Logistik-IT: Acht Tipps für den internationalen ERP-Einsatz

ProALPHA liefert Empfehlungen für den ERP-Rollout im internationalen Umfeld.

(Foto: Bacho Foto/AdobeStock)
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Matthias Pieringer

Viele Unternehmen versprechen sich vom länderübergreifenden Einsatz ihres ERP-Systems laut ProALPHA ein Plus an Effizienz. Das Softwareunternehmen hat acht Empfehlungen für den Rollout von ERP-Anwendungen im internationalen Umfeld zusammengestellt. Das sind die acht Tipps von ProALPHA, die aus der Projektpraxis stammen:

1. Lokale Anforderungen erkennen und verstehen
Den wesentlichen Unterschied im internationalen Produzieren und Verkaufen machen nicht nur verschiedene gesetzliche Regelungen. Es sind auch die regional unterschiedlichen Geschäftspraktiken. Wer versucht, diese Anforderungen mit einem standardisierten Fragenkatalog zu erfassen, übersieht schnell wesentliche Erfolgskriterien. Stattdessen haben sich offene Workshops bewährt. So können die Anwender erst einmal berichten, wo der Schuh drückt und was sie bräuchten, um schneller voranzukommen. Gezielte Fragen im Anschluss sorgen für ein vollständiges Bild.

2. Sprachbarrieren bewusst machen
Englisch hat sich im internationalen Umfeld als Arbeits- und Projektsprache etabliert. Eine gemeinsame Sprache bedeutet jedoch nicht, dass sich alle verstehen. Denn oft ist für viele Projektbeteiligte Englisch nicht die Muttersprache. Feinheiten in der Kommunikation gehen da rasch verloren. Auch kommt es häufiger zu Missverständnissen. Ein international versierter Projektmanager weiß mit diesen sprachlichen Hürden umzugehen. 

3. Zu viel Kommunikation gibt es nicht
Zu den fachlichen und sprachlichen Herausforderungen kommen in einem internationalen Projekt auch die interkulturellen. Von Land zu Land kann die Art, wie geplant wird und Entscheidungen getroffen werden, völlig unterschiedlich sein. Das betrifft nicht nur ferne Staaten wie China oder Indien. Das weiß jeder, der schon einmal ein Projekt im europäischen Ausland geführt hat. Umso wichtiger ist es, sich gerade zu Projektbeginn ausführlich Zeit zu nehmen, um Projektziele und die Vorgehensweise klar zu definieren und zu dokumentieren. Das hilft, Fehlinterpretationen von vorne herein auszuschließen. 

4. Spannungsfeld zwischen Standardisierung und Wildwuchs auflösen
Selten lassen sich Workflows und Datenstrukturen der Zentrale direkt auf die Töchter im Ausland übertragen. Besonders schwierig wird es, wenn im ERP-System der Muttergesellschaft umfassende Anpassungen vorgenommen wurden. Grundsätzlich gilt für eine Architektur mit mehreren Landesgesellschaften: So wenig wie möglich den Standard modifizieren! Anpassungen sollten idealerweise pro Mandant oder Land aktivierbar sein.

5. Technische Architektur früh definieren
Aus IT-Sicht ist es nicht einfach nur mit ein paar zusätzlichen User-Accounts getan. Das Setup im Backend ist einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren für den Rollout. Ein mögliches Szenario: die Niederlassung auf der bestehenden Datenbank als zusätzlichen Mandanten einrichten. Neben geringeren Lizenzkosten und einer kürzeren Einführungszeit spricht vor allem ein einfacherer Datenaustausch für diesen Weg. Zu beachten ist jedoch: Bei dieser Option sind alle Länder von einem einzigen Datenbankserver abhängig. Mehr Flexibilität in punkto Wartung und für lokale Anforderungen bietet dagegen eine zusätzliche Datenbank – dies allerdings zum Preis zusätzlicher Lizenzen und höherem Aufwand bei Updates.

6. Vor-Ort-Beratung auf das Notwendige beschränken
Eine ausufernde Zahl an Beratertagen gehört zu den Horrorszenarien im ERP-Projekt. Dem kann die Projektleitung gezielt vorbeugen, indem sie festlegt, welche Tätigkeiten zwingend vor Ort erledigt werden müssen. Andere Aufgaben kann dann ein Remote Consulting übernehmen. Gerade Arbeiten, die keinerlei Kundenkenntnis erfordern, sind dafür prädestiniert wie zum Beispiel das Konfigurieren landesspezifischer Einstellungen.

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7. Verpflichtendes Stammdatenmanagement
Je mehr sich Abläufe ähneln und je stärker Daten weltweit genutzt werden, umso eher lohnt sich ein zentrales Stammdatenmanagement. Ein sogenanntes Mastermandantenkonzept ermöglicht, globale Stammdaten zentral vorzuhalten, sie zu pflegen und in die lokalen Mandanten zu replizieren. Dabei muss durchaus zwischen globalen und lokalen Stammdaten differenziert werden – sei es bei der gezielten Anreicherung globaler Stammsätze um lokale Feinheiten oder auch bei der zwingend lokalen Verwaltung von Stammdaten, wie etwa der Parametrierung landesspezifischer Steuergesetze. Die gemeinsame Abstimmung und Erarbeitung dieses Stammdatenkonzepts ist in vielen Fällen aufwendig – macht aber oft die Potenziale eines global einheitlichen ERP-Systems erst sicht- und nutzbar.

8. Oberflächen möglichst in Landessprache
Benutzeroberflächen und Menüs in englischer Sprache sind heute weit verbreitet, da Englisch in international agierenden Unternehmen oft Konzernsprache ist. Einfacher von der Hand geht den Mitarbeitern die Arbeit aber mit Masken in Landessprache. Bietet der ERP-Anbieter keine fertige Sprachversion an, sollte er zumindest ein Übersetzungs-Kit bereitstellen.“