Werbung
Werbung

Prognose: Wie werden sich Lieferketten im Jahr 2025 entwickeln?

Gerlach Mol, Director of Field Sales EMEA beim Softwareanbieter Kinaxis, gibt seine Einschätzung zu den kommenden Lieferkettentrends.

Gerlach Mol ist Director of Field Sales EMEA beim Softwareanbieter Kinaxis. (Bild: Kinaxis)
Gerlach Mol ist Director of Field Sales EMEA beim Softwareanbieter Kinaxis. (Bild: Kinaxis)
Werbung
Werbung

Das Jahr 2024 war voller Herausforderungen und Chancen für die Logistikbranche. Die Lieferketten gerieten aufgrund vielfältiger Belastungen besonders unter Druck: Geopolitische Konflikte, technische Ausfälle, Kapazitätsengpässe durch Fachkräftemangel, Inflation und nicht zuletzt die wachsenden Auswirkungen des Klimawandels stellten sie auf eine harte Probe. Diese Einflüsse werden neben der wachsenden Bedeutung von künstlicher Intelligenz auch im Jahr 2025 eine Rolle spielen. Doch welche weiteren Entwicklungen werden Auswirkungen auf die Lieferketten haben? Wie können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Lieferketten optimal aufgestellt sind? Hier einige Prognosen von Kinaxis für das kommende Jahr:

Die wachsenden Auswirkungen von Mega-Events auf Lieferketten

Taylor Swifts „Eras Tour“ war ein großer kultureller und wirtschaftlicher Erfolg. In den USA brachte sie 2023 Einnahmen von über einer Milliarde US-Dollar und belebte die Wirtschaft in den Konzertstädten. Im Vereinigten Königreich stabilisierte die Tour die Inflationsrate durch verstärkte Konsumausgaben. Laut Business Insider erreichten die wirtschaftlichen Effekte in Deutschland etwa 330 Milliarden Euro, insbesondere durch Einnahmen aus Tourismus, Einzelhandel und Gastronomie. Städte weltweit erlebten eine stark gestiegene Nachfrage nach Hotelzimmern – in Gelsenkirchen etwa um 3500 Prozent – begleitet von verdoppelten oder verdreifachten Preisen während der Konzerttermine.

Die Tour setzte jedoch die Lieferketten erheblich unter Druck. Beispielsweise sah sich der Einzelhandel mit einer hohen Nachfrage nach Armbänderkits konfrontiert. Swift hatte in einem ihrer Lieder das Basteln von Freundschaftsarmbändern erwähnt, was Fans weltweit aufgriffen. Während der Konzerte tauschten Fans diese selbstgebastelten Armbänder untereinander aus, was nicht nur den symbolischen Zusammenhalt förderte, sondern auch den Verkauf von Bastelsets in die Höhe trieb.

Auch die Gastronomie in den Städten, in denen die Tour stattfand, verzeichnete einen Nachfrageschub: Restaurants und Cafés hatten Mühe, den Ansturm der Fans zu bewältigen. Die „Eras Tour“ war aber nicht das einzige Mega-Event, das die Lieferketten 2024 an ihre Grenzen brachte. In mehreren deutschen Städten mussten während der Fußball-Europameisterschaft Bars schließen, da die Fans diese buchstäblich leer getrunken hatten.

Die „Eras Tour“ und die Fußball-EM machen deutlich, wie wichtig es ist, Mega-Events bei der Planung der Lieferkette zu berücksichtigen. Sie fordern Gastronomie und Einzelhandel heraus. KI-gestützte Planungsinstrumente und enge Abstimmung mit Lieferanten können helfen, die Nachfrage besser zu prognostizieren und flexibel auf Engpässe zu reagieren.

Arzneimittel auch im Jahr 2025 knapp

Aktuell sind in Deutschland etwa 500 rezeptpflichtige Medikamente von Lieferengpässen betroffen. Die Gründe sind so vielfältig wie komplex. Doch einer der wichtigsten Aspekte für die Knappheit ist der Bezug der Wirkstoffe aus Asien: etwa 70 Prozent der generischen Wirkstoffe kommen aus China oder Indien.

Ein bedeutender Teil der Arzneimittel ist also auf pharmazeutische Wirkstoffe angewiesen, die in einer kleinen Anzahl von Regionen hergestellt werden. Diese geografische Konzentration macht die Lieferkette anfällig für Störungen durch geopolitische Probleme, Naturkatastrophen und regulatorische Änderungen.

Die anhaltende Inflation und die gestiegenen Kosten für Rohstoffe, Arbeit und Logistik belasten die Arzneimittelhersteller ebenfalls, was zu weiteren Engpässen führen könnte, da die Unternehmen ihre Produktionskapazitäten anpassen müssen.

Die Lieferkette wird wahrscheinlich auch durch regulatorische und Qualitätsprobleme beeinträchtigt, die sich insbesondere auf den Vertrieb komplexer Medikamente auswirken.

