Politik: Habeck fordert „Pause“ beim deutschen Lieferkettengesetz
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck schlägt nach Berichten der Nachrichtenagentur dpa eine Aussetzung oder zumindest Abschwächung des deutschen Lieferkettengesetzes vor, bis die europäische Regelung greift. Die deutsche Regelung könne ausgesetzt beziehungsweise gelockert werden, sagte er am Freitag (7. Juni) beim Tag des Familienunternehmens in Berlin. Damit greift der Grünen-Politiker eine Forderung von Wirtschaftsverbänden auf, die vor Wettbewerbsnachteilen gewarnt hatten. Der Deutschen Presse-Agentur sagte der Minister, zugleich seien solche Vorgaben aber wichtig und ethisch richtig.
Wenn es nach ihm ginge, hätte man zwei Jahre „eine Pause an der Stelle“, sagte Habeck beim Tag des Familienunternehmens über das Lieferkettengesetz. „Das wäre, glaube ich, ein richtiger Befreiungsschlag.“ Ob es so komme, wisse er nicht. Er bitte mit Blick auf Details noch um zwei oder drei Wochen Geduld.
Das europäische Lieferkettengesetz wurde vor Kurzem verabschiedet. Die EU-Staaten haben nun gut zwei Jahre Zeit, die neuen Regeln in nationales Recht umzusetzen. Ziel des EU-Lieferkettengesetzes ist es, Menschenrechte weltweit zu stärken. Große Unternehmen sollen zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn sie von Menschenrechtsverletzungen wie Kinder- oder Zwangsarbeit profitieren.
Habeck sagte am Nachmittag des 7. Juni der dpa:
„Waren, die unter elenden Umständen produziert werden, für die Kinder schuften müssen, Erwachsene leiden, Umwelt zerstört wird, sollten nicht bei uns verkauft werden. Das liegt auch im Interesse vieler Unternehmen.“
Es sei erfreulich, dass es künftig EU-weit Regeln für den Schutz von Lieferketten und damit ethischer Standards geben werde. „Das ist wichtig, weil dann gleiche Regeln für alle im europäischen Binnenmarkt gelten. Diese Standards sind essenziell.“
Überführung des EU-Lieferkettengesetz in deutsches Recht
Zugleich betonte Habeck aber, wenn das EU-Gesetz zügig in deutsches Recht übergeführt werde, solle man pragmatisch beim Anpassungsprozess vorgehen. „Deshalb habe ich vorgeschlagen, das deutsche Lieferkettengesetz, solange bis das EU-Recht umgesetzt ist, zu pausieren beziehungsweise deutlich zu reduzieren. Der Schutz von Menschenrechten und Umweltstandards wird nur dann erfolgreich sein, wenn Vorgaben auch bei den Unternehmen Akzeptanz finden.“
Die europäischen Regelungen müssen Unternehmen mit 1000 Beschäftigten und 450 Millionen Euro Umsatz einhalten, allerdings erst nach einer Übergangsfrist von fünf Jahren - in dieser Zeit gelten zunächst noch höhere Grenzwerte.
In Deutschland gibt es bereits ein Lieferkettengesetz. Einer der größten Unterschiede ist die Haftbarkeit. Im deutschen Gesetz ist ausgeschlossen, dass Unternehmen für Sorgfaltspflichtverletzungen haftbar sind - das EU-Gesetz lässt das zu. Darüber hinaus gilt das deutsche Lieferkettengesetz für Unternehmen mit 1000 oder mehr Mitarbeitern. In den kommenden Jahren wären von der deutschen Version damit in der Bundesrepublik mehr Unternehmen betroffen als von der EU-Variante.
Das Wirtschaftsministerium sei in Diskussionen mit dem federführenden Arbeitsministerium, sagte ein Sprecher. Dessen Sprecherin wollte Habecks Vorstoß nicht direkt kommentieren, betonte aber allgemein: „Uns geht es bei fairen Lieferketten darum, dass Ausbeutung, Zwangsarbeit und Kinderarbeit kein Geschäftsmodell unserer sozialen Marktwirtschaft sein dürfen.“ Eine „bürokratiearme“ Umsetzung sei dem Ministerium dabei immer wichtig gewesen.
Zuspruch erhielt Habeck aus der FDP. „Die Aussetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes wäre ein hilfreicher Baustein zur Stärkung unserer Wirtschaft“, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Dafür habe er auch geworben. „Robert Habecks Vorstoß nährt nun eine neue Hoffnung, dass die Aussetzung in der Regierung mehrheitsfähig werden kann.“ Die EU-Lieferkettenrichtlinie müsse zudem «so eng und bürokratiearm wie möglich» umgesetzt werden. „Unsere Wirtschaft braucht weiterhin klare und verbindliche Signale der Entlastung.“
FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte der dpa, ein Stopp des deutschen Lieferkettengesetzes wäre „ein wichtiger Beitrag für die Wirtschaftswende“. Seitdem dieses Gesetz in Kraft sei, litten viele Betriebe unter enormer Bürokratie und zusätzlichen Kosten. „Der Abbau von bürokratischen Hürden ist das beste Konjunkturprogramm, denn es kostet uns nichts, aber es schafft große Entlastung für die Betriebe“, betonte Dürr.
Applaus kam vom Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie. Hauptgeschäftsführer Uwe Mazura forderte eine Aussetzung des Lieferkettengesetzes so schnell wie möglich. Habeck spreche zu Recht von einem Befreiungsschlag. „Was Unternehmen nämlich alles nachweisen und berichten sollen, ist in einer derart schwierigen wirtschaftlichen Lage nicht hinzunehmen. Endlich stellt sich der Vizekanzler der wirtschaftlichen Realität.“
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