universität Bamberg), Prof. Dr. Bernd Jörs (TU Darmstadt), dem EHI Retail Institute, Umfrageergebnisse von Buybay sowie Beiträge von Prof Dr. Gerrit Heinemann (Leiter des E-Web Resarch Center der Hochschule Niederrhein) und Ibi Research an der Uni Regensburg. Die erste Auflage des Kompendiums erschien im Jahr 2020.