Gasversorgung: LNG-Terminal in Wilhelmshaven soll sechs Prozent des Bedarfs decken

Der erste deutsche schwimmende Terminal für LNG soll dafür sorgen, dass vor Weihnachten regasifiziertes Flüssigerdgas in das deutsche Ferngasnetz geleitet wird. Damit soll in Wilhelmshaven sechs Prozent des hierzulande benötigten Gases bereitgestellt werden.

Der erste schwimmende LNG-Terminal in Deutschland wurde am 17. Dezember eröffnet. (Bild: NPorts, WScheer)
Der erste schwimmende LNG-Terminal in Deutschland wurde am 17. Dezember eröffnet. (Bild: NPorts, WScheer)
Gunnar Knüpffer

In Wilhelmshaven ist am 17. Dezember der erste deutsche schwimmende Terminal für die Anlandung von verflüssigtem Erdgas (LNG) offiziell eröffnet worden. Noch vor Weihnachten soll regasifiziertes Flüssigerdgas durch die neu geschaffene Wilhelmshavener Anbindungsleitung (WAL) in das deutsche Ferngasnetz strömen, teilten Niedersachsen Ports,  der Fernleitungsnetzbetreiber Open Grid Europe GmbH (OGE) und Uniper in einer gemeinsamen Presseaussendung vom selben Tag mit.

Dazu ist zwei Tage zuvor an der Umschlaganlage Voslapper Groden (UVG) die Speicher- und Verdampfungseinheit (FSRU), die Höegh Esperanza des norwegischen Unternehmens Höegh LNG, an der neuen Hafenanlage eingetroffen. Über den LNG-Terminal in Wilhelmshaven sollen jährlich mindestens fünf Milliarden Kubikmeter Erdgas angelandet und in das deutsche Ferngasnetz eingespeist werden. Das sind rund sechs Prozent des deutschen Gasbedarfs. Damit sollen rund elf Prozent von Deutschlands Gasimporten aus Russland ersetzt werden.

LNG-Terminal soll mittelfristig zur Dekarbonisierung beitragen

Zu der offiziellen Eröffnung waren Bundeskanzler Olaf Scholz, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sowie Bundesfinanzminister Christian Lindner vor Ort in Wilhelmshaven. Darüber hinaus nahmen Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies und Umweltminister Christian Meyer teil. Niedersachsen Ports, OGE und Uniper, die in den vergangenen zehn Monaten mit dem Anlande-Terminal und der Wilhelmshavener Anbindungsleitung gemeinsam die Infrastruktur an der Nordseeküste geschaffen hatten, begrüßten an Bord der LNG-Fähre MS Helgoland zudem Projektteams der drei Unternehmen.

„Kurzfristig können wir in Wilhelmshaven rund sechs Prozent unseres Gasbedarfs mit LNG decken, das direkt in Deutschland ankommt“, sagte Professor Klaus-Dieter Maubach, CEO von Uniper. „Die Investitionen in dieses Projekt sind auch Investitionen in eine Zukunft ohne CO2: Mittel- und langfristig soll Unipers Green Wilhelmshaven Projekt durch den Import grünen Ammoniaks und durch die Produktion von grünem Wasserstoff einen großen Beitrag zu Dekarbonisierung der deutschen Industrie leisten.“

„Heute ist ein wichtiger Tag für die Energieversorgung in Deutschland“, meinte Dr. Thomas Hüwener, Mitglied der Geschäftsführung Open Grid Europe GmbH. „Gemeinsam mit unseren Projektpartnern haben wir in zehn Monaten etwas geschaffen, was sonst Jahre dauert. OGE hat mit der Wilhelmshavener Anbindungsleitung (WAL) einen wichtigen Beitrag geleistet, um unabhängig von russischen Energielieferungen zu werden und in Zukunft grüne Gase zu transportieren.“

Das Design des LNG-Terminals und der Leitungen wurde „wasserstoff-ready“ geplant und soll auf diese Weise Synergien für den Schritt in eine CO2-neutrale Energiewirtschaft ermöglichen. LNG-Tanker aller Größen werden die Anlage laut den drei Unternehmen am Standort Wilhelmshaven unabhängig von den Gezeiten und im Einklang mit höchsten internationalen Sicherheitsstandards anlaufen können. Für die Anbindung an das bestehende Erdgasfernleitnetz wurde zudem eine 26 Kilometer lange Gasleitung errichtet, für deren Realisierung die OGE verantwortlich ist. Am schwimmenden LNG-Terminal wird das von einem Tankschiff angelieferte LNG zur FSRU übergeleitet, dort verdampft und somit wieder in den gasförmigen Zustand überführt. Anschließend wird das Gas über die Wilhelmshavener Anbindungsleitung in das deutsche Ferngasnetz bei Etzel eingespeist.

Das Projekt des ersten LNG-Anlegers Deutschlands stand unter Zeitdruck und hat laut den beteiligten Unternehmen eine große Bedeutung für die Gewährleistung der Energieversorgung des Landes. Die notwendigen Arbeiten an der Hafeninfrastruktur wurden durch Niedersachsen Ports vorgenommen, der Bau des Terminals selbst durch Uniper. Die Machbarkeit für ein LNG-Terminal hatte Niedersachsen Ports zuvor gemeinsam mit Uniper geprüft. An der Realisierung arbeiteten insgesamt rund 1.000 Personen, über 3.500 Seiten Antragsunterlagen wurden erstellt und bearbeitet.

Folgende Schritte wurden auf dem Weg zur Eröffnung seit März 2022 zurückgelegt: die Vorbereitung der zahlreichen Genehmigungsunterlagen im Frühjahr, Baubeginn mit dem ersten Rammschlag am 5. Mai, das Chartern der FSRU im Juli, der Start der Bauarbeiten und Rohrverlegung für die Anbindungsleitung im August, die Übergabe des fertigen Hafen-Anlegers im November, der Anschluss der WAL an das Gasfernnetz und die Ankunft der Höegh Esperanza.

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