Nachhaltige Logistik: Kostenintensive wirksame Maßnahmen sind noch selten

Unternehmensberatung Simon-Kucher hat den Stand der Nachhaltigkeitsbemühungen in der europäischen Logistik untersucht.

Nachhaltigkeit ist für viele Unternehmen wichtig, aber wer die notwendigen Maßnahmen bezahlen soll, ist oft unklar. Das zeigt eine Studie des Beratungsunternehmens Simon-Kucher. (Bild: Elnur/Adobe Stock)
Nachhaltigkeit ist für viele Unternehmen wichtig, aber wer die notwendigen Maßnahmen bezahlen soll, ist oft unklar. Das zeigt eine Studie des Beratungsunternehmens Simon-Kucher. (Bild: Elnur/Adobe Stock)
Sandra Lehmann

Die aktuelle Studie „Green Logistics“ der globalen Strategie- und Marketingberatung Simon-Kucher & Partners zeigt, dass 55 Prozent der Befragten das Thema Nachhaltigkeit für sehr wichtig halten – mit einem Gefälle der Prioritäten von Mitteleuropa (64 Prozent) über Südeuropa (55 Prozent) bis Westeuropa (44 Prozent). Das teilte das Beratungshaus in einer Pressemeldung mit. Für die Studie wurden demnach im August 100 Unternehmen in Europa online befragt. Bei dem Großteil der Befragten liege der Fokus dabei noch eher auf den eigenen, direkt oder indirekt verursachten Emissionen. Bei der Auswahl von Logistikdienstleistern sehen nur noch 31 Prozent der Unternehmen (Mitteleuropa: 34 Prozent, Südeuropa: 36 Prozent, Westeuropa: 25 Prozent) das Thema als sehr wichtig an. Eine Ursache dafür könnte der Mangel an konkreten Angeboten seitens der Logistikwirtschaft sein:

„Auch wenn sich nahezu alle großen Logistikunternehmen weltweit konkrete Emissionsziele entsprechend des Pariser Klimaabkommens gesetzt haben, beobachten wir kaum konkrete monetäre Verpflichtungen in der Branche, die mit diesen Zielsetzungen einhergehen. Wer es am Ende bezahlen soll, ist weitgehend unklar“, sagt Kornelia Reifenberg, Partnerin im Bereich Logistik bei Simon-Kucher.

Bei der Entwicklung eines nachhaltigen Logistikprodukts sind laut Simon-Kucher einige Komponenten zu berücksichtigen, unter anderem: Emissionsziele, Instrumente, Produktauswahl, Kommunikationsstrategie und Pricing. Aktuell reichten direkte Maßnahmen zur Emissionsvermeidung in der Logistik nicht aus, um CO2-Neutralität zu erreichen, daher sind Kompensationslösungen für Emissionen noch an der Tagesordnung. Die Studie zeigt, dass die Befragten bei der Maßnahmenergreifung bisher noch keine klare Präferenz haben: 28 Prozent der Befragten bewerten die Vermeidung von Emissionen zwar als wichtigste Maßnahme, jedoch sind Kompensationsmaßnahmen (20 Prozent) oder sogar nur „Greenwashing“ durch Zertifikatehandel (20 Prozent) nahezu gleichauf bei der Bewertung. Ob der Markt reif ist für kostenintensive, aber wirklich klimaneutrale Logistik – wie etwa den Einsatz von Sustainable Aviation Fuel in der Luftfracht – ist vor diesem Hintergrund fraglich.

Kunden wünschen sich laut der Studie einfache Lösungen, wie beispielsweise ein einheitliches grünes Standardprodukt für alle Kunden (40 Prozent). Eine Auswahlmöglichkeit, zum Beispiel durch freiwillige CO2-Zuschläge oder Produktvarianten mit unterschiedlichem CO2-Fußabdruck, werde eher abgelehnt. Diese Entscheidung wird bevorzugt dem Anbieter überlassen. Laut Studie weichen die Zahlungsbereitschaften für nachhaltige Logistik je nach Segment, vom „Klimaaktivisten“ bis zum „Ignoranten“, stark voneinander ab. Sven Wengler, Senior Director im Bereich Logistik bei Simon-Kucher, dazu:

„Nur ein einziges ‚grünes‘ Produkt anzubieten ist nicht die optimale Lösung. Die Herausforderung besteht darin, dem Kundenwunsch nach einfachen Lösungen zu entsprechen und gleichzeitig ein möglichst für jedes Segment zugeschnittenes Angebot zu entwickeln."

Die Studienergebnisse zeigen, dass sowohl bei der Zielsetzung als auch beim proaktiven Verkauf nachhaltiger Logistiklösungen Nachholbedarf besteht.

„Die Kosten für mehr Nachhaltigkeit müssen aufgrund der insgesamt geringen Margen in der Logistikbranche auch an die Kunden und Endkunden weitergegeben werden. Bei vielen Kunden ist der Mehrwert echter Emissions-Vermeidung bis heute noch nicht angekommen. Die entscheidende Frage ist, ob Kunden von Logistikdienstleistungen bereit sind in Zukunft höhere Preise für grünere Logistik zu bezahlen – ansonsten sind die Regierungen gefordert, ihre Regulierungen zu verschärfen. ‚Einpreisen‘ wird jedenfalls in der Logistik kaum möglich sein“, so Kornelia Reifenberg.