Humanitäre Logistik: SCM größter Kostenposten in Katastrophenhilfe
Durchschnittlich 75 Prozent der Kosten bei humanitären Hilfsaktionen fallen im Supply Chain Management an. Mit gezielten Einsparungen entlang der Lieferkette können folglich mehr Spendengelder und mehr der dringend benötigten Hilfe in Katastrophengebieten ankommen. Zu diesen zentralen Erkenntnissen gelangt eine Studie, die Prof. Dr. Maria Besiou, Professorin of Humanitarian Logistics an der Kühne Logistics University (KLU), gemeinsam mit zwei Mitautoren erstellt hat. Grundlage der Analyse waren laut einer Pressemitteilung vom 9. Juni Daten von 14 Katastrophenhilfsaktionen, die fünf internationale Hilfsorganisationen im Zeitraum von 2005 bis 2018 weltweit durchgeführt haben.
Geopolitische Krisen mit kriegerischen Auseinandersetzungen, globale Pandemien und Versorgungsengpässe, durch Naturgewalten hervorgerufene Katastrophen: Humanitäre Hilfsorganisationen sind derzeit weltweit stark gefordert. Umso wichtiger sei die Erkenntnis, dass von einem Euro, der in die humanitäre Hilfe fließt, durchschnittlich 75 Cent für das Supply Chain Management (SCM) aufgewendet werden, heißt es. Dabei machen die Beschaffung, Transport- und Personalkosten die drei größten Kostenblöcke innerhalb des SCM aus.
Zu diesem Ergebnis gelangt Prof. Dr. Maria Besiou, Professorin für Humanitäre Logistik und Direktorin am Center of Humanitarian Logistics and Regional Development (CHORD) an der KLU, in einer Studie, die im Nachgang des ersten „World Humanitarian Summit“ 2016 in Istanbul lanciert wurde.
Gemeinsam mit Dr. Jonas Stumpf (HELP Logistics, Kühne-Stiftung) und Prof. Tina Wakolbinger, Ph.D. (Vienna University of Economics and Business) trat Besiou mit der Mission an, die in der humanitären Hilfe oft zitierte, aber bis dato nie verifizierte These zu untersuchen, dass 60 bis 80 Prozent der Gesamtkosten von humanitären Hilfsaktionen bei Katastropheneinsätzen auf das Konto von SCM gehen. Auch Sparpotenziale und -ansätze sollten ermittelt und generell die Rolle der Logistik bei Hilfsorganisationen beleuchtet werden.
Kriege und Pandemien treiben Logistikkosten
Fünf Hilfsorganisationen stellten laut der Pressemitteilung dafür Daten von insgesamt 20 Katastrophenhilfsaktionen zur Verfügung, die zwischen 2005 und 2018 in 14 Ländern stattgefunden haben. Auf dieser Basis erstellte Besiou im Jahr 2021 Berechnungen, parallel fanden zahlreiche Gespräche mit Experten statt. Die „60-bis-80-Prozent-These“ hielt den Analysen stand: Rund 203 Millionen der insgesamt etwa 276 Millionen Euro, die die fünf Organisationen bei den 20 Hilfsaktionen aufgewendet haben, flossen den Erhebungen zufolge ins SCM – und damit durchschnittlich 75 Prozent. Bei kriegerischen Konflikten und Epidemien war der Anteil der Logistikkosten besonders hoch. In den Augen der Wissenschaftler stellt diese Erkenntnis einen klaren Beleg für die wichtige Rolle dar, die Supply-Chain-Verantwortliche für erfolgreiche, weil effiziente Hilfsaktionen spielen.
Lokale und kooperative Ansätze helfen Kosten sparen
Zudem erarbeiteten Besiou und ihre Mitautoren der KLU zufolge Ansätze, um die logistischen Kosten von Hilfsorganisationen zu reduzieren. Vorbereitung lautet dabei das zentrale Stichwort:
„Lokale Kräfte vor Ort im Vorfeld auszubilden, ist beispielsweise ein sinnvolles Investment“, sagt Besiou. „Im Katastrophenfall müssen dann keine externen Kräfte ins Land geholt werden, die fünf- bis 15-mal teurer sind.“
Zudem kennen lokal Beschäftigte vor Ort die herrschenden Sicherheits- und Marktstrukturen besser.
Langfristige Agreements mit Lieferanten zahlen sich den Studienergebnissen zufolge ebenfalls aus. Genauso wie auch spezielle Geld- und Voucher-Programme, die es den betroffenen Menschen ermöglichen, die benötigten Dinge selbst auszuwählen oder untereinander zu tauschen. Schließlich fallen damit keine Transport- und Lagerkosten an – und lokale Märkte, sofern sie noch funktionieren, werden nicht durch externe Hilfsgüter vollends zum Erliegen gebracht. Auch die Kooperation von Hilfsorganisationen in Form von geteilten Kapazitäten oder gemeinsamen Beschaffungsstrategien kann laut der Studie die SCM-Kosten senken. Nicht zu vergessen eine akribische Planung in der Vorbereitungsphase, die entsprechende Mitspracherechte und Verantwortlichkeiten von SCM-Beschäftigten erfordert.
Während sich die Studie auf große, internationale Hilfsorganisationen mit traditionellen Strukturen und Hauptsitz in Europa konzentriert, sind laut den Studienautoren in einem nächsten Schritt Untersuchungen der Lieferkettenkosten auf lokaler Ebene nötig, um weitere Sparpotenziale zu ermitteln.
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