Haftung in der Suez-Krise: „Ein blockierter Kanal kann höhere Gewalt sein“
Während der Schiffsverkehr am Suezkanal wieder frei fließt, werden Haftungsfragen, die sich aus der Blockade ergeben, gerade akut. Wer haftet etwa bei Lieferverzögerungen oder Ausfällen? Und zählt ein blockierter Kanal als höhere Gewalt? LOGISTIK HEUTE hat Felix Korten, Rechtanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, um seine Einschätzung gebeten.
LOGISTIK HEUTE: Wer haftet in der Regel, wenn es im Zuge der jüngsten Blockade im Suez-Kanal zu Lieferverzögerungen und/oder Ausfällen kommt?
Felix Korten: Grundsätzlich der jeweilige Vertragspartner. In der Regel haften also die japanische Reederei, der deutsch-taiwanesische Charterer, die ägyptische Kanalbetreiberin, die Lieferanten beziehungsweise Spediteure sowie Versicherungen gegenüber ihren Auftraggebern und Kunden. Ob die Haftung auch tatsächlich greift, hängt im Einzelfall von mehreren Faktoren ab. Geltende Vereinbarungen, Lieferbedingungen und das Recht des Staates, das für die Verträge gilt, spielen ebenso eine Rolle wie die Schadensursache. Wir wissen noch nicht, ob das Containerschiff ‚Ever Given‘ aufgrund eines Sandsturms, eines Stromausfalls oder durch menschliches Versagen havarierte. Auftraggeber und Importeure sollten aber im Zweifelsfall immer versuchen, mögliche Haftungsansprüche durchzusetzen.“
Gilt ein über mehrere Tage querstehendes Containerschiff als Höhere Gewalt?
Höhere Gewalt ist gesetzlich nicht definiert und wird im Bürgerlichen Gesetzbuch nur am Rande erwähnt. Allgemein wird darunter im deutschen Vertragsrecht ein von außen wirkendes Ereignis verstanden, auf das die Vertragspartner keinen Einfluss haben. Ein blockierter Kanal kann durchaus unter Force Majeure fallen, zumindest aus Sicht der wartenden Schiffe. Neben dieser objektiven Voraussetzung muss aber noch ein weiterer subjektiver Aspekt zutreffen: Äußerst zumutbare Sorgfalt konnte das Schaden verursachende Ereignis nicht verhindern. Es muss also im Einzelfall untersucht werden, ob beispielsweise eine Bevorratung geboten war, um eine Lieferverzögerung zu kompensieren. Lieferanten und Spediteure werden unterdessen alles versuchen, um sich auf höhere Gewalt zu berufen.
Blockaden an neuralgischen Verkehrspunkten können auch in Zukunft auftreten. Wie lassen sich daraus entstehende Haftungsrisiken auf Lieferanten- wie Bestellerseite minimieren?
Durch gute Verträge und gute Lieferbedingungen kann man viele mögliche Haftungsquellen ausschließen. Die Kunst bei der rechtlichen Gestaltung besteht darin, möglichst viele Ereignisse vorherzusehen. Standardmäßig werden beispielsweise Streiks, Naturkatastrophen und Handelsembargos berücksichtigt und klare Rechtsfolgen beschrieben. Einen hundertprozentigen Schutz wird es allerdings niemals geben, schon weil jeder Vertrag letztlich im Streitfall durch Gerichte ausgelegt wird.
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