Intralogistik: Fraunhofer IML und Kion Group wollen den „LoadRunner“ industrialisieren
Das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML in Dortmund und der Intralogistikkonzern Kion Group arbeiten künftig zusammen, um das in hochdynamischen Schwärmen verkehrende fahrerlose Transportfahrzeug „LoadRunner“ weiterzuentwickeln und zu industrialisieren. Die Kion Group lizenziere die „LoadRunner“-Technologie des Fraunhofer IML für den Einsatz in ihrer Unternehmensgruppe, hieß es am 7. September gegenüber der Presse. In einem gemeinsamen Enterprise Lab wollen die Partner nun den LoadRunner auf „ein neues Level heben“.
„Mit seiner künstlichen Intelligenz wird der LoadRunner zur Blaupause der Intralogistikbranche auf dem Weg in eine in Echtzeit vernetzte, digitale Plattformökonomie“, sagte Professor Michael ten Hompel, geschäftsführender Institutsleiter des Fraunhofer IML. „Die Fahrzeugschwärme vereinen die Fähigkeiten von leistungsfähiger Sortier- und Fördertechnik mit den Potenzialen autonomer KI-basierter Systeme.“ Der Start des gemeinsamen Enterprise Labs mit der Kion Group unterstreiche eindrucksvoll das disruptive Potenzial dieser Technologie, so ten Hompel. „Mit Kion haben wir einen Think Tank der Intralogistik als Partner gewonnen, der mit dem LoadRunner weltweit Märkte erschließen wird.“
„Künstliche Intelligenz revolutioniert die Branche, und daran wirken wir aktiv mit. Der Ausbau der künstlichen Intelligenz für unsere Produkte und Softwarelösungen ist ein wichtiger Bestandteil unserer Strategie ›KION 2027‹“, so Gordon Riske, Vorstandsvorsitzender der Kion Group AG. „Die innovative LoadRunner-Technologie und die Partnerschaft mit dem Fraunhofer IML werden uns dabei helfen, die Abläufe in den Warenlagern unserer Kunden noch einfacher, schneller und effizienter zu gestalten – eine große Erleichterung für die Logistikteams vor Ort und eine deutliche Steigerung der Wirtschaftlichkeit.“
Laufzeit von mindestens drei Jahren
Im Enterprise Lab am Fraunhofer IML in Dortmund sollen acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beider Partner gemeinsam an der Weiterentwicklung der LoadRunner-Technologie arbeiten. Das Lab, das für eine Laufzeit von mindestens drei Jahren ausgelegt ist, werde voraussichtlich noch in diesem September seinen Betrieb aufnehmen, hieß es. Nach Informationen von LOGISTIK HEUTE ist das neue Enterprise Lab das bisher größte am Fraunhofer IML in Dortmund.
Aktuell kann sich den Angaben zufolge ein LoadRunner hochdynamisch mit bis zu zehn Meter pro Sekunde im Schwarm bewegen und bei Bedarf können sich mehrere Fahrzeuge und bis zu vier passive Anhänger untereinander magnetisch zusammenkoppeln, um große und sperrige Teile zu transportieren. Mit seiner Dynamik und seinem omnidirektionalen Fahrwerk sei der LoadRunner prädestiniert für die Sortier- und Verteilprozesse. Die Lastabgabe erfolgt ohne zusätzliche Aktorik ausschließlich mittels Trägheit beim Abbremsen des Fahrzeugs. Der einzelne LoadRunner kann Lasten bis zu einem Gewicht von etwa 30 Kilogramm allein transportieren und sortieren. Somit lässt er sich zum Beispiel auch für den Transport und die Sortierung von Gepäckstücken an Flughäfen einsetzen.
60 LoadRunner, 10.000 Sendungen pro Stunde
Der vom Fraunhofer IML entwickelte LoadRunner hatte im Rahmen eines vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) geförderten Projekts beim Digital-Gipfel 2019 seinen ersten großen Auftritt. Im September 2020 lieferte eine durchgeführte Untersuchung zum Einsatz des LoadRunners für die Paketsortierung laut Fraunhofer IML die ersten vielversprechenden Ergebnisse: Mit nur 60 Fahrzeugen lassen sich theoretisch deutlich über 10.000 Sendungen pro Stunde sortieren. Damit erreichen 60 LoadRunner den Angaben zufolge bereits Leistungsbereiche von klassischen Sortiersystemen. Im Gegensatz zu diesen benötige der LoadRunner jedoch wesentlich weniger fest installierte Infrastruktur und biete eine deutlich schnellere Inbetriebnahme, dynamische Leistungsanpassung und höhere Skalierbarkeit.
Die technischen Daten des LoadRunner-Prototyps auf einen Blick:
- Omnidirektionales Fahrwerk
- 4 Direktantriebe, 14,4 kW Leistung, kein Getriebe
- maximale Geschwindigkeit 10 m/s (theoretische Höchstgeschwindigkeit: 25 m/s)
- Beschleunigung bis 5 m/s²
- Nutzlast: circa 30 Kilogramm
- Kamera zur Lokalisierung (400 Bilder pro Sekunde)
- Ladungssicherung durch hochdynamische Ausrichtung anhand des Beschleunigungsvektors
Fahrzeugschwärme in der Silicon Economy
„In der ,Silicon Economy', der digitalen Plattformökonomie der Zukunft, werden sich Fahrzeugschwärme selbst organisieren und mit Menschen, anderen Schwärmen und Plattformen kommunizieren, um ihre Mission zu erfüllen“, so Fraunhofer IML-Institutsleiter ten Hompel. Der LoadRunner sei dank künstlicher Intelligenz in der Lage, selbstständig Aufträge anzunehmen und zu verhandeln – und damit „eine Revolution für die Logistik“.
Thema beim Zukunftskongress Logistik 2021
Der LoadRunner und die Silicon Economy werden auch Thema auf dem „Zukunftskongress Logistik – 39. Dortmunder Gespräche“ von Fraunhofer IML und Digital Hub Logistics sein. Der Zukunftskongress Logistik geht vom 14. bis 16. September digital und mit kostenfreier Teilnahmemöglichkeit über die Bühne.
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