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Lieferkettengesetz: Unternehmen ziehen mäßig positive Bilanz nach erstem Jahr

Zeitlicher und organisatorischer Aufwand, Transparenz sowie die Datenqualität sind die größten Herausforderungen bei der Umsetzung des LkSG, so eine Studie von BME und IntegrityNext. 

Ein Herz für ESG: Immer mehr Unternehmen veröffentlichen Nachhaltigkeitsberichte, so eine Umfrage von BME und IntegrityNext. (Symbolbild: Balcksalmon /AdobeStock)
Ein Herz für ESG: Immer mehr Unternehmen veröffentlichen Nachhaltigkeitsberichte, so eine Umfrage von BME und IntegrityNext. (Symbolbild: Balcksalmon /AdobeStock)
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Therese Meitinger

Unternehmen sehen einen bedeutenden Hebel für mehr Nachhaltigkeit in ihrer Lieferkette. Das gaben 66 Prozent der Befragten im Rahmen einer Studie an, die IntegrityNext, ein Cloud-Lösungsanbieter für das Management von Nachhaltigkeit in der Lieferkette, gemeinsam mit dem Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) am 16. Januar veröffentlicht hat. Darin wurden laut einer Pressemitteilung insgesamt 244 Unternehmen, darunter vorwiegend Mitgliedsunternehmen des BME, zur Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) befragt. In der mittlerweile dritten Ausgabe der Studie können die Unternehmen nun zum ersten Mal von ihren praktischen Erfahrungen mit dem LkSG berichten.

Das LkSG ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten und hat sich auf die Fahnen geschrieben, nachhaltiges und verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln entlang der gesamten Lieferkette zu etablieren. Es regelt umfangreiche Sorgfalts- und Berichtspflichten der Unternehmen bezüglich ihrer Lieferkette. Dem Gesetz unterliegen seit dem 1. Januar 2023 alle Unternehmen mit Sitz in Deutschland und mehr als 3.000 im Inland Beschäftigten sowie seit dem 1. Januar 2024 auch Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitern. 

Trend zum Nachhaltigkeitsbericht

Unternehmen erkennen den Studienergebnissen zufolge zunehmend den Wert ihrer Lieferkette. Zwei Drittel der befragten Unternehmen sehen in der Befragung in ihrer Lieferkette einen entscheidenden Hebel für mehr Nachhaltigkeit. Bei Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern steigt diese Zahl sogar auf 82 Prozent. 

Gesetzliche Vorgaben und das Inkrafttreten des LkSG haben laut BME und IntegrityNext merklich zur Datenerhebung in der Lieferkette sowie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung beigetragen. Während in der Vorgängerstudie 2021 nur 25 Prozent der Befragten angaben, einen Nachhaltigkeitsbericht zu veröffentlichen, liegt die Zahl mittlerweile bei 46 Prozent. Auch hier ist der Unterschied in der Unternehmensgröße erkennbar: Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern veröffentlichen in 80 Prozent der Fälle einen Nachhaltigkeitsbericht. 

Nächste Stufe der Umsetzung des Lieferkettengesetzes

Mit der nächsten Stufe der Umsetzung des LkSG steigt nun auch der Druck auf Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitern, ihre Lieferketten genauer unter die Lupe zu nehmen. Insgesamt beurteilen in der Studie bereits mehr als drei Viertel (78 Prozent) aller Befragten ihre Lieferanten eingehend auf Nachhaltigkeitsaspekte oder planen dies zu tun. Unter den Gruppen, die bereits jetzt vom LkSG betroffen sind, liegt die Zahl sogar bei 87 Prozent (mehr als 3.000 Mitarbeiter) beziehungsweise bei 83 Prozent für Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitern. KMU (weniger als 1.000 Angestellte) liegen mit 66 Prozent noch weiter zurück. Der Fokus auf unmittelbare Lieferanten hat dabei in den vergangenen Jahren stark zugenommen (Anstieg von 29 Prozent 2022 auf 50 Prozent 2023) ebenso wie die Untersuchung von Hochrisikolieferanten (Anstieg von 32 Prozent 2022 auf 44 Prozent 2023).   

Bilanz der Unternehmen nach Einführung des LkSG

Bisher ziehen Unternehmen der Erhebung zufolge eine mäßig positive Bilanz zum ersten Jahr des Gesetzes. Mit Kernelementen wie dem Aufbau eines Risikomanagementsystems (58 Prozent) und der Durchführung regelmäßiger Risikoanalysen (41 Prozent) bei allen direkten Lieferanten haben die bereits 2023 betroffenen Unternehmen gute beziehungsweise sehr gute Erfahrungen gemacht. 38 Prozent aller befragten Unternehmen geben außerdem an, das LkSG helfe ihnen signifikant dabei, Nachhaltigkeit im Unternehmen und der Lieferkette in der Praxis voranzutreiben. 

