Krankenhauslogistik: Künstliche Intelligenz siegt auf der med.Logistica DIGITAL

Das ausgezeichnete Projekt des Universitätsspitals Zürich nutzt KI, um Beschaffung und Sortimentsplanung zu optimieren.

Künstliche Intelligenz lässt sich beispielsweise verwenden, um den Bestand kritischer Arzneimittel zu erhöhen. (Foto: DimaSobko / Fotolia)
Künstliche Intelligenz lässt sich beispielsweise verwenden, um den Bestand kritischer Arzneimittel zu erhöhen. (Foto: DimaSobko / Fotolia)
Therese Meitinger

Das Universitätsspital Zürich (USZ) ist im Rahmen der med.Logistica DIGITAL am 5. Mai mit dem Leipziger Innovationspreis für Krankenhauslogistik 2021 ausgezeichnet worden. Geehrt wurde es für den Einsatz von KI-Applikationen in der Beschaffung und Sortimentsoptimierung. Die med.Logistica ging in diesem Jahr coronabedingt nicht als Fachmesse, sondern als dreistündige Online-Session med.Logistica DIGITAL über die Bühne.

„KI ist in der Krankenhauslogistik noch nicht angekommen, dabei handelt es sich um einen Bereich mit hoher Relevanz und Multiplikationsfähigkeit“, leitete Mit-Juror Prof. Dr.-Ing. Hubert Otten (Hochschule Niederrhein) in seiner Laudatio ein.

Umso bemerkenswerter sei das Vorreiterprojekt am USZ.

Keine Chance für Schläfer

Mit rund 8.500 Mitarbeitern und 43 Kliniken ist das USZ der größte Spitalkomplex in der Schweiz. Arzneimittel und medizinische Materialien werden in rund 160 dezentralen Modullagern mit Sortimenten von 200 bis mehr als 1.000 Artikeln bereitgehalten. Doch wie lässt sich ein interdisziplinär optimiertes Sortiment erstellen?

„Hier war es für uns vor allem wichtig, Schläfer, also bedarfsschwache unkritische Artikel zu identifizieren“, schilderte Christian Schläpfer, Projektleiter am USZ die Ausgangslage. „Die KI-Anwendung führt eine Analyse durch und schlägt eine Optimierung vor.“

Mit datenbasierten Bedarfsmustern werden Schläpfer zufolge Sortimente, zugehörige Sicherheitsbestände und Bestellmengen definiert. Grundlage für die reale Umsetzung sei ein interaktives Sortimentsdossier, mit dem Versorgungslogistik und Pflege gemeinsam und effizient die Sortimente überarbeiten können. So habe man die Sortimente in den einzelnen Modullägern um bis zu 40 Prozent verkleinern können: Einsparungen bei bedarfsschwachen, unkritischen Artikeln ermöglichten es dem USZ zufolge, Bestände bei kritischen Schnelldrehern zu erhöhen.

Datenanalyse sichert Maskenversorgung

KI setzt das Krankenhaus auch an anderer Stelle ein: Als sich zu Beginn der Corona-Pandemie abzeichnete, dass kritische Engpässe bei medizinischen Masken oder Schutzkleidung entstehen können, bildete man nicht nur eine Covid-19-Taskforce – sondern auch ein Datenanalyseteam. Die von Florentina Pichler, Qualitätsmanagement-Beauftragte SCM, geleitete Einheit sollte Methodiken entwickeln, um kritische Güter frühzeitig zu erkennen.

„Es ging darum, mithilfe von KI eine Entscheidungsgrundlage zur Priorisierung zu bilden und uns auf die Beschaffung von kritischen Artikeln zu konzentrieren“, erläuterte Pichler das Ausgangsszenario.

Schwierig auch: Wie lässt sich der Verbrauch von OP-Masken auf Basis des Bestands und Verbrauchsdaten von 2019 prognostizieren, wenn plötzlich Maskenpflicht herrscht und der Maskenverbrauch unverhältnismäßig steigt? Gemeinsam mit Projektpartner Prognosix, der auch KI-Anwendungen zur Sortimentsoptimierung beisteuerte, entwickelte das USZ ein „Covid Cockpit“ zur Bedarfsprognose von Schutzausrüstungen. Mittlerweile wurde es zum „SCM Cockpit“ erweitert, das automatisiert allgemeine Fallzahlerwartungen auf Materialbedarfe übersetzt.

Neben der Preisverleihung diskutierte auf der med-Logistica Prof. Dr. Michael Albrecht, Erster Vorstandsvorsitzender des Verbands der Universitätsklinika Deutschlands, mit Moderator Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff über Herausforderungen und Learnings der Krankenhauslogistik aus der Corona-Pandemie, Digitalisierung oder Nachhaltigkeit. Steffen Szlamma, Leiter der Logistik der Alb Fils Kliniken Service GmbH, berichtete von der „Digitalisierung des Zentrallagers der Alb Fils Kliniken in Göppingen“. „Digitale Medizinlogistik: Patientenzentrierte Harmonisierung von Prozessen und Systemen“ stellten Dr. med. Dr. oec. Martin Holderried, Geschäftsführer Zentralbereich Medizin des Universitätsklinikum Tübingen, Dr. Mirco Vitr, Geschäftsführer der IT4Process GmbH, und Massimo Fiamma, Bereichsleitung Beratung der SteriLog GmbH vor.

Eine ausführliche Berichterstattung zur med.Logistica DIGITAL finden Sie in LOGISTIK HEUTE 6/2021. Die Ausgabe erscheint am 11. Juni.

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