Nach einer schwächeren ersten Jahreshälfte aufgrund wachsender Rezessionsängste sind die Gesamtumsätze im E-Commerce mit Waren von Anfang Juli bis Ende September zum Vorjahreszeitraum nominal, das heißt nicht inflationsbereinigt, weiter um 10,8 Prozent auf 19,8 Milliarden Euro (brutto) gesunken. Das berichtet der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh) in einer Pressemitteilung vom 5. Oktober. Ein Rückfall auf das Niveau vor der Pandemie ist demnach dennoch nicht erkennbar: Die aufgelaufen Umsätze der ersten drei Quartale dieses Jahres lägen mit 4,4 Prozent unter dem Vergleichszeitraum des Vorjahres, aber 15 Prozent über dem Vergleichszeitraum des Jahres 2020 und noch immer 27,2 Prozent über dem Vergleichszeitraum des Jahres 2019.
„Der E-Commerce kann sich nicht von der Konsumstimmung abkoppeln. Sogar in Warengruppen, die noch ein leichtes Plus ausweisen, resultiert dies bestenfalls aus der allgemeinen Preissteigerung. Allerdings ist dies kein strukturelles Problem des Vertriebswegs „Internet“. Die Branche ist im dritten Quartal trotz der gegenwärtigen Krise des gesamten Handels gegenüber dem letzten Vor-Corona-Jahr 2019 noch immer 16 Prozent im Plus“, erklärt Martin Groß-Albenhausen, Stellvertretender Hauptgeschäftsführer des bevh.
Direkt nach ihren Ausgabenerwartungen gefragt, gaben im dritten Quartal im Durchschnitt 30,1 Prozent der Kunden an, im Vergleich zum jeweiligen Vormonat „weniger Geld für Waren im Onlinehandel ausgeben zu wollen“. Im zweiten Quartal 2022 waren es noch 26,6 Prozent, im ersten Quartal 2022 nur 18,4 Prozent der Kunden, so der bevh.
Wichtige Ausgaben haben Vorrang
In der Konsumkrise priorisieren die Kunden ihren Konsum neu und schieben nicht-essentielle Einkäufe sowie größere Kostenposten auf: Im Vergleich am stärksten getroffen habe es das Segment „DIY & Blumen“ mit einem Umsatzrückgang von 26,3 Prozent, gefolgt vom Segment „Auto & Motorrad“ (minus 24,3 Prozent) und „Schuhe“ (minus 22,3 Prozent). Auffällig sind auch die Segmente „Schmuck & Uhren“ sowie „Möbel, Lampen & Dekoration“, die Rückgänge von 21,7 beziehungsweise 15,6 Prozent ausweisen. Am „positiven“ Ende des Spektrums liegen Medikamente (plus 4,7 Prozent) sowie Lebensmittel und Bürobedarf mit einem nicht inflationsbereinigten Umsatzplus von jeweils drei Prozent.
Anzeichen, wonach die Konsumenten ihre Ausgaben nach Lockerung der Corona-Einschränkungen von Warenbestellungen hin zu Erlebnissen und Reisen verlagert haben könnten, sind schwach bis nicht vorhanden, heißt es vonseiten des Verbands. So liege der Umsatz mit digitalen Dienstleistungen, unter die das Ticketing für Events sowie Flug- und Reisebuchungen fallen, zwar um 28,7 Prozent über dem Vorjahreszeitraum. Hierbei handele es sich jedoch um einen Nachholeffekt nach dem enormen Einbruch während der Corona-Hochphase. Eigentlich hätte ein weit stärkerer Anstieg erwartet werden können, wie der bevh feststellt. Eine auffällig erhöhte Ausgabenbereitschaft lasse sich aktuell aber nicht feststellen: Die Umsätze mit digitalen Dienstleistungen liegen noch immer 43,1 Prozent unter dem Niveau des dritten Quartals von 2019. Damit erreiche das Ausgabenverhalten nicht einmal annähernd die gewohnte Größenordnung vor der Pandemie.
Mulichannel-Händler leiden unter schlechter Konsumlaune
Die schlechte Konsumlaune drücke sehr unterschiedlich auf die Umsätze der Händler. Mit einem Umsatzrückgang von 21,5 Prozent zum Vorjahresquartal trifft es abermals die Multichannel-Händler am stärksten. Deutlich geringer fällt das Minus bei Online-Markplätzen (minus 9,2 Prozent) und Online-Pureplayern (minus 9,1 Prozent) aus. Am stabilsten konnte sich der digitale Direktvertrieb der Hersteller halten (minus 2,5 Prozent). Für besonders strahlkräftige Marken könnte sich in der Konsumkrise auszahlen, dass sie eine direkte und engere Bindung mit ihren Kunden unterhalten, so der bevh.
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