Um Engpässe einzudämmen, wird eine zunehmende Integration von KI in die Lieferkette notwendig werden. Mithilfe von KI können Pharmaunternehmen Risiken früher erkennen, Herstellungsprozesse rationalisieren und fundierte Entscheidungen treffen, um Herausforderungen deutlich schneller zu entschärfen als mit herkömmlichen Methoden. Im Falle eines Medikamentenmangels könnte dies bedeuten, dass die Produktion eines bestimmten Produkts hochgefahren wird, Wirkstoffe von einem anderen Lieferanten bezogen werden oder Medikamente strategisch bevorratet werden, wenn ein Nachfrageschub erwartet wird.

Der zunehmende Einfluss von Influencern auf die Lieferkette

Wenn Influencer in den sozialen Medien für Produkte werben, erzeugen sie manchmal unbeabsichtigt eine große Nachfrage. Während der Pandemie bewarben Fitness-Influencer in großem Umfang Heimtrainer, insbesondere hochwertige Spinning-Bikes, Laufbänder und Rudergeräte. Die dadurch gestiegene Nachfrage führte zu Lieferengpässen und zu frustrierten Kunden, die monatelang auf die Lieferung warten mussten.

TikTok und YouTube treiben die Nachfrage nach bestimmten Produkten massiv an, besonders in der Kosmetikbranche. Virale Influencer-Bewertungen machten Produkte wie CeraVe, die Peeling Solution von The Ordinary und Cliniques „Black Honey“ zu Verkaufsschlagern. Diese Trends führten zu leeren Regalen und brachten Lieferketten an ihre Grenzen.

Auch bei Stanley-Bechern sorgten Influencer-Hypes für explosionsartige Nachfrage. Empfehlungen von Fitness- und Ästhetik-Enthusiasten machten die Becher zum Lifestyle-Statement, was zu Engpässen und langen Online-Suchen nach verfügbaren Modellen führte.

Auch im Jahr 2025 werden Influencer für mehr Nachfrage nach bestimmten Produkten sorgen. Diesen Trend sollten Unternehmen und Führungskräfte im Blick haben und entsprechend einplanen.

Veränderungen im globalen Machtgefüge

Globale Machtverschiebungen können die Lieferketten erheblich beeinflussen, indem sie die Handelspolitik, Bündnisse und wirtschaftlichen Prioritäten verändern. Die Wahlen im Jahr 2024 haben in vielen Ländern zu großen politischen Machtverschiebungen geführt, deren Auswirkungen 2025 zu spüren sein dürften.

Die große Frage für 2025 ist, ob der designierte US-Präsident Donald Trump Handelszölle einführen wird. Vor seinem Wahlsieg im November kündigte Trump an, er werde die Zölle auf chinesische Waren auf 60 Prozent erhöhen und eine „universelle“ Steuer von mindestens zehn bis 20 Prozent auf Einfuhren aus anderen Ländern erheben. Wie sich dies auf den Handel zwischen den USA und der EU auswirken könnte, bleibt abzuwarten, zumal es in Deutschland bald einen Regierungswechsel geben könnte. Die Automobilindustrie würde die hohen Einfuhrzölle aber besonders hart treffen und laut dem Institut der deutschen Wirtschaft könnte Deutschland einen BIP-Verlust von 127 bis 180 Milliarden Euro erwarten.

Je stärker die Spannungen im globalen Handel, desto größer sind die potenziellen Auswirkungen auf kritische Sektoren der Weltwirtschaft. Geänderte Vorschriften können zu längeren Vorlaufzeiten, Lagerknappheit und potenziell höheren Produktionskosten führen. Unternehmen müssen den Entwicklungen in der Handelspolitik immer einen Schritt voraus sein und können einige dieser Veränderungen durch eine durchgängige Transparenz ihrer Lieferketten in Verbindung mit KI-Prognosen abmildern.

Gleichgewicht zwischen Talent und Technologie

Besonders in den letzten fünf Jahren diskutierten Experten eingehend, wie zunehmende Störungen Schwächen in der Planung und Technologie von Lieferketten offenlegen. Weniger Beachtung findet jedoch die Frage, welche Auswirkungen der Umgang mit andauernden Störungen und die Arbeit in siloartigen Lieferketten auf die Menschen hat, die diese betreiben. Im Jahr 2025 sollten Unternehmen der psychischen Gesundheit ihrer Mitarbeiter mehr Aufmerksamkeit schenken und Strategien zur Motivation und Unterstützung entwickeln, um die nächste Generation von Supply-Chain-Experten zu fördern.

Der Hype um KI wird 2025 weiter zunehmen. Unternehmen sollten sich mit der Frage beschäftigen, wie sich diese Technologie auf ihre Belegschaft auswirkt und wie sie ihre Mitarbeiter schulen können, um das Beste aus den Tools herauszuholen. KI-Tools sollten benutzerfreundlich sein und nur niedrige Einstiegshürden haben. Der Zugang zu den effektivsten Tools und entsprechende Schulungen helfen, diese effizient einzusetzen. Unternehmen sollten zudem die jeweiligen Tools, die sie einführen wollen, sorgfältig auswählen. Wenn in naher Zukunft mehrere KI-Tools mit unterschiedlichen Sprachmodellen betrieben werden, die inkompatibel sind, könnte das zu vermeidbaren Komplikationen führen. Mit einer frühzeitigen Planung können Unternehmen eine zukunftsfähige KI-Strategie entwickeln.

Werbung
Werbung