Politik: Verbände äußern sich kritisch zur geplanten CO2-Maut

BGL, BIEK und HDE warnen vor einer Umsetzung der aktuellen Vorlage zum zusätzlichen Mautteilsatz.

Straße finanziert Schiene: Die Einnahmen aus der geplanten Erhöhung der Lkw-Maut sollen in den Ausbau der Schieneninfrastruktur fließen. Verbände üben Kritik an diesem Vorgehen. (Symbolbild: Carlos Castilla/Fotolia)
Straße finanziert Schiene: Die Einnahmen aus der geplanten Erhöhung der Lkw-Maut sollen in den Ausbau der Schieneninfrastruktur fließen. Verbände üben Kritik an diesem Vorgehen. (Symbolbild: Carlos Castilla/Fotolia)
Sandra Lehmann

Die Bundesregierung berät am heutigen 3. Mai über eine Änderung des Mautgesetzes und stimmt anschließend formal über dessen Durchsetzung ab. Laut eines Entwurfs soll es im Rahmen der Novelle zu einer Anpassung der Mautsätze bei der Lkw-Maut kommen. Dabei nimmt die Bundesregierung nach Eigenangaben Bezug auf eine geänderte EU-Richtlinie, die nicht länger Höchstwerte, sondern lediglich Bezugswerte für die Anlastung der externen Kosten für Luftverschmutzung und Lärmbelastung ausweist, die überschritten werden dürfen, wenn die externen Kosten im jeweiligen Mitgliedstaat tatsächlich höher liegen. Unter anderem sei geplant, ab dem 1. Januar 2024 einen CO2-Zuschlag von 200 Euro je emittierte Tonne CO2 für Lkw einzuführen. Wie der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) errechnete, könnte es dadurch in der Spitze zu einer Verdoppelung der Mautsätze kommen.

Darüber hinaus werden mit der Novelle auch Fahrzeuge von 3,5 bis 7,5 Tonnen mautpflichtig. Ausgenommen von der Neuregelung, insbesondere vom CO2-Zuschlag, sind bis 2025 emissionsfreie Lkw und Nutzfahrzeuge. Ab 2025 müssen diese 25 Prozent der geltenden Klimaabgabe zahlen. Fließen sollen die Mehreinnahmen nach dem Willen der Ampelparteien vor allem in den Ausbau des Schienenverkehrs in Deutschland. Mit dem Geld soll nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums insbesondere die Ertüchtigung der maroden Infrastruktur vorangetrieben werden.

Kritische Stellungnahmen

Im Vorfeld der Kabinettsberatungen haben betroffene Verbände das Recht zur neuen Gesetzgebung Stellung zu nehmen. Am Abend des 2. Mai taten dies unter anderem der Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK) sowie der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung BGL. Beide Interessenvertretungen äußern sich kritisch gegenüber der geplanten Gesetzesänderung.

Seitens des BGL lehnt man die faktische Verdoppelung der Maut mangels einer Klima-Lenkwirkung ab.

„Der BGL lehnt diesen Entwurf entschieden ab. Besser wäre eine schrittweise Einführung der CO2-Maut ab 2025, wie vom BGL bereits vorgeschlagen. Die Glaubwürdigkeit einer Regierung und damit der Politik in toto entscheidet sich gerade bei Maßnahmen, die schwierig umzusetzen sind“, so der BGL-Vorsitzende Prof. Dr. Dirk Engelhardt in einem Statement des Verbandes.

In den kommenden Jahren sei keine Klimawirkung absehbar, da es weder Fahrzeuge mit alternativen Antrieben noch die entsprechende Lade- und Tankinfrastruktur gebe. Zudem befürchtet die Organisation durch die Novelle eine weitere Erhöhung der Inflationsrate.

„Die Verbraucherinnen und Verbraucher werden mit 7,62 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich zur bereits bestehenden Inflation belastet – im Gegenzug für nichts. Dadurch fühlen sich die mittelständischen Transportunternehmen zu reinen Inkassounternehmen des Bundes degradiert“, verlautbarte der Verband am 2. Mai.

Auch wenn die Interessenvertretung sich für höhere Investitionen in die Schiene ausspreche, so würden die Mittel aus der erhöhten Maut fehlen, um eine klimafreundliche Transformation des Straßengüterverkehrs umzusetzen, Brücken zu sanieren und mehr Lkw-Parkplätze zu bauen.

