Halbleiter: Elektronik-Lieferkette zusehends im Gleichgewicht
Die angespannte wirtschaftliche Lage hat Auswirkungen auf die globale Elektronik-Lieferkette. Zu diesem Schluss kommt der aktuelle „CIQ-Report“ der Plattform Supplyframe, so eine Pressemitteilung vom 23. Mai. Der vierteljährliche Report veröffentlicht demnach Analysen von mehr als zwei Milliarden Datenpunkten zum Stand der Elektronik-Lieferkette. Er sieht eine Erholung der Nachfrage nach PCs, Smartphones und Rechenzentren als erforderlich an, um neues Wachstum zu schaffen. Besonders die Verbrauchermärkte seien zuletzt lethargisch gewesen, die Automobilbranche und Industriesegmente hätten sich hingegen beständig gezeigt, heißt es. Lieferzeiten und Preise sinken laut dem Report für die meisten Rohstoffe und Komponenten im zweiten Quartal weiter in Richtung historischer Normen. Der ursprünglich für das zweite Quartal erwartete Bestandsabbau wird laut Bericht bis ins dritte Quartal 2023 anhalten.
Seit dem dritten Quartal 2022 ist die Elektronik-Lieferkette den Studienautoren zufolge bemüht, die Lagerbestände wieder auszugleichen, die durch den Einbruch der Nachfrage nach PC-, Smartphone- und Unterhaltungselektronik sowie durch die schwächeren Umsätze in anderen Segmenten erheblich angestiegen sind. Supplyframe prognostiziert eine deutlich ausgeglichenere Elektronik-Lieferkette in der zweiten Jahreshälfte. Die Industrie habe jedoch die Produktionskapazitäten vieler Fabriken stark reduziert, um sich an die schwächere Nachfrage anzupassen, so die Mitteilung. Gleichzeitig bauten einige Automobilhersteller Sicherheitsbestände für elektronische Komponenten auf.
„Trotz globaler wirtschaftlicher Herausforderungen und Unsicherheiten zeigt Commodity IQ, dass die Neuausrichtung von Angebot und Nachfrage bei Rohstoffen in vollem Gange ist“, so Steve Flagg, CEO und Gründer von Supplyframe. „Einige Elektronikrohstoffe und Endmärkte haben im ersten Quartal erste Anzeichen einer Erholung gezeigt.“
Lieferzeiten für viele Komponenten stabil rückläufig
Die globale Beschaffungsaktivität für elektronische Komponenten stieg laut dem Bericht im Quartalsvergleich um 3,6 Prozent, angeführt von der Nachfrage nach Glasfaserkomponenten (+ 22,1 Prozent). Das seien erste Signale für eine potenzielle Nachfrageerholung, so die Ergebnisse von Commodity IQ.
In der zweiten Hälfte des Jahres 2023 werden sich der Prognose zufolge nur vier Prozent aller Lieferzeiten für Halbleiter (ohne Speicher) verlängern, während 35 Prozent der Halbleiter schneller verfügbar sein werden. In geringerem Maße werden demnach die Lieferzeiten für bestimmte Bauelemente – darunter Power-MOSFETs und einige ICs für die Automobilindustrie – jedoch verlängert bleiben. Die Zahl der passiven Bauteile mit zwölfwöchigen Lieferzeiten hat sich im zweiten Quartal mehr als verdoppelt, während sich die Zahl der angebotenen Lieferzeiten von mehr als 52 Wochen halbiert hat.
Nur ein Prozent der Preisdimensionen wird sich nach Überzeugung der Studienautoren erhöhen, mehr als die Hälfte wird in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 über alle elektronischen Komponenten hinweg stabil bleiben. Die durchschnittlichen Verkaufspreise für DRAM sind ebenfalls weltweit rückläufig und werden auch im dritten Quartal weiter sinken. Auch Preise für DDR4 stabilisieren sich. Ähnlich zeigt sich laut CIQ die Entwicklung bei vielen Rohstoffen, für Harze und Metalle besteht zusätzliche Flexibilität für Preis und Verfügbarkeit.
Unterschiedliche Entwicklung in den Regionen
Weltweit ging die Beschaffung von elektronischen Bauteilen von März bis April um sieben Prozent bis zehn Prozent zurück. Trotz eines regionalen Nachfrageanstiegs von durchschnittlich 5,5 Prozent im ersten Quartal ging die weltweite Nachfrage im April doppelt so stark zurück, wobei die Region Europa, Naher Osten, Afrika (EMEA) mit 27,4 Prozent den stärksten Rückgang im Monatsvergleich verzeichnet.
Die Region liegt weiterhin über dem Commodity IQ Demand Index für die Zeit vor der Pandemie, nachdem sie im ersten Quartal mehr als dreimal so stark gestiegen ist wie die weltweite Nachfrage und damit fast den regionalen Median für 2022 erreicht hat. Leistungs-ICs, Kondensatoren, Steckverbinder, Mikrocontroller/Mikroprozessoren und Transistoren waren im April die Bauelemente mit den meisten Beschaffungsaktivitäten in der EMEA. Im Halbjahresvergleich gibt die Nachfrage nach diesen Bauteilen im Durchschnitt um fünf Prozent zurück.
„Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind unklar und die Debatte über den Zeitpunkt, das Ausmaß einer globalen Rezession im Jahr 2023 dauert an“, so Flagg. „Wenn sich die Bedingungen und die Stimmung verbessern, wird sich die Nachfrage erholen. Und diese Erholung könnte möglicherweise dazu führen, dass es bei bestimmten elektronischen Rohstoffen wieder zu Engpässen kommt. Die Lage bleibt also trotz guter Signale sehr dynamisch.“
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