Nach langem Ringen haben sich am 12. Februar Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) auf ein deutsches Lieferkettengesetz geeinigt: Ein Gesetz, das große deutsche Unternehmen zur Einhaltung menschenrechtlicher und ökologischer Mindeststandards entlang der Lieferkette verpflichtet, soll noch in dieser Legislaturperiode zur Abstimmung im Bundestag vorgelegt werden. Vorgesehen ist, dass das Gesetz am 1. Januar 2023 in Kraft tritt und zunächst nur für die rund 600 deutschen Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten greift. Ab 2024 soll es auf deutsche Firmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten erweitert werden – insgesamt gibt es davon rund 3.500.
Damit ist das Gesetz ein Kompromiss aus den Vorstellungen der beteiligten Ministerien. Altmaier, der eine zu starke Belastung der deutschen Wirtschaft in Coronazeiten befürchtete, setzte neben einem verzögerten Geltungsbeginn auch durch, dass das Gesetz nun über keine erweiterte zivilrechtliche Haftung für Unternehmen verfügt. Vereinfacht werden soll über eine „Prozessstandschaft“ jedoch die Möglichkeit, dass Menschenrechtsgruppen oder Gewerkschaften stellvertretend für Betroffene Gerichtsverfahren anstrengen. In erster Linie sollen Verstöße nun allerdings mit Bußgeldern in noch nicht definierter Höhe geahndet werden, die das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle verhängt. Zudem droht für belangte Unternehmen für bis zu drei Jahre der Ausschluss von öffentlichen Vergabeverfahren.
Entsteht ein regulativer Flickenteppich?
Mehrere Industrieverbände äußerten sich skeptisch gegenüber den Plänen der Bundesregierung und warnten vor nationalen Alleingängen. Man begrüße zwar, dass die Bundesregierung von einer zivilrechtlichen Haftung für Menschenrechtsverstöße entlang weit verzweigter Lieferketten Abstand genommen habe, äußerte sich etwa Hildegard Müller, Präsidentin des Verband der Automobilindustrie (VDA).
„Für den VDA ist nun aber eine einheitliche europäische Regelung zur Sicherstellung des Schutzes von Menschenrechten entlang der Lieferkette zwingend“, so Müller in einem Statement vom 12. Februar weiter. „Nationale Alleingänge führen zu einem regulativen Flickenteppich in Europa und weltweit, der insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen überfordert.“
Die Bundesregierung müsse sich dafür einsetzen, dass auch in Brüssel eine praktikable Lösung gefunden werde, die sich an der deutschen Regelung orientiere.
Ähnlich äußerte sich der Verband der Chemischen Industrie in einer Erklärung vom 12. Februar.
„Lieferketten sind komplexe Gebilde, die oft Tausende Vorprodukte und Lieferanten enthalten. Daher braucht eine international verflochtene Industrienation wie Deutschland auch internationale und vor allem praxisorientierte Ansätze“, so VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup.
Bestehende Brancheninitiativen einbinden
Mit einem deutschen Alleingang konterkariere man die große Chance einer europäischen Lösung. Ein guter Schritt sei nach Ansicht des Verbandes hingegen die Einbeziehung bestehender Brancheninitiativen wie „Chemie³“ oder „Together for Sustainability“, die bereits Standards und Leitfäden zur Wahrung von Menschenrechten entlang der Lieferkette erarbeitet hätten.
Die „schlimmsten Fehler“ des Sorgfaltspflichtengesetzes seien mit dem Verzicht auf die zivilrechtliche Haftung von Unternehmen und der Eingrenzung des Geltungsbereichs auf direkte Zulieferer zwar ausgemerzt, argumentierte Thilo Brodtmann, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), am 12. Februar in einem Statement. Doch auch der neue Anlauf werde für Unternehmen spürbar mehr Demokratie und Belastung darstellen.
„Dass das Gesetz zunächst nur für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern gilt, ist (…) nur ein schwacher Trost. Denn die bereits vorgesehene Absenkung auf 1.000 Mitarbeiter wird viele industrielle Mittelständler erfassen“, so Brodtmann weiter.
Zusatzbelastungen für KMU vermeiden
Es müsse sichergestellt werden, dass die großen Unternehmen ihre Anforderungen zur Lieferkette nicht auf kleine und mittelständische Unternehmen in Europa abwälzen.
Dr. Uwe Mazura, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der deutschen Textil- und Modeindustrie, mahnte in einem Statement an, die Bundesregierung dürfe die Notlage deutscher Textilunternehmen über einem möglichen Lieferkettengesetz nicht aus der Augen verlieren:
„Bemerkenswert ist, wie viele Kapazitäten die Bunderegierung für ein neues Gesetz hat, während unsere Unternehmen seit Monaten auf Corona-Hilfen warten und ihre werthaltige Mode in den geschlossenen Geschäften nicht verkauft werden kann“, argumentierte Mazura.
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