Der BIEK bemängelt neben dem Entwurf an sich auch die äußerst kurze Frist zur Stellungnahme, die der Verband nach eigenen Aussagen für nicht angemessen hält.

„Der nächste Termin der Kabinettsitzung als Begründung der kurzen Stellungnahmefrist lässt die Vermutung aufkommen, dass kein ausgeprägtes Interesse daran besteht, die Infrastrukturfinanzierung und die technologische Transformation des Güterverkehrssektors sachgerecht und in Partnerschaft mit der Wirtschaft zu gestalten“, heißt es in der Stellungnahme vom 2. Mai.

Der Gesetzentwurf berücksichtige aus Sicht des BIEK darüber hinaus nicht die praktischen Rahmenbedingungen der Kurier- Express- und Paketbranche, sowie darüber hinaus des Güterverkehrs in Deutschland, was daran erkennbar sei, dass die CO2-Differenzierung nicht gestaffelt und in Abhängigkeit der Fahrzeugverfügbarkeit eingeführt werden soll. Weder die Verfügbarkeit von (Strom-)Ladeinfrastruktur noch von Fahrzeugen erlaube den Unternehmen, der Mautzahlung durch Anschaffung von Fahrzeugen mit emissionsfreien Antrieben auszuweichen. Anfang 2023 waren laut einer Erhebung von Statista 44.000 E-Lkw in Deutschland zugelassen. Das Gesetz entfalte keine Lenkungswirkung, sondern erwecke den Eindruck, dass nur Einnahmen generiert werden sollen.

Der BIEK fordert daher, dass ein entsprechender Ausgleichsmechanismus geschaffen wird. Dies könnte laut dem Verband zum Beispiel auf Basis der Mautdaten und nachzuweisenden Kraftstoffmengen, auf die ein Aufschlag nach Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) gezahlt wurde, geschehen. Für eine Diskussion über einen entsprechenden Mechanismus steht der Verband eigenen Angaben zufolge gerne zur Verfügung.

Verteuerung der Logistik befürchtet

Auch der Handelsverband (HDE) lehnt die Novelle in der jetzigen Form ab und befürchtet vor allem eine Verteuerung logistischer Leistungen, die auch die Kunden im Einzel- und Onlinehandel zu spüren bekämen. Wie der Verband bereits am 12. April mitteilte, sei es aktuell unmöglich auf Lkw mit alternativen Antrieben umzusteigen oder Güter in gleicher Menge über die Schiene zu transportieren.

„Für den Einzelhandel gibt es heute keine Alternative zum Transport auf der Straße. Nur so können Waren in die Nähe der Kundschaft geliefert werden“, so Ulrich Binnebößel, HDE-Abteilungsleiter Logistik.

Mit dem geplanten CO2-Aufschlag auf die Lkw-Maut und vor allem mit der Einbeziehung von kleinen Lkw bereits ab 3,5 Tonnen eine Einnahmequelle für die Bahn zu schaffen, sei der falsche Ansatz.

„Es ist sinnvoll, Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern. Das ist unumstritten. Dass nun aber alle Gütertransporte herhalten sollen, darf nicht einfach mit dem Argument des Klimaschutzes vermischt werden“, betonte Binnebößel.

Kritisch sieht der HDE zudem, dass es zu einer noch im Koalitionsvertrag ausgeschlossenen Doppelbelastung kommt. Im Koalitionsvertrag heißt es, ein CO2-Zuschlag auf die Maut werde nur eingeführt, sofern keine Doppelbelastung durch den CO2-Preis erfolge. Dieses Versprechen sei offenbar hinfällig, da neben der CO2-Komponente des Dieselpreises durch das Brennstoffemissionshandelsgesetz nun auch eine zusätzliche CO2-Komponente auf die Lkw-Maut aufgeschlagen wird.

„Die geplante CO2-Komponente der Lkw-Maut ist nicht mehr als eine Gebühr ohne Lenkungswirkung, die Investitionen in die Schiene ermöglicht. Damit wird der Lkw zum Finanzier der Schiene“, so Binnebößel.

Eine mögliche Verdopplung der Maut drohe auf die Preiskalkulation der Handelsunternehmen durchzuschlagen.