Schwierigkeiten sehen bereits betroffene Firmen laut der Studie jedoch vor allem in Bereichen wie dem Ergreifen von Abhilfemaßnahmen zur Risikominimierung und bei der Umsetzung der Sorgfaltspflichten bei mittelbaren Zulieferern. Weniger als ein Drittel (30 Prozent) der Befragten gab an, damit gute bis sehr gute Erfahrungen gesammelt zu haben. Mit der Umsetzung der Sorgfaltspflichten bei mittelbaren Zulieferern haben lediglich 14 Prozent gute bis sehr gute Erfahrungen gemacht. Dies könnte daran liegen, dass es für Unternehmen zunehmend schwierig ist, Transparenz über unmittelbare Lieferanten hinaus zu gewinnen, vermuten BME und IntegrityNext. 

Rolle von ESG-Risikomanagementsystemen

Um die Lieferkette monitoren zu können, benötigen Unternehmen ein funktionierendes Risikomanagementsystem für ESG-Belange. Hier hat sich laut der Umfrage in den letzten Jahren einiges getan. Mittlerweile geben 80 Prozent der Befragten an, ein solches System in Planung oder bereits implementiert zu haben. 2021 lag diese Zahl noch bei 57 Prozent. Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern haben auch hier die Nase vorne: 99 Prozent beantworten diese Frage mit „Ja“ und erfüllen somit maßgeblich eine der Kernanforderungen des LkSG. 

Das Monitoring der Lieferkette ist komplex. Deshalb nutzen laut Studienangaben 84 Prozent der Unternehmen Softwarelösungen, um beispielsweise Daten-Risikoanalysen durchzuführen oder Reportings zu erstellen. 88 Prozent der Softwarenutzer setzen dabei auf Drittanbieter. Als wesentliche Vorteile vom Einsatz von Technologie nennen Unternehmen vor allem einfachere Prozesse, Zeitersparnis und Transparenz.

Herausforderungen bleiben

Trotz aller Bemühungen beschränken sich Einblicke in die Lieferkette bisher oft auf direkte Zulieferer. Der Überblick über die gesamte Lieferkette bleibt eine Herausforderung, da komplexe Lieferkettenbeziehungen oftmals die notwendigen Einblicke erschweren. Insgesamt haben mehr als drei Viertel der Befragten (76 Prozent) zumindest teilweise Transparenz über ihre direkten Zulieferer. Allerdings ist zu bedenken, dass bedeutende Nachhaltigkeitsrisiken wie Zwangs- oder Kinderarbeit in vielen Branchen auf den untersten Lieferkettenebenen zu verorten sind. 

 Für Unternehmen mit 3.000 oder mehr Mitarbeitern stellt zudem die Qualität der benötigten Daten eine große Herausforderung dar (50 Prozent). Daneben sehen Unternehmen zeitlichen und organisatorischen Aufwand als die größten Hürden bei der Einhaltung der Sorgfaltspflichten. Besonders überraschend: Nur ein Zehntel der bereits betroffenen Unternehmen nimmt die Berichterstattung als Herausforderung wahr. Kosten und budgetäre Fragen nennen nur 13 Prozent als negativen Aspekt.

 Doch auch Unternehmen, die vor der Umsetzung des LkSG stehen, haben laut der Erhebung noch großen Handlungsbedarf. So fühlen sich nur 22 Prozent von ihnen gut oder sehr gut vorbereitet, regelmäßige Risikoanalysen ihrer unmittelbaren Zulieferer durchzuführen. Nur ein Viertel der zukünftig betroffenen Unternehmen sehen der geforderten Dokumentation und Berichterstattung gut bis sehr gut vorbereitet entgegen. Hier gilt es Unternehmen aus den Erfahrungen anderer lernen zu lassen und die richtigen Tools und Prozesse rechtzeitig einzuführen. 

Vorbereitung auf europäische Initiativen

Gesetzliche Sorgfalts- und Berichtspflichten sollen bald auch auf EU-Ebene einheitlich geregelt werden. Die europäischen Richtlinien CSRD und CSDDD werfen bereits ihre Schatten voraus und Unternehmen in Deutschland bereiten sich vor. 83 Prozent der Unternehmen, die grundsätzlich nicht direkt vom LkSG betroffen sind, gaben an, die Anforderungen trotzdem ganz oder teilweise umsetzen zu wollen. Fast die Hälfte dieser Befragten (47 Prozent) tut dies als Vorbereitung auf europäische Richtlinien. Druck kommt jedoch nicht nur von Europa-Ebene, sondern auch von Kunden, die mehr soziale Verantwortung erwarten.

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