Fraunhofer IML: MAN eTruck ist halb so laut wie ein vergleichbarer Diesel-Lkw
Das Vorbeifahrgeräusch von Elektro-Lkw wird als deutlich weniger laut wahrgenommen als jenes von Diesel-Trucks. Der Lkw-Hersteller MAN Truck & Bus hatte gemeinsam mit dem Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik IML und den Geräuschmessexperten von Peutz Consult vergleichende Messungen mit E-Lkw, Diesel-Pendants sowie Pkw vorgenommen. Die Untersuchungen fanden im Rahmen der Fraunhofer-„Mobilitätsstudie geräuscharme Logistik" statt, hieß es in einer Pressemittelung von MAN Truck & Bus vom 13. Juli. Diese wird vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert, sie soll Standards für die Messung von Geräuschemissionen bei Liefervorgängen erarbeiten.
Der Lkw-Hersteller war mit einem Vorserienfahrzeug des neuen „MAN eTruck", der 2024 erstmals an Kunden ausgeliefert wird, Teil der Realmessungen mit ausgewählten Fahrzeugen. Im Ergebnis werden Elektro-Lkw – vor allem bei geringen Geschwindigkeiten – nur als etwa halb so laut wahrgenommen wie vergleichbare Diesel-Lkw.
„Aufgrund der Messungen ergibt sich für den „eTruck" ein um circa sechs dB geringer Pegel für die gleichmäßige Vorbeifahrt bei 20 km/h", erläuterte Michael Wirtz, Projektleiter der Messungen bei der Peutz Consult GmbH. „Berücksichtigt man, dass der hier gemessene Dieseltruck bei 20 km/h um etwa fünf dB leiser ist als der typische Ansatz aus der Literatur, erhöht sich der Unterschied zwischen dem elektrischen Lkw und dem Literaturansatz auf elf dB."
Der „eTruck" sei damit vom Höreindruck etwa halb so laut wie ein klassischer Diesel-Lkw. Für die beschleunigte Anfahrt ergebe sich eine noch deutlichere Pegeldifferenz zwischen den beiden Lkw in Höhe von zwölf dB.
Um die Lautstärkeentwicklung des elektrischen Lkw noch besser einordnen zu können, zieht Wirtz einen Vergleich mit konventionell angetriebenen Pkw: Mit einem Schallleistungspegel von circa 49 dB(A)/m bei 20 km/h sei der „eTruck" nur ein dB ‚lauter‘ als der Pkw mit 48 dB(A)/m.
„Die Messungen zeigen: Unsere neuen elektrischen Trucks könnten auch in den Tagesrandzeiten eingesetzt werden, also am späten Abend oder frühen Morgen", ergänzte Christoph Jeßberger, Product Strategy Manager bei MAN. Dadurch eröffneten sie ihren Kunden ein breites Einsatzspektrum und eine hohe Flexibilität. Das bedeute eine Nutzung bis zu 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche – sofern die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür geschaffen würden.
Wie wichtig diese Bemühungen sind, zeigten die Anforderungen an Lärm und Schallschutz bei vielen Genehmigungsverfahren. Die Niederlande haben beispielsweise den Lärmschutzstandard PIEK entwickelt. Um eine Zertifizierung – etwa für Nachtlieferungen – zu erhalten, werden Lkw und das Transport-Equipment akustisch untersucht. Sie dürfen die vorgeschriebenen Dezibel-Grenzen in 7,5 Metern Entfernung nicht überschreiten. In Deutschland erfolgt die Beurteilung von Lärmimmissionen nach der TA Lärm (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm).
„Eine Marktübersicht oder standardisierte Angaben zu Lärmemissionen alternativ angetriebener Nutzfahrzeuge im logistischen Einsatz existieren in Deutschland derzeit nicht", sagte Daniela Kirsch, Projektleiterin am Fraunhofer IML. „Darum brauchen wir eine Lösung wie das PIEK-Zertifikat, an der sich Unternehmen orientieren können."
Neue Genehmigungen für Lieferungen in der Nacht oder in den Tagesrandzeiten zu bekommen, gestaltet sich heute noch oft als schwierig, denn es fehlt an Werten, an denen sich die Verwaltungen orientieren können. „Mit der Erstellung eines Handbuchs zu den Geräuschemissionen durch Lastkraftwagen mit alternativen Antrieben bei der Anlieferung im urbanen Raum wollen wir den Kommunen und Genehmigungsbehörden die Arbeit erleichtern", kündigte Kirsch an. Sie hätten festgestellt, dass den Verwaltungen Daten und Messwerte fehlen, wenn sie beispielsweise über eine Nachtanlieferung im urbanen Raum entscheiden sollen. Das will die Fraunhofer-Studie zur geräuscharmen Logistik ändern.
Die Studie erscheint voraussichtlich Anfang 2024. Die Daten dafür wurden unter anderem bei einer Messreihe auf der MAN-Teststrecke in München erhoben. Dabei haben Experten den „MAN eTruck" und einen herkömmlichen dieselangetriebenen „MAN TGX 18.510" der gleichen Gewichtsklasse auf die Strecke geschickt und deren Lärmpegel gemessen. Es handelte sich dabei um Sattelzüge mit 40 Tonnen Gesamtgewicht. Mitarbeiter der akkreditierten Messstelle Peutz Consult GmbH führten die Messungen im Auftrag des Fraunhofer IML durch. Rechts und links der Fahrbahn stellten sie in je 7,5 Meter Abstand geeichte Handschallpegelmesser auf.
Verschiedene Szenarien wurden auf der MAN Teststrecke simuliert und deren Lärmimmissionen gemessen: Zum einen Fahrten bei 20 km/h mit eingeschaltetem akustischen Warnsystem AVAS – dabei handelt es sich um künstliche Fahrgeräusche, weil erst ab einer Geschwindigkeit von circa 20 km/h die Abrollgeräusche der Reifen deutlich zu hören sind. Weitere Messungen erfolgten bei 30 km/h sowie beim Rückwärtsfahren mit an- und abgeschaltetem Rückfahrwarner. Zudem wurden Daten zur beschleunigten Anfahrt erhoben. Jede Messung wurde mindestens zehnmal durchgeführt.
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