Politik: EU will Versorgung mit kritischen Rohstoffen absichern

Die EU-Kommission plant unter anderem Quotenregelungen, die die alleinige Abhängigkeit von einzelnen Drittstaaten für strategische Rohstoffe regeln sollen.

Die EU will bestehende einseitige Abhängigkeiten für strategisch wichtige Rohstoffe innerhalb des Welthandels reduzieren. (Symbolbild: Kamonrat / Fotolia)
Die EU will bestehende einseitige Abhängigkeiten für strategisch wichtige Rohstoffe innerhalb des Welthandels reduzieren. (Symbolbild: Kamonrat / Fotolia)
Therese Meitinger

Die EU-Kommission hat am 16. März Vorschläge vorgelegt, die die Versorgung der europäischen Industrie mit kritischen Rohstoffen langfristig gewährleisten sollen. Das Ziel sei, alle Stufen der europäischen Wertschöpfungskette für kritische Rohstoffe zu stärken; die Einfuhren der EU diversifizieren, um strategische Abhängigkeiten zu verringern; das Risiko, dass die Versorgung unterbrochen wird, besser zu überwachen und einzudämmen, heißt es in einer Pressemitteilung. Kritische Rohstoffe seien für den ökologischen und digitalen Wandel ebenso wie in der Verteidigung und der Raumfahrt unverzichtbar.

„Rohstoffe sind für die Herstellung von Schlüsseltechnologien für unsere doppelte Energiewende - wie Windenergieerzeugung, Wasserstoffspeicherung oder Batterien – unerlässlich“, sagte die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, mit Blick auf den Vorschlag. „Wir verstärken unsere Zusammenarbeit mit zuverlässigen Handelspartnern auf der ganzen Welt, um die derzeitige Abhängigkeit der EU von nur einem oder wenigen Ländern zu verringern.“

Der Rechtsakt wird von einer Mitteilung begleitet. Darin wird dargelegt, wie die EU ihr globales Engagement verstärken will, um Investitionen, Produktion und Handel mit zuverlässigen Partnern zu entwickeln und zu diversifizieren. Die EU beabsichtigt Eigenangaben zufolge, diese Ziele in Zusammenarbeit mit Drittländern im Rahmen von Partnerschaften zum beiderseitigen Nutzen zu verfolgen: Deren eigene wirtschaftliche Entwicklung solle nachhaltig gefördert werden und gleichzeitig sichere, widerstandsfähige, erschwingliche und ausreichend diversifizierte Wertschöpfungsketten für die EU geschaffen werden, heißt es.

Festlegung klarer Prioritäten

Zusätzlich zu einer aktualisierten Liste kritischer Rohstoffe enthält der Rechtsakt eine Liste strategischer Rohstoffe. Dabei handele es sich um essentielle Rohstoffe für Technologien, die für Europas grüne und digitale Ambitionen sowie für Verteidigungs- und Raumfahrtanwendungen wichtig seien, und für die potenzielle Versorgungsrisiken bestünden, so die EU. Die Verordnung soll sowohl die Liste der kritischen als auch der strategischen Rohstoffe im EU-Recht verankern.

Die Verordnung setzt klare Zielvorgaben für die heimischen Kapazitäten entlang der Lieferkette strategischer Rohstoffe und für die Diversifizierung der EU-Versorgung:

  • mindestens zehn Prozent des jährlichen Bedarfs der EU in Bezug auf den Abbau,
  • mindestens 40 Prozent des jährlichen Bedarfs der EU in Bezug auf die Verarbeitung,
  • mindestens 15 Prozent des jährlichen Bedarfs der EU in Bezug auf das Recycling,
  • höchstens 65 Prozent des jährlichen Bedarfs der EU an jedem strategischen Rohstoff in allen relevanten Verarbeitungsstufen aus einem einzigen Drittstaat.

Schaffung sicherer und widerstandsfähiger Versorgungsketten

Die EU hat sich auf die Fahnen geschrieben, über den Rechtsakt den Verwaltungsaufwand zu verringern und die Genehmigungsverfahren für kritische Rohstoffprojekte in der EU zu vereinfachen. Darüber hinaus soll ausgewählten strategischen Projekten der Zugang zu Finanzmitteln erleichtert werden, Genehmigungsfristen verkürzt werden (24 Monate für Abbaugenehmigungen und zwölf Monate für Aufbereitungs- und Recyclinggenehmigungen). Die Mitgliedstaaten müssen dem Vorschlag zufolge außerdem nationale Programme für die Erkundung geologischer Ressourcen entwickeln.

Um die Widerstandsfähigkeit der Versorgungsketten zu gewährleisten, sieht der Rechtsakt die Überwachung kritischer Rohstoffversorgungsketten und die Koordinierung der strategischen Rohstoffvorräte zwischen den Mitgliedstaaten vor. Bestimmte Großunternehmen müssen demnach ihre strategischen Rohstoffversorgungsketten prüfen, das umfasst auch einen Stresstest auf Unternehmensebene.

Investitionen in Forschung, Innovation und Qualifikationen

Die Kommission will zudem die Einführung und den Einsatz bahnbrechender Technologien bei kritischen Rohstoffen fördern. Darüber hinaus sollen durch die Einrichtung einer groß angelegten Qualifikationspartnerschaft für kritische Rohstoffe und einer Rohstoffakademie die für die Arbeitskräfte in kritischen Rohstoffversorgungsketten relevanten Qualifikationen gefördert werden. Extern will man das Infrastrukturprogramm Global Gateway als Instrument zur Unterstützung der Partnerländer bei der Entwicklung ihrer eigenen Abbau- und Verarbeitungskapazitäten, einschließlich der Entwicklung von Qualifikationen, nutzen.

Verbesserung der Kreislaufwirtschaft für wichtige Rohstoffe

Die Bemühungen zur Verbesserung der nachhaltigen Entwicklung der Wertschöpfungsketten für kritische Rohstoffe sollen nach dem Willen der EU auch zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung in Drittländern sowie zu nachhaltiger Regierungsführung, Menschenrechten, Konfliktlösung und regionaler Stabilität beitragen.

Die Mitgliedstaaten müssen demnach laut der EU nationale Maßnahmen verabschieden und umsetzen, um die Sammlung von Abfällen, die reich an kritischen Rohstoffen sind, zu verbessern und deren Recycling zu kritischen Sekundärrohstoffen sicherzustellen. Die Mitgliedstaaten und private Betreiber müssen das Potenzial für die Rückgewinnung kritischer Rohstoffe aus Abfällen aus dem laufenden Bergbau, aber auch aus historischen Bergbauabfällen untersuchen. Produkte, die Dauermagnete enthalten, müssen die Anforderungen an die Kreislaufwirtschaft erfüllen und Informationen über die Wiederverwertbarkeit und den Recyclinganteil enthalten.

Die vorgeschlagene Verordnung wird vor ihrer Annahme und ihrem Inkrafttreten vom Europäischen Parlament und vom Rat der Europäischen Union erörtert und gebilligt.