EMI für Mai: Exporteinbußen machen deutscher Industrie zu schaffen

Der Einkaufsmanagerindex ist im Mai noch tiefer in den roten Bereich gerutscht. Schuld an der sich verschlechternden Lage im verarbeitenden Gewerbe ist die anhaltende Nachfrageflaute.

Das verarbeitende Gewerbe in Deutschland ist in der Krise, so die Zahlen des Mai-EMI. (Symbolbild: eak8dda/Adobestock)
Das verarbeitende Gewerbe in Deutschland ist in der Krise, so die Zahlen des Mai-EMI. (Symbolbild: eak8dda/Adobestock)
Therese Meitinger

Der „HCOB Einkaufsmanagerindex Deutschland“ (EMI), der im Auftrag des Bundesverband Einkauf, Materialwirtschaft und Logistik (BME) erstellt wird, rutschte im Mai noch tiefer in den roten Bereich. Mit 43,2 Punkten lag er unter dem April-Wert (44,5) und zugleich auf dem tiefsten Stand seit drei Jahren. Die sich verschlechternde Lage des Verarbeitenden Gewerbes geht dem BME zufolge in erster Linie auf die anhaltende Nachfrageflaute in allen Bereichen zurück. Die EMI-Umfrageteilnehmer nannten dazu eine Reihe von Gründen, wie beispielsweise den Lagerbestandsabbau ihrer Kunden, die nachlassende Investitionsbereitschaft angesichts ungünstigerer Kreditkonditionen, den unsicheren Geschäftsausblick sowie die vielerorts knappen Budgets.

„Die aktuellen EMI-Daten belegen es: Die deutsche Industrie steckt in der Krise. Damit ist zu befürchten, dass dem Verarbeitenden Gewerbe der größten Volkswirtschaft Europas schwierige Monate bevorstehen“, betont BME-Hauptgeschäftsführerin Dr. Helena Melnikov.

Anhaltender Abwärtstrend bei den Kosten

Der Außenhandelsnation Deutschland machten vor allem die im Mai deutlich gesunkenen Exportneuaufträge zu schaffen, so Melnikov weiter. Erfreulich sei dagegen der seit Februar in den Unternehmen anhaltende Abwärtstrend bei den Kosten. So seien die Einkaufspreise dank geringerer Nachfrage nach Rohstoffen und Produktionsmaterialien weiter gesunken.

„Deutschland hat zwei Quartale mit sinkendem Sozialprodukt hinter sich. Dies gilt landläufig als Rezession“, kommentiert Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, auf BME-Anfrage die aktuellen EMI-Daten. Nach vorne gerichtet seien die Signale zweischneidig. Die Lieferkettenproblematik sei verschwunden, die Läger seien voll, aber die Nachfrage schwächele. So überrasche es nicht, dass der EMI zuletzt weiter nachgegeben hat.

„Es bleibt zu hoffen, dass der nachlassende Preisdruck dazu führt, dass der Zinserhöhungszyklus sich seinem Ende nähert, so dass die Rezession ebenfalls ausläuft. Allerdings besteht das Risiko, dass die EZB versucht, ihre viel zu spät eingeleitete Zinswende mit zu restriktiver Geldpolitik zu kompensieren“, fügte die Helaba-Bankdirektorin in ihrem Statement für den BME hinzu.

Die Entwicklung der EMI-Teilindizes im Überblick:

Produktion: Nach minimalen Zuwächsen in den drei Vormonaten ging die Industrieproduktion im Mai erstmals wieder zurück. Ausschlaggebend war ein kräftiges Minus im Vorleistungsgüterbereich; auch im Konsumgüterbereich schrumpfte die Fertigung deutlich. Im Gegensatz dazu verzeichneten die Hersteller von Investitionsgütern erneut ein Plus, wenngleich dieses geringer ausfiel als im Vormonat. In den meisten Fällen war der rückläufige Auftragseingang für die niedrigeren Produktionsvolumina verantwortlich.

Auftragseingang: Die Anzahl der Neuaufträge ist im Berichtsmonat nicht nur zum wiederholten Mal, sondern auch noch stärker zurückgegangen als zuletzt. Nach den zaghaften Aufwärtstrends in den vergangenen Monaten sackte der saisonbereinigte Teilindex noch tiefer unter die Referenzlinie von 50,0 Punkten und notierte auf dem niedrigsten Stand seit November 2022. In allen drei Teilbereichen wurden Rückgänge verbucht, was viele Befragte dem zurückhaltenden Konsumverhalten der Verbraucher, dem Abbau der Lagerbestände seitens der Kunden sowie der mangelnden Investitionsbereitschaft zuschrieben.

Auftragseingang Export: Eine der Ursachen für die schwachen Werte im Mai war der massive Rückgang der Exportneuaufträge, die so kräftig schrumpften wie seit sieben Monaten nicht mehr. Zudem fiel hier das Minus größer aus als beim Gesamtauftragseingang. Laut EMI-Umfrageteilnehmern brach die Nachfrage gleich in mehreren wichtigen internationalen Märkten ein, darunter China, die USA und Teile Europas.

Geschäftsaussichten: Mitte des zweiten Quartals hat sich die Stimmung in der deutschen Industrie merklich eingetrübt. Zum ersten Mal seit fünf Monaten rechnen mehr Unternehmen binnen Jahresfrist mit Produktionseinbußen als mit Zuwächsen. Viele EMI-Befragte begründeten dies mit dem unsicheren weltwirtschaftlichen und geopolitischen Umfeld sowie Bedenken hinsichtlich steigender Zinsen und der anhaltenden Zurückhaltung ihrer Kunden.

Beschäftigung: Lichtblick war einmal mehr die Beschäftigung. Trotz schleppender Produktion und anhaltend rückläufiger Neuaufträge setzten die Hersteller ihren Jobaufbau fort und stellten abermals neue Mitarbeiter ein, womit das im März 2021 begonnene Wachstum weiter anhält. Die Steigerungsrate hat gegenüber dem 26-Monatstief von April sogar noch leicht angezogen, da sowohl im Konsum- als auch im Investitionsgüterbereich kräftige Zuwächse verzeichnet wurden.

Einkaufspreise: Der im Februar begonnene Abwärtstrend bei den Kosten setzte sich auch im Mai fort. Demnach verbilligten sich die Einkaufspreise so rasant wie seit Februar 2016 nicht mehr. Laut EMI-Befragten waren vor allem die geringere Nachfrage nach Rohmaterialien sowie die aktuell sinkenden Energiekosten ausschlaggebend für den erneuten Rückgang. Die deutlichsten Reduzierungen verzeichneten die Hersteller von Konsum- und Vorleistungsgütern.

Verkaufspreise: Nach der vierten Abschwächung in Folge fiel der Anstieg der Verkaufspreise nur geringfügig aus. Der saisonbereinigte Teilindex notierte hauchdünn über der neutralen Schwelle von 50,0 Punkten und damit auf dem niedrigsten Stand seit mehr als zweieinhalb Jahren. Angesichts der abflauenden Nachfrage und des damit einhergehenden zunehmenden Wettbewerbsdrucks neigen mehr und mehr Unternehmen dazu, ihre Preise entweder unverändert zu lassen oder sie sogar den geringeren Kosten entsprechend etwas zu senken.