E-Commerce: Langfristiges Wachstum trotz Umsatzrückgang

Der deutsche Onlinehandel hat 2022 mehr als 90 Milliarden Euro mit Waren ungesetzt.

Das Shoppen im Internet macht den Deutschen nach wie vor Spaß, das Geld sitzt seit dem Ukraine-Krieg allerdings nicht mehr so locker: 2022 gab es beim Umsatz mit Waren einen Rückgang von 8,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. (Symbolbild: Ipopba/AdobeStock)
Das Shoppen im Internet macht den Deutschen nach wie vor Spaß, das Geld sitzt seit dem Ukraine-Krieg allerdings nicht mehr so locker: 2022 gab es beim Umsatz mit Waren einen Rückgang von 8,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. (Symbolbild: Ipopba/AdobeStock)
Sandra Lehmann

Die Umsätze mit Waren im Onlinehandel sind 2022 gegenüber dem starken Vorjahr zurückgegangen. Wie der Verband E-Commerce- und Versandhandel (bevh) im Rahmen einer Pressekonferenz am 26. Januar bekannt gab, hat der E-Commerce-Sektor im vergangenen Jahr nominal – also ohne Inflationsbereinigung – mit Waren 90,4 Milliarden Euro brutto umgesetzt. Das entspricht einem Rückgang von 8,8 Prozent im Vergleich zu 2021. Der Umsatz mit Dienstleistungen habe sich im Gegensatz dazu erholt. In diesem Bereich wurden 2022 etwas mehr als elf Milliarden Euro brutto umgesetzt, das sind 39,9 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor. Diese Verbesserung ist dem bevh zufolge dem Abklingen der Coronapandemie geschuldet. Insbesondere der Umsatz mit Dienstleistungen hatte 2020 und 2021 stark unter Einschränkungen durch Lockdowns und die Schließung öffentlicher Bereiche gelitten.

Konsumlaune durch Ukraine-Krieg gesunken

Aus Sicht des Verbands ist der Rückgang im Umsatz mit Waren vor allem durch den Krieg gegen die Ukraine bedingt. Lag dieser Sektor zu Beginn des Jahres 2022 zehn bis zwölf Prozent über dem Vorjahreszeitraum, habe es ab dem 24. Februar einen Rückgang des Konsums gegeben.

Rückgang beim Marktanteil

Der Anteil des E-Commerce mit Waren am gesamten Einzelhandel im engeren Sinn (inklusive Lebensmittel, aber ohne Apotheken-Umsätze) ging 2022 auf 11,8 Prozent zurück (2021: 14,3 Prozent). Betrachtet man nur den Anteil am Nonfood-Handel, liegt der Marktanteil des E-Commerce mit 15,4 Prozent ebenfalls unter den im vergangenen Jahr erzielten rund 20 Prozent.

Dennoch ist der bevh davon überzeugt, dass der E-Commerce sich auf einem langfristigen Wachstumskurs befindet. Begründet sei dies auch durch eine leichte Erholung des Konsumklimas und der Kauflust, die der Verband beobachte. Zudem lag der Onlinehandel mit Waren verglichen mit den Umsätzen vor Corona (2019) vergangenes Jahr noch immer 24,5 Prozent im Plus. Dienstleistungen sind mit einem Rückstand von 42,2 Prozent im Vergleich zu 2019 hingegen noch weit davon entfernt, das Niveau der Vor-Corona-Jahre zu erreichen.

„Auch der Onlinehandel nimmt die Krise wahr. Die merkliche Kaufzurückhaltung, vor allem bei nicht unmittelbar notwendigen Dingen, zeigt die aktuelle Verunsicherung der Menschen verbunden mit gestiegenen Lebenshaltungskosten. Die Auswahl, Verfügbarkeit und Transparenz im Onlinehandel werden von den Kunden gerade jetzt geschätzt und die Zufriedenheit mit dem Kauf im Netz ist so hoch wie nie. Verbessern sich Rahmenbedingungen und Konsumstimmung, wird der E-Commerce daher weiter überdurchschnittlich wachsen“, ist sich Gero Furchheim, Präsident des bevh, sicher.

In den einzelnen Warenclustern weist allein die Gruppe „Täglicher Bedarf“ ein leichtes, nominales Wachstum von einem Prozent auf. In den anderen großen Warenclustern gab es Rückgänge. Am stärksten davon betroffen ist der Bereich Bekleidung – hier verzeichneten Händler ein Minus von 13,7 Prozent. Dicht dahinter folgt die Kategorie Unterhaltung die 2022 einen Rückgang von 11,4 Prozent verkraften musste.

Akuter Bedarf als neue Kategorie

Neu eingeführt hat der bevh den Begriff „Akuter Bedarf“. Darunter zieht der Verband die Warengruppen „Haus- und Heimtextilien“, „Spielwaren“, „Lebensmittel“, „Haushaltswaren- und geräte“, „Medikamente“ sowie „Tierbedarf“ zusammen. Aus Sicht des bevh spiegeln diese Kategorien allesamt Produkte, deren Kauf bei Bedarf nicht aufgeschoben werden kann. Dieses neue Warencluster ist dem bevh zufolge gewachsen. Insgesamt wurden innerhalb dieser Gruppe 2022 rund 20,7 Milliarden Euro brutto umgesetzt. 2021 waren nur 20,4 Milliarden Euro brutto.

Onlinemarktplätze nach wie vor auf dem Vormarsch

Den höchsten Anteil am Onlineumsatz hatten 2022 die Onlinemarktplätze mit 45,9 Milliarden Euro brutto, was einem Anteil von 51 Prozent am Gesamtumsatz des Sektors entspricht. Am stärksten verloren am E-Commerce-Geschäft haben die stationären Einzelhändler, deren Umsatz 2022 um mehr als zwölf Prozent zurückging und die am Online- und Versandhandel lediglich 14 Prozent Anteil haben.

Leicht positive Prognose

Der bevh erwartet, dass die Vorteile des digitalen Einkaufens, wie Service, Transparenz und Verfügbarkeit dazu beitragen, dass der E-Commerce wieder etwas stärker als der Gesamtmarkt wächst. Aktuell geht der Verband für 2023 von einem Wachstum von 4,8 Prozent auf 94,7 Milliarden Euro für den für den E-Commerce mit Waren aus.