Um durchschnittlich 81 Prozent könnten die sendungsbezogenen Kosten der Lkw-Maut in der Stückgutlogistik ab 1. Dezember 2023 steigen. Dies geht aus einer vom DSLV Bundesverband Spedition und Logistik in Auftrag gegebenen Untersuchung zu den Auswirkungen der jetzt beschlossenen Mautgesetzgebung auf die Stückgut- und Systemlogistik hervor. Mit der letzten Anhebung der Mautsätze zum 1. Januar 2023 ergebe sich sogar ein kumulierter Anstieg der Mautkosten bei den Systemverkehren um durchschnittlich 93 Prozent. Laut der Studie könnten die bei den Sammelgutspeditionen zum Jahresende anfallenden Mautkosten in Spitzen sogar um mehr als 100 Prozent steigen. Die große Varianz sei vor allem abhängig von den Depotstandorten, dem Anteil mautpflichtiger Strecken bei den Nahverkehrstouren und von den in den jeweiligen Netzwerken eingesetzten Fahrzeuggrößen.
Mit modernsten EURO VI-Fahrzeugen führen die Systemlogistiker heute Sammeltransporte (consolidated cargo) zwischen den Stückgut-Verteilzentren und Depots im Fernverkehr durch. Auch für diese technisch ausgereiften Langstrecken-Flotten könnten die Mautkosten im Lkw-Hauptlauf zum Jahresende ansteigen.
„Ein schneller Umstieg auf Zero Emission Vehicle im Fernverkehr ist dringlicher denn je, aber immer noch illusorisch“, sagt DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster angesichts hoher Kosten und nicht rückläufiger CO2-Emissionen. Allerdings: „Es fehlt der Strom. Es fehlen die Power Charger. Es fehlen die Flächen. Und jetzt fehlt auch noch die Perspektive für verlässliche staatliche Anschaffungsförderungen, die Grundlage für Investitionen der überwiegend mittelständisch strukturierten Stückgutkooperationen in die drei- bis fünfmal so teuren emissionsfreien Fahrzeugalternativen sind“, kritisiert Huster.
Aus dem jetzt verabschiedeten Dritten Gesetz zur Änderung mautrechtlicher Vorschriften ergeben sich dem Verband zufolge auch spürbare Kostensprünge im Nah- und Verteilerverkehr.
„Aufgrund seiner geringeren Radien ist der Nahverkehr geradezu prädestiniert für die Elektromobilität“, erläutert Huster und schränkt gleichzeitig ein: „Auch hier Fehlanzeige beim schnellen Antriebswechsel. Durch den schleppenden Ausbau grundlastfähiger Stromnetze zu den Stückgut-Verteilzentren und Depots, begleitet von einem realitätsfernen KsNI-Förderproramm kommen viele Unternehmen selbst im Verteilerverkehr über eine elektro-mobile Pilotphase nicht hinaus. Und damit bleiben sie in der Mautkostenfalle stecken.“
Eine Nahverkehrstour mit einer Länge von durchschnittlich 200 Kilometer werde aktuell bereits zu 82,6 Prozent auf mautpflichtigen Straßen durchgeführt. Huster: „Damit sind Mautausweichverkehre pure Theorie.“ Ab Dezember entfallen laut DSLV 42 Prozent der Gesamtmautkosten einer Durchschnittssendung in der Stückgutlogistik auf den regionalen Verteilerverkehr. Durch eine Änderung der Bemessungsgröße im Mautgesetz von „höchstzulässigem Gesamtgewicht“ in „technisch zulässige Gesamtmasse“ werde der Kreis der mautpflichtigen Nahverkehrsfahrzeuge zum 1. Dezember 2023 noch größer: bislang auf 7,49 Tonnen „abgelastete“ Fahrzeuge werden zum Stichtag als 7,5 Tonnen-Fahrzeuge klassifiziert – und auch 11,99-Tonner springen in die nächsthöhere und damit teurere Mautklasse, heißt es vonseiten des Verbands.
Hinzu käme, dass ab dem 1. Juli 2024 auch Zustellfahrzeuge ab 3,5 Tonnen technisch zulässiger Gesamtmasse die Lkw-Maut entrichten müssen. In der zweiten Hälfte des kommenden Jahres werde der durchschnittliche prozentuale Kostenzuwachs der Lkw-Maut dadurch von 81 auf 88 Prozent je Sendung springen.
Auswertung mit 2.160 Fahrzeugen
An der Mautkostenanalyse im Auftrag des DSLV haben sich zwölf Stückgutnetzwerke mit 42 Depot-Standorten in sämtlichen Regionen Deutschlands beteiligt. Hierfür hat das vom Verband beauftragte Beratungsunternehmen Forlogic die Daten von 2.160 Fahrzeugen und Tourenprofilen sowie 230.000 Sendungen ausgewertet. Ziel der Studie sei es, Transparenz über die betrieblichen Mautkostenstrukturen und -höhen in den Systemnetzen herzustellen.
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