Kreislaufwirtschaft: Audi möchte altes Autoglas wiederverwenden

In einem Pilotprojekt möchte der Autobauer einen Prozess zur Aufbereitung von beschädigten Autoscheiben und Panoramadächern etablieren.

Der Autobauer Audi möchte aus beschädigtem Autoglas neue Scheiben für eines seiner E-Modelle herstellen. (Foto: Audi)
Der Autobauer Audi möchte aus beschädigtem Autoglas neue Scheiben für eines seiner E-Modelle herstellen. (Foto: Audi)
Sandra Lehmann

Der Automobilhersteller Audi, Ingolstadt, arbeitet im Rahmen eines Pilotprojektes an einem geschlossenen Materialkreislauf für beschädigtes Autoglas. Das gab das Unternehmen am 25. April in einer Pressemeldung bekannt. Demnach möchten die Ingolstädter gemeinsam mit den Partnerunternehmen Reiling Glas Recycling, Saint-Gobain Glass und Saint-Gobain Sekurit aus bereits verwendetem Autoglas einen Wertstoff für die Serienproduktion machen und dafür einen mehrstufigen Prozess etablieren: Die Autoscheibe werde dabei mittels eines Recyclingprozesses zunächst zerkleinert. Anschließend werden alle glasfremden Störstoffe wie Kleberreste aussortiert. Das so gewonnene Glasgranulat werde eingeschmolzen und zu neuem Flachglas verarbeitet. Aus diesem Flachglas entsteht dann eine neue Autoscheibe. Verläuft dieser Pilot erfolgreich, sollen Audi zufolge die so hergestellten Scheiben perspektivisch für die Modelle der Audi „Q4 e-tron“-Baureihe verwendet werden.

Rohstoffe in den Produktionsprozess zurückführen

Mit diesem Pilotprojekt stellt sich Audi nach eigenen Aussagen gemeinsam mit seinen Partnerunternehmen der Herausforderung, einen bilanziell, also auf CO2-Aquivalente berechneten, geschlossenen Materialkreislauf für Autoglas zu etablieren. Das Vorhaben sei Teil der Circular-Economy-Strategie von Audi. Das Unternehmen betrachte seine Produkte über den gesamten Lebenszyklus. Eingesetzte Rohstoffe sollen nach Nutzungsende möglichst wieder in den Produktionsprozess zurückgeführt werden. Bei Entwicklung und Herstellung könnten so Ressourcen geschont und die Umweltauswirkungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette reduziert werden. Bereits seit 2017 führt Audi nach Eigenangaben Aluminium-Verschnitte aus dem Presswerk in einem solchen bilanziell geschlossenen Kreislauf.

Mit Glas soll nun ein weiterer Materialkreislauf geschlossen werden.

„Unser Ziel ist es, überall dort Sekundärmaterial einzusetzen, wo es technisch möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist. Wir arbeiten daran, Materialien, auf die wir direkten Zugriff haben, in geschlossenen Kreisläufen zu führen“, sagt Marco Philippi, Leiter Beschaffungsstrategie bei Audi. „Alte Autoverglasung beispielsweise wird bislang nicht für die Produktion neuer Fahrzeugscheiben eingesetzt. Das wollen wir ändern.“

Die Wiederaufbereitung des beschädigten Glases führe dazu, dass insgesamt weniger Energie und Rohstoffe für die Herstellung von Scheiben aufgewendet werden müssen – schließlich ermöglicht der Einsatz von aufbereitetem Material eine Reduzierung des Bedarfs an Primärmaterialien wie beispielsweise Quarzsand. Diese so gefertigten Autoscheiben wolle Audi perspektivisch in der Serienproduktion der Audi Q4 e-tron Modelle verwenden. Potenzial sei ausreichend vorhanden: Wie Audi berichtet, wird bislang ein großer Teil der ausrangierten Autoscheiben oder Panoramadächer verwertet und beispielsweise zu Getränkeflaschen oder Dämmmaterialien weiterverarbeitet. Wenn es gelingt, beschädigte Autoscheiben wieder zu neuen Scheiben aufzubereiten, habe das mehrere Vorteile: Die Qualität des Autoglases bleibe erhalten. Auch einen positiven Effekt auf CO2-Emissionen gibt es. Im Vergleich zur Herstellung neuen Glases wird bei der Wiederaufbereitung bis zu 30 Prozent weniger Kohlenstoffdioxid emittiert, heißt es vonseiten des Automobilanbieters.

Im Pilotprojekt ist laut Audi erst einmal die Aufbereitung von rund 40 Tonnen an recyceltem Autoglas anvisiert.

„Für uns ist dieser Kreislauf, aus alten Autoscheiben neue herzustellen, ein wichtiger Schritt zu einer ressourcen- und energieschonenden Produktion von Autoglas“, sagt Dr. Markus Obdenbusch, verantwortlicher Produktionsleiter der Saint-Gobain Float am Standort Herzogenrath. „Wir stehen am Anfang der Betrachtung von Glas als Rezyklat und erwarten demzufolge weiteres Verbesserungspotenzial.“

Die drei beteiligten Partnerunternehmen wollen den Prozess laut eigenen Aussagen zunächst ein Jahr lang testen, um Erfahrungen zu Materialqualität, Stabilität und Kosten zu sammeln. Wenn das Glasrecycling wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll umgesetzt werden kann, sollen die Autoscheiben aus Sekundärmaterial in der Audi Q4 e-tron Baureihe eingesetzt werden.