Fachforum: So kommt Verpackung in den Kreislauf

LOGISTIK HEUTE diskutierte im Rahmen der FACHPACK 2022, wie Industrie- und Onlineverpackungen mehrwegfähig werden können.

Diskutierten über die kreislauffähige Verpackungen der Zukunft (v.l.n.r.): Michael Koscharnyj (Logistikbude), Sandra Lehmann (LOGISTIK HEUTE) und Jürgen Krahé (Orbis). Dr. Till Zimmermann (Ökopol) war digital aus Hamburg zugeschaltet. (Foto: Lara Cordes/Orbis)
Diskutierten über die kreislauffähige Verpackungen der Zukunft (v.l.n.r.): Michael Koscharnyj (Logistikbude), Sandra Lehmann (LOGISTIK HEUTE) und Jürgen Krahé (Orbis). Dr. Till Zimmermann (Ökopol) war digital aus Hamburg zugeschaltet. (Foto: Lara Cordes/Orbis)
Sandra Lehmann

Die Bundesrepublik ist eine Wegwerfgesellschaft – rund 78 Kilogramm Verpackungsmüll pro Kopf fielen 2020 in Deutschland an. Das sind 19 Kilogramm mehr als noch im Jahr davor schätzt das Statische Bundesamt. Verpackungen so zu gestalten, dass diese ihre Funktion erfüllen und trotzdem langlebig und am Ende ihres Lebenszyklus gut recycelbar sind, gilt deshalb als wichtiger Ansatz für mehr Nachhaltigkeit. Dieses Konzept der Kreislaufwirtschaft spielt auch für Industrie- und E-Commerceverpackungen eine wichtige Rolle. Wie der Wie der Wechsel von Einweg zu Mehrweg gelingen kann, diskutierte LOGISTIK HEUTE-Redakteurin Sandra Lehmann gemeinsam mit Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft im Rahmen des Fachforums „Ohne Ende – Was kreislauffähige Verpackungen für Logistik und Versand leisten können“, das am 27. September anlässlich der europäischen Verpackungsmesse FACHPACK 2022 stattfand.

Mehrweg ist Verpackung der Zukunft

Im Bereich Onlinehandel etwa könnten die Umweltauswirkungen durch den Einsatz von Mehrwegverpackungen deutlich reduziert werden, erläuterte Dr. Till Zimmermann, Ressourcen- und Kreislaufwirtschaft sowie Emissionsberichterstattung beim Institut für Ökologie und Politik Ökopol in Hamburg in seinem Vortrag. Aus Sicht des Wissenschaftlers stellt Mehrweg demnach die Verpackungsvariante der Zukunft auch für den Bereich E-Commerce dar. Hemmnis dieser Entwicklung sind Zimmermann zufolge allerdings die momentan noch hohen Kosten für eine Rückführung von Mehrwegversandverpackungen in Deutschland, was auch den fehlenden logistischen Ansätzen für diesen Punkt geschuldet sei. Anbieterübergreifende Pooling-Konzepte sieht Zimmermann als erfolgversprechende Möglichkeit Kosten einzusparen und kreislauffähige Verpackungen für den E-Commerce in Serie zu bringen.

Wie kreislauffähige Transportverpackungen zu nachhaltigen Lieferketten beitragen können, erläuterte Jürgen Krahé, Senior Commercial Director EMEA beim Verpackungsanbieter Orbis. Er zeigte die Umweltauswirkungen von Einwegtransportverpackungen aus Karton und einer Mehrwegtransportbox aus Kunststoff im Vergleich. Dabei wies der Supply Chain Experte darauf hin, dass die Kunststoffvariante der Kartonverpackungen sowohl bei der Energie als auch beim CO2-Ausstoß als auch bei den Feststoffabfällen überlegen ist. So erzeugt die Produktion der Großkartonage etwa 90 Tonnen CO2-Equivalente, die Kunststoffbox jedoch nur rund 18 Tonnen. Um Mehrwegverpackungen aus Kunststoff noch zukunftsfähiger zu gestalten und Energie- und Wassereinsatz sowie Abfälle zu reduzieren, tüftelt man bei Orbis aktuell daran, das Gewicht von Verpackungen noch weiter zu reduzieren, den Anteil an Rezyklaten zu erhöhen und wertvolles Material in der Produktion zu sparen.

Den Kreislauf von Mehrwegverpackungen im Logistik- und Industriebereich digital zu unterstützen, hat sich das Start-up Logistikbude zur Aufgabe gemacht. Die Ausgründung aus dem Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik, bietet die Nachverfolgung von Ladungsträgern über den gesamten Lebenszyklus und die Abfallhierarchie hinweg. Von der Vermeidung bis zur Verwertung sollen so Effizienzgewinne und Reduktion von Emissionen erzielt werden, wie Michael Koscharnyj, Mitbegründer und COO des Jungunternehmens dem Publikum erläuterte. Beispielsweise könnten durch digitales Bestandsmanagement der Schwund von Ladungsträgern minimiert und die Umlauf- und Durchlaufzeiten minimiert werden. Und auch beim Recycling und der Verwertung helfen digitalgestützte Informationen, so Koscharnyj. Über die digitale Ladungsträgerakte könnten Nutzer etwa Stammdaten zu den einzelnen Verpackungen abfragen und so den passenden Recyclingweg wählen. Auch könnte man den individuellen Status im Lebenzyklus eines jeden Ladungsträgers einsehen.

Kein Zurück zu Einweg

Hinsichtlich der zukünftigen Entwicklungen im Bereich Kreislaufwirtschaft und den Auswirkungen aktueller Herausforderungen wie der Energiekrise und gestörter Lieferketten, waren sich alle drei Referenten in der anschließenden Diskussionsrunde einig: Ein Zurück zur Einwegverpackung wird es weder im Onlinehandel noch im Logistik- und Industriebereich geben. Dafür sei der Druck auf viele Unternehmen, dem Klimawandel entgegenzuwirken einfach zu hoch. Zudem berge die Beschäftigung mit Kreislaufmodellen sowohl für Handel, Industrie als auch Verpackungswirtschaft mehr Vor- als Nachteile. Dazu zählen den drei Experten zufolge etwa die Reduktion des eigenen CO2-Fußabdrucks in der gesamten Lieferkette sowie die damit verbunden auch Geld- und Materialersparnisse.

Das Panel ist bis Ende dieses Jahres über myFACHPACK kostenfrei abrufbar.