IFR-Prognose: KI, Reshoring und Energiekosten treiben Robotik-Nachfrage

Weitere Trends, die Automation und Robotik künftig prägen werden, sind nach Ansicht der Verbands Usability und Kreislaufwirtschaft.

Die Nachfrage nach Industrierobotern hat 2022 deutlich angezogen. (Symbolbild: Style Photography / Fotolia)
Die Nachfrage nach Industrierobotern hat 2022 deutlich angezogen. (Symbolbild: Style Photography / Fotolia)
Therese Meitinger

Der weltweite Bestand an Industrie-Robotern hat mit rund 3,5 Millionen Einheiten einen neuen Rekord erreicht - der Wert der Installationen stieg geschätzt auf 15,7 Milliarden US-Dollar. Diese Zahlen zu 2022 hat die International Federation of Robotics erhoben. In einer Pressemitteilung vom 16. Februar berichtet sie über die wichtigsten Trends, die die Robotik und Automatisierung im Jahr 2023 ihrem Ermessen nach prägen werden.

„Roboter spielen eine grundlegend wichtige Rolle, um die sich verändernden Anforderungen an das produzierende Gewerbe weltweit abzusichern", sagt Marina Bill, Präsidentin der International Federation of Robotics. „Neue Robotik-Trends sind für Anwender in kleinen Unternehmen genauso attraktiv wie für globale OEMs."

1. Energie-Effizienz

Um in Zeiten steigender Energiekosten die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zu verbessern, ist Energieeffizienz ein Schlüssel zum Erfolg. Der Einsatz von Robotern trage entscheidend dazu bei, den Energieverbrauch in der Fertigung zu senken, so die IFR. Im Vergleich zur traditionellen Fließbandproduktion, ließen sich mit Automation durch reduzierte Raumtemperatur erhebliche Energieeinsparungen erzielen. Gleichzeitig arbeiten Roboter demnach mit hoher Geschwindigkeit und steigern damit die Produktionsraten, sodass die Fertigung insgesamt zeit- und energieeffizienter wird.

Darüber hinaus sind Roboter der Mitteilung zufolge heutzutage so konzipiert, dass sie weniger Energie verbrauchen und mit niedrigeren Betriebskosten auskommen. Um die Nachhaltigkeitsziele für ihre Produktion zu erreichen, setzen Unternehmen demnach Industrieroboter ein, die mit energiesparender Technologie ausgestattet sind: Robotersteuerungen können zum Beispiel Bewegungsenergie in Strom umwandeln und in das Stromnetz zurückspeisen.

2. Reshoring

Resilienz ist in verschiedenen Branchen zu einem wichtigen Grund für die Rückverlagerung geworden: Automobilhersteller investieren stark in kurze Lieferketten, um die Prozesse näher an ihre Kunden zu bringen. Diese Hersteller setzen nach IFR-Angaben Roboterautomatisierung ein, um leistungsstarke Batterien kostengünstig und in großen Stückzahlen herzustellen – so lassen sich Projekte für Elektrofahrzeuge wirksam unterstützen. Zudem mache ein solches „Reshoring“ den Transport schwerer Batterien überflüssig, heißt es. Dies sei wichtig, weil immer mehr Logistikunternehmen aus Sicherheitsgründen davon Abstand nehmen, Batterien als Fracht zu versenden.

Die Rückverlagerung der Mikrochip-Produktion in die USA und nach Europa sieht die IFR als weiteren Reshoring-Trend. Da die meisten Industrieprodukte heutzutage einen Halbleiterchip benötigen um zu funktionieren, ist deren Bereitstellung in Kundennähe wichtig. Da Roboter die extremen Präzisionsanforderungen in der Chipfertigung erfüllen können, spielen sie bei solchen Projekten eine entscheidende Rolle. Speziell entwickelte Roboter automatisieren beispielsweise die Herstellung von Siliziumwafern, übernehmen Reinigungs- und Säuberungsaufgaben oder testen integrierte Schaltkreise.

3. Roboter sind einfacher zu bedienen

Die Programmierung von Robotern ist der IFR zufolge einfacher geworden und auch für Nicht-Experten möglich. Anbieter von softwaregesteuerten Automatisierungsplattformen unterstützen demnach die Unternehmen, indem Industrieroboter von den Nutzern ohne vorherige Programmiererfahrung bedienbar sind. Erstausrüster arbeiten Hand-in-Hand mit Low-Code- oder sogar No-Code-Technologiepartnern zusammen: So können Mitarbeiter aller Qualifikationsstufen einen Roboter selber programmieren.

Die einfach zu bedienende Software wird mit intuitiver Anwendungslogik verknüpft und ersetzt damit die aufwendige Roboterprogrammierung. Das eröffnet laut der Mitteilung neue Möglichkeiten der Roboterautomatisierung: Software-Start-ups erobern diesen Markt mit spezialisierten Lösungen, die auf die Bedürfnisse kleiner und mittlerer Unternehmen zugeschnitten sind. Ein Beispiel: Traditionelle, schwere Industrieroboter lassen sich mit Sensoren und einer neuen Software ausstatten, die einen kollaborativen Einrichtungsbetrieb erlauben. Dies macht es den Arbeitern in der Werkhalle leicht, die schweren Maschinen an verschiedene Aufgaben anzupassen.

4. Künstliche Intelligenz (KI) und digitale Automatisierung

Angetrieben von fortschrittlichen digitalen Technologien bieten Roboterhersteller und Systemintegratoren neue oder weiterentwickelte Anwendungen an, die Geschwindigkeit und Qualität verbessern sollen. Vernetzte Roboter transformieren laut IFR damit die Fertigung und werden zunehmend als Teil eines vernetzten digitalen Ökosystems arbeiten: Cloud Computing, Big Data Analytics oder 5G-Mobilfunknetze bilden die technologische Grundlage für eine optimierte Leistung. Der 5G-Standard werde eine vollständig digitalisierte Produktion ermöglichen und die Verkabelung in der Fertigung überflüssig machen, prognostiziert der Verband.

Künstliche Intelligenz (KI) bietet der Robotik nach Überzeugung der IFR großes Potenzial und ermöglicht eine Reihe von Vorteilen in der Fertigung: Das Hauptziel des KI-Einsatzes besteht darin, Schwankungen und Unvorhersehbarkeiten in der äußeren Umgebung besser zu bewältigen - entweder in Echtzeit oder offline. Damit spielt KI, die das maschinelle Lernen unterstützt – das so genannte „Machine Learning“ - eine immer größere Rolle in Softwareangeboten, von denen laufende Systeme profitieren. Dazu zählen beispielsweise: Prozessoptimierung, vorausschauende Wartung oder bildverarbeitungsbasiertes Greifen.

5. Ein zweites „Leben“ für Industrieroboter

Da Industrieroboter eine Lebensdauer von bis zu dreißig Jahren haben, sind neue technische Ausrüstungen nach Ansicht der IFR eine gute Gelegenheit, alten Robotern ein zweites „Leben" zu geben. Hersteller von Industrierobotern wie ABB, Fanuc, KUKA oder Yaskawa betreiben spezialisierte Reparaturzentren in der Nähe ihrer Kunden, um gebrauchte Geräte ressourceneffizient zu überholen oder aufzurüsten. Diese „Prepared-to-Repair“-Strategie für Roboterhersteller und ihre Kunden spare ebenfalls Kosten und Ressourcen, heißt es. Kunden langfristige Reparaturen anzubieten, sei zudem ein wichtiger Beitrag für die Kreislaufwirtschaft.