Menschenrechte: EU-Kommission plant Lieferkettengesetz

Einer Befragung zufolge überprüft nur jedes dritte EU-Unternehmen die Einhaltung von sozialen und ökologischen Mindeststandards entlang der Lieferkette. 

Auf bestehende nationale Lieferkettengesetze in einzelnen EU-Ländern soll nach dem Willen der EU-Kommission eine europaweite Gesetzgebung folgen. (Foto: Thevisualsyouneed / AdobeStock)
Auf bestehende nationale Lieferkettengesetze in einzelnen EU-Ländern soll nach dem Willen der EU-Kommission eine europaweite Gesetzgebung folgen. (Foto: Thevisualsyouneed / AdobeStock)
Therese Meitinger

Die EU-Kommission hat sich auf die Fahnen geschrieben, weltweit Arbeitsbedingungen und Sozialstandards in den Lieferketten zu verbessern. Da freiwillige Verpflichtungen der Unternehmen zur Sorgfaltspflicht in Drittstaaten nach Ansicht der Behörde zu wenig bewirkten, kündigte die Kommission am 6. Oktober an, im nächsten Jahr entsprechende Gesetzesvorhaben einleiten zu wollen. Sie sollen weltweit agierende Unternehmen aus Europa dazu bringen, auch entlang ihrer Lieferketten und an ihren Produktionsstandorten außerhalb Europas Verantwortung zu übernehmen. Damit setzt die EU-Kommission auf unterschiedliche CSR-Gesetze entlang der Supply Chain auf, die in europäischen Ländern wie Frankreich oder den Niederlanden bereits bestehen. Justizkommissar Didier Reynders und Sozialkommissar Schmit erläuterten die Pläne der EU-Kommission für EU-weite Sorgfaltsstandards am 6. Oktober auf der Onlinekonferenz „Globale Lieferketten - Globale Verantwortung“.

Nur jedes dritte Unternehmen in der EU prüft seine globalen Lieferketten sorgfältig mit Blick auf Menschenrechte und Umweltauswirkungen. Das ergab eine Studie zu Regulierungsoptionen für Sorgfaltspflichten in den Lieferketten, die die Kommission im Februar vorgelegt hat.

„Freiwillige Verpflichtungen der Unternehmen sind nicht zur Norm geworden, jetzt arbeiten wir auf verpflichtende Sorgfaltsstandards hin“, sagte Sozialkommissar Schmit.

Arbeitsrechte sollen Schmit zufolge jetzt auch in die Handelsabkommen der EU mit Drittstaaten einbezogen werden – wie etwa in das Handelsabkommen EU-Vietnam.

Konkrete Gesetzesvorschläge im nächsten Jahr

EU-Justizkommissar Reynders kündigte für die nächsten Wochen eine Konsultation zur Sorgfaltspflicht von Unternehmen in globalen Lieferketten an. Konkrete Gesetzesvorschläge sollen im kommenden Jahr folgen.

„Wir werden an zwei Elementen arbeiten: zum einen am Unternehmensrecht. Es ist klar, dass sich auch die Vorstände um die langfristigen Interessen der Unternehmen kümmern müssen. Sie sollten nicht nur kurzfristig an die Aktionäre denken, sondern sich auch Gedanken machen, welche Auswirkungen ihr Unternehmen langfristig auf die Umwelt und auf die Menschenrechte hat“, so Reynders.

Der zweite Teil der Gesetzesinitiative beziehe sich auf die Sorgfaltspflicht in den Lieferketten. Nicht nur in Europa, sondern weltweit müsse man sehen, wie man Regeln zu sozialen Fragen, Umweltauswirkungen und Menschenrechte schaffen könne.

Der EU-Justizkommissar verwies auf bestehende nationale Gesetzgebung und den zunehmenden Druck verschiedener Stakeholder, etwas zu tun. Die EU wolle gesetzgeberisch tätig werden, wolle konkrete Pflichten und auch eine Haftung und Aufsicht, so Reynders weiter. Als Minimum sieht er eine zivilrechtliche Haftung, doch auch eine strafrechtliche Haftung wird ihm zufolge diskutiert.

Die zweitägige Onlinekonferenz zum Thema „Globale Lieferketten - Globale Verantwortung“ vom 6. und 7. Oktober gehörte zum Programm der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Ziel der Konferenz ist es der EU-Kommission zufolge, Impulse zu liefern, wie ein EU-Aktionsplan „Menschenrechte und gute Arbeit in globalen Lieferketten“ gestaltet werden kann, um europaweit die Unternehmensverantwortung zu stärken. Die Bundesrepublik hat es sich im Rahmen ihrer Ratspräsidentschaft zum erklärten Ziel gemacht, die Wahrung unternehmerischer Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette auf europäischer Ebene zu verankern.