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Nachgefragt bei Kai Olschner, DP World: „Wir bauen gerne Lösungen um unsere Kunden herum“

DP World war früher vor allem als Hafenbetreiber bekannt, mittlerweile versteht sich das Unternehmen als globaler Logistikdienstleister. Kai Olschner, Global Vice President Supply Chain Engineering, erklärt im Interview mit LOGISTIK HEUTE, was diese Transformation ausmacht.

Kai Olschner ist Global Vice President of Supply Chain Engineering bei DP World. (Bild: DP World)
Kai Olschner ist Global Vice President of Supply Chain Engineering bei DP World. (Bild: DP World)
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LOGISTIK HEUTE: Wie wird man vom Hafenbetreiber zum End-to-End-Logistikdienstleister?

Kai Olschner: Wir waren schon immer mehr als ein Hafenbetreiber, auch wenn dieses Thema bei uns sehr prominent aufgehängt war. Doch Warenströme verändern sich. Zunehmend haben wir festgestellt, dass unsere Kunden nicht nur Hafenlogistik von uns erwarten, sondern auch darüberhinausgehende Dienstleistungen. Die Entscheidung, zusätzlich speditionelle Dienstleistungen, Kontraktlogistik und andere Services anzubieten, war naheliegend. Hinzukommt, dass wir schon immer weltweit vernetzt aufgestellt waren, also anknüpfungsfähig für andere Modalitäten. Nun gilt es sich in Produkte hineinzudenken und diese zu entwickeln – sei es für Seefracht oder Luftfracht oder Landverkehre. Wie lassen diese sich dann sinnvoll an unsere Häfen andocken?

Wie sind Sie beim Ausrollen der Strategie vorgegangen?

Zum einen haben wir selbst Produkte entwickelt, zum anderen aber auch Positionen gekauft, die den Netzwerkgedanken stärken sollen sowie Kapazitäten in bestimmten Bereichen entwickeln sollen. Dazu haben wir mehrere Unternehmen akquiriert. Unter anderem Syncron aus den USA und Imperial Logistics aus Südafrika, die nicht nur in der klassischen Transport- sondern auch in der Kontraktlogistik aktiv sind. Das hat uns auch geografisch noch einmal einen Sprung für Europa, Afrika und Nordamerika gegeben.

2022 ist DP World zusammen mit der SMS Group mit dem Deutschen Logistik-Preis ausgezeichnet worden – für das Container-Hochregallager BoxBay. Wie ging es damit weiter?

Die Pilotanlage im Hafen von Dubai ist immer noch in Betrieb und im koreanischen Busan ist eine weitere Anlage hinzugekommen. Wir haben uns über den Preis damals sehr gefreut, weil wir es auch als unsere Verantwortung sehen, Start-up-Unternehmen wie Boxbay eine Chance zu geben, in unserem Umfeld etwas Neues zu machen. Generell probieren wir gerne etwas aus und denken ein bisschen visionär. Solche Gedanken wollen wir weiterdenken. Außerdem beschäftigen wir in unserem Entwicklungs-Office in Indien rund 3.000 Mitarbeiter, die Tools entwickeln, um unsere Produkte zu vermarkten und stabiler zu machen.

In welchen Technologien sehen Sie Potenziale für die Supply Chain der Zukunft?

Hier sehe ich vor allem zwei Bereiche: Der erste ist Analytics, denn ohne Daten können wir nichts voranbringen. Wir analysieren die Analysen beispielsweise für unseren Trade Monitor, den wir auch weitergeben. Wir nutzen ihn aber auch, um künftige Warenflüsse zu prognostizieren. Also sowohl in Richtung Control Tower, als auch für die Geschäftsentwicklung. Der zweite Bereich ist Track and Trace. Dieser ist zwar mittlerweile bereits Standard, aber wir entwickeln ihn in Richtung Transportsteuerung und Intralogistik weiter. Künstliche Intelligenz spielt dabei eine zentrale Rolle, um künftige Warenflüsse vorherzusagen und resilientere Lieferketten aufzubauen.

