Infrastruktur: Bau der Fehmarnbeltquerung kann starten

Bundesverwaltungsgericht weist Klagen gegen den Baubeginn auf deutscher Seite ab.

Das Großprojekt Fehmarnbeltquerung umfasst eine Kombination aus Eisenbahn- und Straßentunnelbauwerk. (Foto: A. Togror/Femern A/S)
Das Großprojekt Fehmarnbeltquerung umfasst eine Kombination aus Eisenbahn- und Straßentunnelbauwerk. (Foto: A. Togror/Femern A/S)
Sandra Lehmann

Das Bundesverwaltungsgericht hat am 3. November 2020 die Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss für die Errichtung der Festen Fehmarnbeltquerung abgewiesen. Das gab die Berliner Rechtsanwaltskanzlei CMS Hasche Sigle Partnerschaft von Rechtsanwälten und Steuerberatern mbB bekannt. Gegen das kombinierte Eisenbahn- und Straßentunnelbauwerk hatten in einem Prozess der Naturschutzbund Deutschland (NABU), das Aktionsbündnis gegen eine Feste Fehmarnbeltquerung, drei Fährunternehmen, verschiedene Gemeinden sowie ein Grundstückseigentümer geklagt. Die Klagen der Stadt Bad Schwartau sowie der Gemeinden Scharbeutz und Großenbrode und die Klage des Grundstückseigentümers wurden durch einen Vergleich beendet, wie CMS berichtet.

Vertretung durch CMS

Ein Team der Anwaltskanzlei um Lead Partnerin Dr. Christiane Kappes hat die für das Großprojekt zuständige dänische Projektgesellschaft Femern A/S nach eigenen Angaben in dem in erster und letzter Instanz vor dem Bundesverwaltungsgericht geführten Verfahren vertreten.

Im Einklang mit Gesetz und Artenschutz

Das Bundesverwaltungsgericht hat sämtliche, von den Klägern auf mehr als 4.000 Seiten Klageschriften gegen den Planfeststellungsbeschluss vorgebrachten Einwände zurückgewiesen. Die Planung stehe mit den Vorgaben des Fernstraßen- und Eisenbahngesetzes im Einklang. Es sei auch mit geltendem Natur- und Artenschutzrecht vereinbar. Insbesondere die Schwellenwerte für die Bewertung der Auswirkungen von Sedimentation und die Grenzwerte für Unterwasserschall zum Schutz des Schweinswals seien hinreichend vorsorglich, hieß es vonseiten des Gerichts. Von einer erheblichen Beeinträchtigung des FFH-Gebiets Fehmarnbelt könne deshalb ebenso wenig ausgegangen werden, wie von einem Verstoß gegen artenschutzrechtliche Verbote oder die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung.

Auch die Kartierungen von gesetzlich geschützten Riffen in der Ostsee waren nach Inhalt und Umfang ordnungsgemäß, so die Richter. Sie wurden daher nicht durch die neuen Untersuchungen des Landes Schleswig-Holstein in Frage gestellt, das bei Biotopkartierungen im Rahmen der europarechtlichen Berichtspflichten im Sommer 2020 weitere Riffflächen im Bereich der Insel Fehmarn ausgewiesen hatte. Das Gericht habe daher anerkannt, dass eine für die neu festgestellten Riffe erforderliche naturschutzrechtliche Befreiung in einem gesonderten Verfahren eingeholt werden kann und die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses unberührt lässt. Eine Ausführung des Vorhabens als Bohrtunnel könnten die Kläger nicht beanspruchen.

„Bei einem Projekt dieser Größenordnung sind die durchaus sehr hohen rechtlichen Anforderungen von herausragender Bedeutung. Es ist sehr erfreulich, dass das Gericht nun grünes Licht für den Bau der Festen Fehmarnbeltquerung gibt“, so Kappes zum Ausgang des Verfahrens.

Der NABU kritisierte hingegen das Urteil:

„Das ist ein für uns enttäuschender Ausgang des Prozesses und ein schwarzer Tag für unsere Meere. Das Gericht hat den vom Bundesamt für Naturschutz bestätigten schlechten Zustand des Schweinswals im Fehmarnbelt nicht wie erhofft aufgegriffen. Wir erwarten nun ein umfassendes Planänderungsverfahren, in dem die bestehenden Fehler beim Schutz der Riffe bereinigt werden,“ erklärte NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger am 3. November in einem Pressstatement.

NABU bedauert das Urteil

Der NABU bedauert nach eigenen Angaben sehr, dass der Bau des Fehmarnbelts nicht gestoppt werden konnte. Dazu Malte Siegert, Vorsitzender des NABU Hamburg:

„Durch unsere Arbeit in diesem Verfahren wurden das Projekt und die Planung immerhin deutlich zugunsten des Umweltschutzes verbessert. Besonders wichtig war der Schwenk des Vorhabenträgers 2011 von einer ökologisch höchst bedenklichen Brücken- zur weniger schädlichen Tunnellösung. Außerdem sind Schweinswale bei Munitionssprengungen im Rahmen der Bauarbeiten nun deutlich besser geschützt.“

Zahlreiche Schutzauflagen sind aus Sicht des NABU in den Erörterungsterminen ebenfalls als Erfolg zu verbuchen. Die Organisation werde sich aktiv in das anstehende Planänderungsverfahren einbringen.

18 Kilometer Tunnel

Das knapp 18 Kilometer lange Tunnelbauwerk zwischen der dänischen Insel Rødby und der deutschen Insel Fehmarn wird aus einer vierspurigen Autobahn und einer zweigleisigen, elektrifizierten Bahnstrecke bestehen. Mit einem Investitionsvolumen von mehr als sieben Milliarden Euro handelt es sich um eines der größten europäischen Infrastrukturprojekte. Femern A/S plant die Feste Fehmarnbeltquerung zusammen mit dem Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein und wird das Tunnelbauwerk errichten und betreiben.

Umfangreiche Untersuchungen

Für das grenzüberschreitende Infrastrukturprojekt wurden nach Aussagen von CMS über Jahre hinweg umfangreiche Untersuchungen, unter anderem in den Bereichen Umwelt, Verkehr, Geotechnik sowie zur Sicherheit des Schiffsverkehrs, durchgeführt und rund 35.000 Seiten Antragsunterlagen für das Planfeststellungsverfahren für den deutschen Teil des Projekts erstellt. Das Land Schleswig-Holstein hat im Januar 2019 den rund 1.300 Seiten starken Planfeststellungsbeschluss für das Vorhaben erlassen. Der dänische Teil des Tunnelbauwerks wurde bereits 2015 durch ein Baugesetz des dänischen Parlaments genehmigt.