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KEP: In Wien setzt man auf Crowdsourcing Delivery

Fraunhofer Austria plant in Wien ein Pilotprojekt, im Rahmen dessen Fahrgäste Sendungen via öffentlichen Verkehrsmitteln von einer Packstation zur anderen mitnehmen. 

Pakete fahren Öffis: In Wien plant das Fraunhofer Austria ein Pilotprojekt zum Transport von Paketen in Bus, Bahn und Tram. (Foto: Fraunhofer Austria/T. Topf)
Pakete fahren Öffis: In Wien plant das Fraunhofer Austria ein Pilotprojekt zum Transport von Paketen in Bus, Bahn und Tram. (Foto: Fraunhofer Austria/T. Topf)
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Sandra Lehmann
(erschienen bei Transport von Christine Harttmann)

Ganz neu ist der Gedanke nicht: Einen Teil der Paketlieferungen in den ÖPNV verlagern. Damit soll das Klima geschützt und das Verkehrsaufkommen in der Stadt verringert werden. In Wien hat daher im vergangenen Jahr Fraunhofer Austria zusammen mit den Wiener Linien eine Machbarkeitsstudie dazu durchgeführt. Wie das Forschungsinstitut jetzt meldet, zeigte sich dabei eine große Bereitschaft der Fahrgäste, Pakete in der Straßenbahn mitzunehmen.

Daher will Fraunhofer Austria mit dem Projekt Öffi-Packerl an die Machbarkeitsstudie anknüpfen. Diesmal gehe es um die Ausarbeitung des konkreten Konzepts inklusive der Entwicklung der notwendigen App und der Paketstationen, die dank Solarenergie auch ohne Stromanschluss funktionieren sollen. Zugleich werde das Projekt auch auf andere, ländlichere Regionen in Österreich ausgedehnt, teilt das Forschungsinstitut mit.

Pakete-Boom in Corona-Zeiten

Der Anstieg der Online-Bestellungen, der sich in Corona-Zeiten noch verstärkt hat, führt zu einer wachsenden Paketflut. Weil das Gro der Auslieferungen bisher noch mit Lieferwägen erfolgt, leidet darunter der Klimaschutz. In den Städten belasten die Emissionen des Verkehrs die Lebensqualität der Menschen.

Es sei dringend nötig, daran etwas zu ändern, so die Forschenden bei Fraunhofer Austria. Für den Kleinpaketebereich haben sie nun die Idee des sogenannten Crowdsourcing Delivery entwickelt: Menschen, die sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln in der Stadt bewegen, nehmen freiwillig Sendungen von einer Paketstation zu einer anderen mit – Paket-to-go sozusagen. Passende Sendungen werden mithilfe einer App gefunden, in der die User ihre geplante Pendelstrecke angeben. Auch die Paketstation soll sich mithilfe der App öffnen lassen.

Damit der Pakettransport in der Straßenbahn in die Testphase gehen kann, ist allerdings noch einiges an Entwicklungsarbeit zu leisten. Zunächst werden die Experten von Fraunhofer Austria gemeinsam mit den Wiener Linien und der Firma Netwiss OG die Fahrgastströme analysieren. So sollen geeignete Straßenbahnlinien und die idealen Positionen der Paketstationen gefunden werden.

Daten, App und Co

Die notwendige App wird die Upstream – next level mobility GmbH entwickeln. Den Algorithmus, der in der Lage ist, die eingegebenen Fahrstrecken mit den passenden Paketen in Verbindung zu bringen, liefert das TU Wien-Institut für Computertechnik. Von der Österreichische Post AG stammen die Daten, mit denen sich die am besten geeigneten Strecken identifizieren lässt, und die Variocube GmbH entwickelt die energieautarken, modularen Paketboxen, die im Zuge der Testphase an bis zu acht Stellen aufgestellt werden sollen. Doch nicht nur in Wien soll das Konzept im Rahmen des Projekts ausgearbeitet und getestet werden. Mit GRT Spedition und Logistik und der Malerei Großbötzl seien auch zwei oberösterreichische Unternehmen mit im Boot.

„Über Wien hinausdenken und herausfinden, ob das Konzept auch für den ländlichen Raum geeignet ist“, will Projektleiter Matthias Hayek. „Die Zusammenarbeit mit der Malerei Großbötzl gibt uns die Gelegenheit, unsere Tests des nachhaltigen Verkaufsprozesses auch für die Umgebung von Ried im Innkreis durchzuführen.“

Das vom österreichischen Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) über die Österreichische Forschungsgesellschaft (FFG) geförderte Projekt „Öffi-Packerl: Entwicklung und Pilotierung eines Prototypen für die Abwicklung der letzten Meile im öffentlichen Verkehrssystem“ hat eine Laufzeit von knapp drei Jahren. Erste Testlieferungen sind für das Jahr 2024 avisiert. Wilfried Sihn, Geschäftsführer von Fraunhofer Austria, erklärte dazu:

„Einer unserer wichtigsten Schwerpunkte bei Fraunhofer Austria ist die Entwicklung von Konzepten für ein nachhaltiges Wirtschaften. Unsere Forschungstätigkeit umfasst dabei Themen wie die Planung grüner Fabriken ebenso wie nachhaltige Arbeitsplatzgestaltung oder klimafreundliche Logistik, um nur einige Beispiele zu nennen. Es freut mich, dass wir im Projekt ‚Öffi-Packerl‘ gemeinsam mit einem starken Konsortium einen so vielversprechenden Ansatz der grünen Logistik weiterverfolgen werden.“

Potenziale des ÖPNV Öffnen

Ruzica Cavala, Projektleiterin bei der Österreichische Post AG sagt zum Projekt, ergänzte:

„Bei professioneller Logistik handelt es sich um einen komplexen Prozess, der oftmals unbemerkt vor den Augen der Kunden stattfindet. Mit diesem Forschungsprojekt wollen wir den Prozess erstmals öffnen und gemeinsam prüfen, welche Potenziale der öffentliche Nahverkehr bietet, wenn er an die leistungsfähige Infrastruktur der Post angebunden wird.“

Dass bei den Wiener Linien Innovation und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen, betont deren Geschäftsführerin Alexandra Reinagl:

„Genau hier setzt das neue Forschungsprojekt ‚Öffi-Packerl‘ an. Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie haben gezeigt, wie groß das Interesse an klimafreundlicher Paketzustellung bei unseren Fahrgästen ist. Jetzt gilt es die Rahmenbedingungen abzustecken und gemeinsam mit den Forschungspartnern auszuloten, was möglich ist. Als Wiener Linien blicken wir sehr gespannt auf die nächsten Schritte des Projekts.“

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