DP World hat mehr als 100.000 Mitarbeiter. Welche Rolle spielt die Standardisierung in einem so großen Unternehmen?

Standardisierung ist das A und O, aber sie muss auch regional verständlich sein. Trotz aller Digitalisierung ist Logistik ein Business und Prozesse müssen sich jeweils am Menschen orientieren. Dennoch trägt Standardisierung massiv dazu bei, operative Abläufe zu verbessern, sicherer und stabiler zu machen. Für uns ist das eine Riesenaufgabe, da wir innerhalb kürzester Zeit von rund 40.000 auf mehr als 100.000 Mitarbeiter gewachsen sind. Durch Zukäufe wie Cargo Services in Hongkong sind auch neue Verticals hinzugekommen – in dem Fall in der Chemielogistik. All das muss integriert werden, was umso leichter fällt, wenn die Standardprozesse von Anfang an anschlussfähig aufgesetzt sind. Auch die zugehörigen Tools müssen entsprechend aufgesetzt sein.

Die Wurzeln von DP World liegen in Dubai. Welche Rolle spielt Europa für Sie?

Wir haben gerade bekanntgegeben, dass wir in London eine Milliarde Euro in unser dortiges Terminal investieren möchten. In unser Hinterlandterminal in Stuttgart wollen wir kurzfristig 35 Millionen Euro investieren, um es zu ertüchtigen. All das soll unser europäisches Netzwerk weiterentwickeln. In Hamburg haben wir ein neues Hub aufgemacht, mit neun Mitarbeitern, aber auch in München, in Wien, in Linz bauen wir aus. Dabei wachsen wir gerne auch mit unseren Kunden, bauen Lösungen um sie herum, nicht nur in der Kontraktlogistik, sondern auch vorausschauend. Zum Beispiel wollen wir unseren Hafen im rumänischen Constanta gerne näher an unser intermodales Netzwerk nach Nordeuropa und dort auch wieder an internationale Lieferketten anbinden.

Wie kann so eine Kundenlösung konkret aussehen?

Wir haben zum Beispiel ein End-to-End-Produkt aufgesetzt, das bei Clementinenhändlern aus Marokko seinen Anfang nahm. Sie lieferten 90 Prozent ihrer Waren nach Großbritannien und nutzten dabei vor allem den Landweg, wo die Produkte fünfeinhalb Tage mit dem Lkw unterwegs waren, und es immer wieder zu Plünderungen in Frankreich oder Spanien kam. Nicht zu vergessen, die EU-Bürokratie. Mit ihrem Kostenproblem kamen die Händler zu uns. Wir haben dann eine Lösung entwickelt, die für die gesamte Branche funktioniert.

Wie funktioniert diese im Detail?

Wir setzen ab dem Hafen von Agadir eigene Schiffe ein, um eine direkte Trade Lande nach London aufzubauen, von wo aus die Früchte dann in die Supermärkte feinverteilt werden. Von London aus fahren wir dann weiter nach Antwerpen, von wo wir die Weiterverteilung nach Nordfrankreich ausführen. An allen Halten nehmen wir jeweils auch Waren auf, die dann über Casablanca in den Süden kommen. Für einen Kunden allein würde sich dieser Service nicht lohnen, für die ganze Industrie aber schon.

Das Gespräch führte Therese Meitinger.

Zur Person: Kai Olschner

Kai Olschner ist der Global Vice President of Supply Chain Engineering bei DP World. In seiner Rolle ist er für das Wachstum und die Entwicklung des End-to-End-Geschäftsangebots von DP World verantwortlich. Olschner überwacht die vertikale Integration von Häfen und Terminals, Marinediensten, Vertragslogistik und digitalen Lösungen in eine strategische, ganzheitliche Roadmap für die Kunden von DP World.

Kai Olschner kam zu DP World als Vice President für den Automobilsektor und beaufsichtigte die globale Automobilbranche. Er verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Logistik- und Lieferkettenbranche und hatte zuvor Positionen bei der BLG Logistics Group, Kühne + Nagel und Hapag-Lloyd inne.

 

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