Krisenlogistik: Was die Logistik von einem Krisenprofi lernen kann

Worauf es beim Aufbau logistischer Strukturen im Katastrophenfall ankommt und was das Wirtschaftsfeld sich von der Krisenlogistik abschauen kann, weiß der Spezialdienstleister Ecolog.

Bei humanitären ebenso wie Naturkatastrophen sind es hochspezialisierte Anbieter wie Ecolog, die Regierungen und Nichtregierungsorganisationen logistisch unter die Arme greifen. (Foto: Ecolog)
Bei humanitären ebenso wie Naturkatastrophen sind es hochspezialisierte Anbieter wie Ecolog, die Regierungen und Nichtregierungsorganisationen logistisch unter die Arme greifen. (Foto: Ecolog)
Therese Meitinger

„Die Krisen sind uns in den letzten Jahren räumlich nähergekommen“, sagt Christoph Schäfer, Vice President Business Development bei dem in Düsseldorf gegründeten Spezialisten für integrierte Dienstleistungen und Eillogistik Ecolog International. Lagen die Einsatzgebiete des Unternehmens traditionell in Mali, Afghanistan oder Haiti, sind es heute auch der Ukrainekrieg, die Flutkatastrophe im Ahrtal oder die Coronapandemie mitten in Europa. Bei humanitären ebenso wie bei Naturkatastrophen sind es hoch spezialisierte Anbieter wie Ecolog, die Regierungen und Nichtregierungsorganisationen logistisch unter die Arme greifen. Worauf kommt es an, wenn man Projekte in solchen Größenordnungen und vor allem unter solchem Zeitdruck umzusetzen hat? Kann die Logistikbranche von einem Krisenlogistiker wie Ecolog lernen?

Ecolog, gegründet 1998 als Dienstleister für die Bundeswehr auf der ersten internationalen Friedensmission ihrer Geschichte im Kosovo, hat heute bis zu 10.000 Mitarbeiter auf der ganzen Welt und erledigt in 40 Ländern die logistische „letzte Meile“ für Kunden wie die Nato, die Vereinten Nationen, Regierungen oder auch kommerzielle Unternehmen. Das Unternehmen bringt Strom und Wasser in Erdbebengebiete, kocht für Soldaten im Einsatz, stampft innerhalb weniger Wochen Hunderte Flüchtlingsunterkünfte oder Corona-Test- und Impfzentren aus dem Boden oder liefert 750 Lkw voller Nahrungsmittel in die Ukraine.

Eine Krise kann nicht geplant, aber vorbereitet werden

 „Wir arbeiten mit Krisen, daher sind unsere Einsätze von vornherein darauf ausgelegt, endlich zu sein“, so Christoph Schäfer. Trotzdem ist bei Ecolog fast jedes Projekt ein Notfall, Lösungen sind nur dann Lösungen, wenn sie extrem schnell zur Verfügung stehen.

„Eine Krise bleibt eine Krise und kann nicht geplant werden. Um aber im Nothilfefall schnell zu sein, muss man auf Szenarien vorbereitet sein. Das gelingt uns aufgrund unserer nun 20-jährigen Erfahrung mit komplexen Einsätzen; das gelingt uns aber auch, weil wir verstanden haben, dass jede Krise zwar einzigartig in ihrer Anforderungsstruktur ist, dass es aber dennoch gleichlaufende Faktoren gibt. Da ist es fast egal, ob wir Lebensmittel, Wasser oder Stromversorgung in eine von einem Erdbeben oder einer Überschwemmung heimgesuchte Region bringen, Unterkünfte und Wäscheservice für Soldaten im Einsatz oder für Flüchtlingslager besorgen oder ob wir Corona-Testzentren aufbauen. Es gilt vor allem, interne und externe Prozesse zu standardisieren und klare Planmaßnahmen zu definieren.“

Erfahrung und Struktur in den eigenen Geschäftsabläufen sind ein Teil des Puzzles. Ein weiterer ist das richtige Personal. Zelte und Generatoren kann man vorrätig haben, resiliente Lieferketten für den Einkauf von Nahrungsmitteln können aufgebaut werden, doch die komplexeste Herausforderung ist es, überall auf der Welt die richtigen Personen in den Einsatz zu bringen. Häufig ist hier Spezialausbildung medizinischer, technischer oder sonstiger Art notwendig – und die Bereitschaft, sich in ein weit entferntes Krisengebiet zu begeben. Ecolog adressiert die Personalfrage durch eine Kombination aus einer nennenswerten eigene Personaldecke und einem etablierten Netzwerk aus Personaldienstleistern. „Am Ende ist unser Erfolgsrezept unsere Erfahrung und unsere Größe. Wir können zuverlässig da liefern, wo andere einfach nicht die entsprechende Bandbreite haben“, erklärt Schäfer.

Gute Prozesse brauchen Dokumentation und Digitalisierung

Mit einer gewissen Größe und Relevanz geht auch Verantwortung einher, dessen ist man sich bei Ecolog bewusst, gerade weil es in Krisen schnell gehen muss und die dann Verantwortlichen nicht die Zeit haben, lange das Kleingedruckte zu lesen. „Gute Prozesse bedeuten für uns auch, dass etwa bei den über 500 Coronateststationen, die wir binnen weniger Wochen in Deutschland, Belgien, den Niederlanden und Frankreich hochgezogen haben, bis ins kleinste Abrechnungsdetail alles völlig transparent und lückenlos nachweisbar ist – die Grundlage hierfür sind modernste digitale Lösungen“, so Schäfer.

Auch wenn jedes Projekt ein Notfall ist: Ecolog hat sich darüber hinaus auf die Fahne geschrieben, auch in der größten Katastrophe nicht alle Gedanken an Nachhaltigkeit über Bord zu werfen. „Wir setzen eben nicht auf die ältesten Dieselgeneratoren, die irgendwo noch herumstehen; unsere Unterkünfte etwa sind mit Fotovoltaik und Wärmekopplung ausgestattet. In den Lieferketten setzen wir auf Regionalität und kurze Wege – egal wo auf der Welt wir arbeiten.

Und was kann man noch von der Krisenlogistik lernen? „Krisenlogistik bedeutet, enorm in Vorleistung zu gehen – finanziell und strukturell“, sagt Christoph Schäfer. „Man muss lernen, Muster zu identifizieren und sich mit dem entsprechenden Aufwand vorzubereiten. Zwar ist keine Krise wie die andere, aber jeder Einsatz, den wir meistern, macht uns klüger für den nächsten.“

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