Geopolitik: Was der Waffenstillstand in Gaza für die Lieferketten bedeutet
Israel und die Hamas haben am 15. Januar 2025 ein Waffenstillstandsabkommen geschlossen, das den 15 Monate andauernden Konflikt im Gazastreifen beendet. Das von Katar, Ägypten und den USA vermittelte Abkommen enthält wichtige Bedingungen, die erhebliche Auswirkungen auf die regionale Stabilität und die globalen Lieferketten haben. Der Supply-Chain-Visibility-Anbieter Project44 hat auf Basis eigener Daten sowie zusätzlicher Informationen Dritter eine Analyse der Lage vorgenommen und gibt einen Einblick, welche Auswirkungen der Waffenstillstand auf die Region und die weltweiten Lieferketten haben könnte.
Verkehrsaufkommen durch den Suezkanal
Seit Beginn der Angriffe zum Jahresende 2023 sind Hunderte von Schiffen der großen Reedereien umgeleitet worden, um das Rote Meer zu meiden. Das hat zu einem historisch niedrigen Volumen durch den Suezkanal geführt. Im Jahr 2024 ging das Gesamtvolumen der Containerschiffe im Vergleich zu 2023 um 75 Prozent zurück. Mit dem angekündigten Waffenstillstand ist es Project44 zufolge wahrscheinlich, dass der Schiffsverkehr durch den Suezkanal im Jahr 2025 wieder zunehmen wird.
Die Containerschiffe sind zwar am stärksten betroffen, jedoch sind sie nicht die einzigen, die das Rote Meer meiden. Auch bei Massengutfrachtern und Tankern ist ein Rückgang zu verzeichnen. Tanker transportieren häufig gefährliche Stoffe wie Rohöl, die bei Angriffen ein erhebliches Umweltrisiko darstellen. Stückgutfrachter und RoRo-Schiffe sind nicht so stark betroffen, aber diese Schiffstypen machen bereits einen kleineren Teil des Verkehrs durch den Suezkanal aus.
Auswirkungen auf die Transitzeiten
Da die Schiffe das Rote Meer meiden, haben sich die Transitzeiten für die Routen, die traditionell durch den Kanal führen, um durchschnittlich sieben bis 14 Tage verlängert. Die durchschnittliche Transitzeit ist auf etwa zwei Monate angestiegen. Südostasien, ein wichtiger Exporteur von Elektronik, Kleidung, Accessoires und Schuhen, ist besonders betroffen. Sendungen nach Europa brauchen jetzt 33 Prozent und an die US-Ostküste sogar 47 Prozent länger, um anzukommen.
Zeitverlust für Transporte aus Asien
Die Transitzeiten von China nach Europa, einer weiteren wichtigen Quelle für Konsumgüter, haben sich um 25 Prozent verlängert. Sendungen aus China an die US-Ostküste sind davon nicht betroffen, da sie normalerweise durch den Panamakanal und nicht durch das Rote Meer befördert werden. Die Verlader haben sich auf die verlängerten Transitzeiten eingestellt und ihre Bestellpraxis angepasst, um die zusätzliche Zeit auf dem Wasser auszugleichen. Es wurden keine größeren Lieferengpässe beobachtet.
Umleitung birgt Risiken
Obwohl die Reedereien die Fahrpläne auf der Route zum Kap der Guten Hoffnung inzwischen besser vorhersagen können, bleibt die Leistung geringer als vor der Umleitung. Längere Transitzeiten bedeuten mehr Möglichkeiten für Verspätungen aufgrund von Faktoren wie Wetter und Hafenüberlastungen. Im November 2024 verzeichneten die Spediteure eine durchschnittliche Verspätung von vier bis sechs Tagen. Dies hat sich deutlich verbessert, insbesondere für den Verkehr zwischen Südostasien und Europa. Im Februar 2024 hatte er mit einer durchschnittlichen Verspätung von fast 13 Tagen seinen Höhepunkt erreicht und hat sich nun wieder um 70 Prozent verbessert, so Project44 in ihrer Analyse.
Suezkanal als Route wieder attraktiv?
Der Suezkanal wurde 1869 eröffnet, um den Nordatlantik über das Mittelmeer und das Rote Meer mit dem Indischen Ozean zu verbinden. Seitdem hat er sich zu einer wichtigen Handelsroute für globale Lieferketten entwickelt und spart sieben bis 20 Reisetage ein, die Schiffe für eine Umrundung Afrikas benötigen würden. Unterbrechungen des Schiffsverkehrs können erhebliche Auswirkungen auf den Handel haben, wie sich 2021 zeigte, als ein festgefahrenes Schiff den Betrieb für sechs Tage aufhielt.
USA weicht auf Panamakanal aus
Da die sichere Durchfahrt durch den Suezkanal behindert wurde, kam es auf dieser Route immer wieder zu Verzögerungen. Je nach Handelsstrecke wurde der Suezkanal möglichst umfahren. Die USA nutzte dafür beispielsweise den Panamakanal. Die Lage hat sich etwas entspannt, da die Dürre, die die Kapazität des Panamakanals beeinträchtigt, nachgelassen hat und eine bessere Option als die Umfahrung Afrikas darstellt. Europa bekommt allerdings weiterhin die vollen Auswirkungen zu spüren, da die Schiffe den Suezkanal nicht passieren können.
Mit der neuen Ankündigung des Waffenstillstands ist es ungewiss, wann das Verkehrsaufkommen in den Suezkanal zurückkehren wird. Aber es ist wahrscheinlich, dass die Verlader beginnen werden, ihre Routen wieder durch das Rote Meer zu verlegen, um die Transitzeiten weltweit weiter zu verkürzen.
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