Werbung
Werbung

Handelslogistik: Welche Herausforderungen künftig bewältigt werden müssen

Welche Herausforderungen die Handelslogistik derzeit durch den Trend zur Illoyalität bei den Kunden, durch neue Wettbewerber wie Temu und Shein und durch Omnichannel 2.0 bewältigen muss, zeigte das Forum „Die Zukunft der Handelslogistik“ auf dem 40. Deutschen Logistik-Kongress in Berlin.

Über Anpassungsfähigkeit, individuelle Services, die Balance zwischen Effizienz und Kundennähe oder Outsourcing und Datenkompetenz wurde in dem Forum „Die Zukunft der Handelslogistik“ diskutiert. V.l.: Professor Dr. Christoph Tripp, Technische Hochschule Nürnberg, Reiner Sailer, Markant, Moderator Matthias Pieringer, LOGISTIK HEUTE-Chefredakteur, Markus Mehrtens, MediaMarktSaturn Retail Group, und Kamil Christoph Kasprowicz, CEO von Baur Hermes Fulfiment. (Bild: Gunnar Knüpffer)
Über Anpassungsfähigkeit, individuelle Services, die Balance zwischen Effizienz und Kundennähe oder Outsourcing und Datenkompetenz wurde in dem Forum „Die Zukunft der Handelslogistik“ diskutiert. V.l.: Professor Dr. Christoph Tripp, Technische Hochschule Nürnberg, Reiner Sailer, Markant, Moderator Matthias Pieringer, LOGISTIK HEUTE-Chefredakteur, Markus Mehrtens, MediaMarktSaturn Retail Group, und Kamil Christoph Kasprowicz, CEO von Baur Hermes Fulfiment. (Bild: Gunnar Knüpffer)
Werbung
Werbung
Gunnar Knüpffer

Beim Handel geht es darum, den König bestmöglich glücklich zu machen, sagte Prof. Dr. Christoph Tripp in dem Forum „Die Zukunft der Handelslogistik“ am 19. Oktober auf dem Deutschen Logistik-Kongress 2023 in Berlin, das von LOGISTIK HEUTE-Chefredakteur Matthias Pieringer moderiert wurde.  Dadurch stellten sich, so Tripp, viele Herausforderungen, da heutzutage nicht mehr die tradierten Einteilungen in Kundengruppen, Altersgruppen und Kundentypen existierten. Deshalb müssten sich die Verantwortlichen viel intensiver mit dem Kunden befassen. Heute ergeben sich laut Professor Tripp sehr viele, sehr schnelllebige und einschneidende Ereignisse, auf die die Handelslogistiker reagieren müssen. Dabei stehe das Thema Convenience für viele Bereiche ganz oben. Dazu komme das Thema Nachhaltigkeit, für die viele Kunden jedoch nicht mehr bezahlen wollten. Gleichzeitig stellen Marktbeobachter einen Trend zu Illoyalität sowie den Wunsch nach Erlebnis fest. Deswegen müssten die Handelslogistiker vor allem auf Adaptivität, Resilienz und Verfügbarkeit setzen.

Nach Beobachtungen von Professor Tripp betreten derzeit neue disruptive Spieler den Markt, die das Feld das Handels neu definieren wollen und die Themen Prognose und Effizienz in den Vordergrund stellen:

„Firmen wie Temu sind gekommen, um zu bleiben.“

Künftig würden operative Robustheit, Flexibilität und ausgezeichnete Prognosekompetenzen den Handel maßgeblich vorantreiben. Zudem werde mehr Trial & Error beim Einsatz von Technology und mehr Ernsthaftigkeit beim Thema ESG benötigt.

In diesem Jahr sei es wichtig, die Entwicklung der chinesischen Marktteilnehmer wie Temu und Shein zu beobachten, sagte Kamil Christoph Kasprowicz, CEO der Baur Hermes Fulfilment GmbH. Dabei erwirtschaften diese in Summe schätzungsweise einen Umsatz von 50 Milliarden Euro, wie Kasprowicz berichtete. Shein sei mittlerweile so groß wie Inditex. Temu sei seit einigen Jahren mit hohen Wachstumsraten im E-Commerce tätig, auch sehr aggressiv.  Es wird erwartet, dass dieses Unternehmen im Weihnachtsgeschäft täglich 300.000 bis 500.000 Sendungen abwickeln wird.

„Die Handelslogistiker sollten sich diese Wettbewerbslandschaft genau anschauen und die Logistikdienstleister sollten diese Geschäftsmöglichkeit annehmen“, meinte der CEO von Baur Hermes Fulfilment.

Temu transportiert die Ware direkt vom Hersteller zum Kunden

Dabei liefert Temu seine Produkte direkt vom Hersteller zum Kunden und überfliege die Logistikinfrastruktur. „Die Produkte sind in sieben bis neun Tagen beim Endkunden in Deutschland“, sagte Kasprowicz. Derzeit baue dieses Unternehmen massiv Infrastruktur in Deutschland auf.

