Nachhaltigkeit: Audi testet Kreislaufwirtschaftspotenziale von Altfahrzeugen
Beim Ingolstädter Automobilhersteller Audi AG läuft derzeit ein neues Kooperationsprojekt zum Thema Circular Economy. Wie das Unternehmen im März bekannt gab, möchte der Autobauer mit „MaterialLoop“ perspektivisch Wertstoffkreisläufe für Glas, Stahl, Aluminium und Kunststoff schließen. Gemeinsam mit 15 Partnerunternehmen aus Forschung, Recyclingbranche und Zulieferindustrie prüft Audi nach Eigenangaben den Wiedereinsatz sogenannter Post-Consumer-Materialien aus Kundenfahrzeugen, die am Ende ihres Lebenszyklus stehen, für die Produktion von Neufahrzeugen. Das Projekt sei Teil der Audi Kreislaufwirtschaftsstrategie und soll Erkenntnisse zur Umsetzung einer Circular Economy (CE) in der Praxis liefern.
„Das Projekt MaterialLoop unterstreicht unsere ambitionierte Vision, ein höchst effizientes Kreislaufwirtschaftskonzept für Altfahrzeuge zu betreiben“, sagt Audi Chef Markus Duesmann. „Unser Ziel ist es, so viele Materialien wie möglich auf einem hohen Qualitätsniveau zurückzugewinnen, um sie in unserer Produktion erneut verwenden zu können. Das spart wertvolle Primärmaterialien und kann den ökologischen Fußabdruck der Produkte reduzieren. Gleichzeitig kann der direkte Zugriff auf Sekundärmaterialien perspektivisch zu einer verbesserten Versorgungssicherheit beitragen. Rohstoffe müssten nicht erst neu gewonnen werden.“
100 Fahrzeuge, darunter auch ehemalige Erprobungsfahrzeuge, wurden für MaterialLoop im Oktober 2022 demontiert. Durch die gezielte Demontage von einzelnen Komponenten ließen sich bereits hochwertige Sekundärmaterialien wie größere Kunststoffbauteile für das weitere Recycling sichern. Nach der Demontage wurden die verbliebenen Fahrzeugkarossen geschreddert und gemeinsam mit den beteiligten Partnerunternehmen in verschiedene Materialgruppen wie Stahl, Aluminium und Kunststoff separiert. Mit dem Ziel, den Wiedereinsatz für die Produktion von Neufahrzeugen zu prüfen, definierte und pilotiert Audi gemeinsam mit den Projektpartnern aus der Recyclingbranche, der Audi Lieferkette und der Wissenschaft den weiteren Recyclingprozess.
„Im Projekt fokussieren wir uns auf Kreisläufe innerhalb unserer Industrie, um unsere Produkte und die Materialien, die darin verarbeitet worden sind, so lange wie möglich nutzen zu können. Unsere Vision ist, uns künftig bei dem Einsatz von Sekundärmaterialien weniger aus anderen Branchen bedienen zu müssen“, erklärt Johanna Klewitz, Leiterin Nachhaltigkeit in der Lieferkette.
Neben der technischen Machbarkeit der Materialrückführung in die Audi Lieferkette steht auch die Verbesserung der Recyclingfähigkeit neuer Fahrzeuggenerationen im Fokus. Dennis Meinen, Experte Circular Economy bei Audi:
„Im Kern geht es bei Circular Economy um einen verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen. Im Fokus stehen dabei Langlebigkeit, Reparaturfähigkeit und eben auch die Recyclingfähigkeit unserer Produkte.“
Das Pilotprojekt läuft noch bis Ende April 2023. Trotzdem konnte Audi bereits erste Erkenntnisse in der Praxis anwenden: Einige Materialien führen die Projektbeteiligten bereits in die automobile Produktion zurück. So lasse sich ein Großteil des im Projekt recycelten Stahls für die Produktion neuer Modelle nutzen. In einem ersten Versuch wurden sechs Stahlcoils mit einem MaterialLoop-Sekundäranteil von etwa zwölf Prozent hergestellt, die den Audi Qualitätsanforderungen entsprechen und sich deshalb auch für anspruchsvolle Strukturteile nutzen lassen. Audi wolle daraus bis zu 15.000 Türinnenteile für den Audi A4 im Presswerk Ingolstadt herstellen. Untersuchungen im Rahmen des Projekts zeigen, dass der Anteil des aus Fahrzeugen recycelten Stahls am Coil künftig sogar noch weiter erhöht werden könnte.
Wissen für neue Modelle sammeln
Darüber hinaus wolle der Automobilhersteller gemeinsam mit den Projektpartnerunternehmen Informationen für die Produktentwicklung und Konstruktion künftiger Modelle gewinnen. Um die Recyclingfähigkeit neuer Fahrzeuggenerationen zu optimieren, spiele das so genannte Design for Circularity neben einer Verbesserung der Sortiertechnologie eine entscheidende Rolle. Dabei sollen Bauteile und deren Komponenten hinsichtlich der Materialauswahl, der Materialzusammensetzung und der Modularität so gestaltet werden, dass sie am Lebensende der Fahrzeuge im Verwertungsprozess sortenrein getrennt werden können. Als weiteres Ergebnis des Pilotprojekts MaterialLoop hat Audi in Zusammenarbeit mit dem Volkswagen Konzern einen Leitfaden für seine Lieferanten entwickelt, der erläutert, nach welchen Prämissen sich Kunststoffbauteile so gestalten lassen, dass sich die Wiederverwertung in der Automobilproduktion weiter steigern lässt.
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