Welche Rolle die Logistik dabei spielt, zufriedenstellende Kundenkontakte zu ermöglichen, erörterte in dem Forum der Head of Logistics Sourcing & Partners MediaMarktSaturn, Markus Mehrtens. Beispielsweise 40 Prozent der Online-Käufe werden von Kunden im Markt abgeholt. „Dort wird die Verzahnung von Online- und Offline-Handel Realität“, sagte Mehrtens. Aber auch die Lieferung nach Hause von im Markt gekauften Geräten sei extrem wichtig für den Unterhaltungselektronik-Händler. Dabei erfragt MediaMarktSaturn bei jeder Diskussion die Weiterempfehlungsrate, die in den Net Promoter Score einfließt. „Wir haben an die 275.000 Kundenfeedbacks, die wir analysieren“, erläuterte Mehrtens. „Dabei finden wir zum Beispiel heraus, was der Kunde von der Unversehrtheit der Lieferung hält.“

„Wir befinden uns derzeit auf einer Transformationsreise und haben uns ein ganz klares Prinzip gegeben“, sagte der Head of Logistics Sourcing & Partners. „Wenn wir einen konkreten Kundenauftrag haben, geht es um die Verlässlichkeit. Davor liegt der Fokus auf Effizienz.“

Der nächste Schritt sei Omnichannel 2.0: Dieser Ansatz sieht vor, alle Bestände zusammenzuführen, so dass zum Beispiel ein MediaMarkt in Berlin auf die Produkte in Potsdam zugreifen kann. Damit will der Händler die Effizienz bei der Verfügbarkeit deutlich anhaben. In einem Land sei Omnichannel 2.0 bereits umgesetzt worden, als nächstes stehe ein sehr großes Land auf der Agenda, kündigte Mehrtens an.

Langfristprognose von Warenbewegungen ist schwierig

Wie sich Warenbewegungen prognostizieren lassen und wie die Player im Handelsbereich diese Prognosen erstellen können, erläuterte Reiner Sailer vom Dienstleister im B-to-B-Geschäft Markant. Markant nutzt unterschiedliche Modelle um herauszufinden, welcher Forecast-Algorithmus für die einzelnen Artikel der beste ist.

„In der Kurzfrist- und in der mittelfristigen Prognose sind die einzelnen Player sehr stark“, sagte Sailer. „Wenn man aber die langfristige Prognose betrachtet, dann muss besonders drauf achten, dass man die einzelnen Zeitschienen sehr gut trifft und eine Güte sicherstellt, die auch akzeptiert wird.“

Dann mischt Markant die Zeitreihen und analysiert, welche Algorithmen sich für welchen Zeitraum eignen. Schließlich wird das Ergebnis aus diesen Informationen zusammengesetzt. Diese Informationslogistik ist laut Sailer dabei das Rückgrat der Handelslogistik.

Anschließend erläuterte Christian Meierhoff, Head of eCommerce Services der Fiege Logistik Stiftung, in dem ebenso von Matthias Pieringer moderierten Forum „Carrier Claims Management Next Gen“, wie moderne Ansätze und datengetriebene Lösungen nicht nur Online-Händlern dabei helfen, mit Transportverlusten und -schäden umzugehen, sondern auch neue Wege zur Steuerung der Carrier-Netzwerke eröffnen. Diese Probleme treten laut Meierhoff vor allem bei der Warenübergabe auf: Derzeit steige das Sendungsvolumen und führe die Carrier-Netzwerke an ihre Grenzen, die ständig neues Personal einarbeiten müssen. So gebe es an der Haustür Probleme bei der Ablieferqualität. Derzeit addiert sich die Zahl der Beschwerden bei den Paketen auf 8,4 Millionen.

Um sein Claims Management zu betreiben, hat Fiege die Prozesse für verschiedene Marken standardisiert. Dabei unterscheiden sich die Produktfolios der einzelnen Anbieter, es gibt in den Ländern unterschiedliche Haftungsregeln und die Transportmöglichkeiten differieren. Die Beurteilung der Schadenssituation übernimmt dann jeweils ein Mensch. Fiege beschäftigt sich jedoch damit, die Situation durch eine Software mit KI vorzubeurteilen, so dass dem Mitarbeiter künftig eine Lösung angeboten wird. Derzeit betreibt der Logistikdienstleister sein Claims Management für 15 Kunden und will mit seinem Service künftig weitere Regionen erschließen.

Der 40. Deutsche Logistik-Kongress fand vom 18. bis 20. Oktober 2023 in den Hotels InterContinental und Pullmann Berlin Schweizerhof in Berlin statt. Zu der Veranstaltung der Bundesvereinigung Logistik e.V. zu Logistik und Supply Chain Management kamen 2017 Teilnehmer, um den Vorträgen von 148 Fachleuten zuzuhören.

Werbung
Werbung