E-Commerce: Bei Onlinehändlern werden die Kartons knapp

Anbieter von Onlinewaren klagen dem bevh zufolge über deutlich gestiegene Preise für Verpackungen und befürchten durch die Energiekrise einen Mangel an Kartonagen. /aktualisiert

Die Kartons für den Onlinehandel könnten knapp werden. Laut einer Umfrage des bevh klagen bereits jetzt viele Händler über steigende Preise für Verpackungen und befürchten Engpässe. (Symbolbild: Cybrain/Fotolia)
Die Kartons für den Onlinehandel könnten knapp werden. Laut einer Umfrage des bevh klagen bereits jetzt viele Händler über steigende Preise für Verpackungen und befürchten Engpässe. (Symbolbild: Cybrain/Fotolia)
Sandra Lehmann

Der Onlinehandel in Deutschland leidet unter stark gestiegenen Preisen für Kartonagen und befürchtet im Zuge dessen einen Mangel an Verpackungsmaterial. Grund dafür sind unter anderem mögliche Lieferbeschränkungen der Papierindustrie, die durch den prognostizierten Gasmangel hervorgerufen werden. Das geht aus einer Umfrage des Bundesverbands für E-Commerce und Versandhandel (bevh) hervor, für die vom 28. Juni bis zum 28. August 2022 die Mitglieder des bevh online befragt wurden. Teilgenommen hat dem Verband zufolge fast jeder siebte Händler, der in dem Netzwerk organisiert ist.

Preise steigen weiter

Der Umfrage zufolge hätten sich für 93,8 Prozent der Unternehmen die Preise für Kartonagen in den vergangenen zwölf Monaten „deutlich erhöht“, für weitere 6,2 Prozent war die Erhöhung „moderat“. Kein einziges Unternehmen gab an, dass die Einkaufspreise gleich geblieben oder gefallen seien. Auch der Blick in die Zukunft lässt nichts Gutes erwarten: Danach gefragt, ob den Händlern von Lieferanten bereits weitere Preiserhöhungen für die kommenden zwölf Monaten angekündigt wurden, antworteten 70,8 Prozent mit „Ja“, nur 14,6 Prozent konnten die Frage verneinen. Ebenso viele Befragte gaben an, noch keine Gespräche mit Lieferanten für die nähere Zukunft geführt zu haben.

In der Folge sinken laut bevh die Lagerbestände. Lediglich 18,8 Prozent der befragten Unternehmen gab an, für die kommenden zwölf Monate entweder genügend Kartonagen auf Lager zu haben (14,6 Prozent) oder angesichts geringer Bestellmengen keinen Mangel an Kartonagen zu erwarten (4,2 Prozent). Der überwiegende Anteil der Händler sieht sich unterversorgt: 52,1 Prozent der befragten Unternehmen steht unter Druck, Kartonagen zu höheren Preisen nachkaufen zu müssen. Weitere 22,9 Prozent können selbst das nicht leisten und arbeiten bereits an alternativen Verpackungen. Die restlichen 6,2 Prozent können keine Angabe machen.

„Aus Gesprächen mit den Händlern wissen wir, dass die Mehrheit zwar rechtzeitig bevorratet hat – die Rede ist teils von einer Vervierfachung der Lagerbestände. Steigen die Preise aber weiter, und davon gehen die Händler fest aus, wird auch das nicht mehr reichen. Einige versuchen daher, Kartons wiederzuverwenden oder weichen auf B-Kartonagen aus, andere sehen sich nach alternativen Verpackungsmaterialien um wie zum Beispiel Kraftpapier statt Faltkartons“, erklärt Martin Groß-Albenhausen, Stellvertretender Hauptgeschäftsführer des bevh.

Der Verband der Wellpappen-Industrie (VDW) äußerte sich auf Anfrage von LOGISTIK HEUTE vom 30. August am 6. September wie folgt: "Das Stichwort „unterversorgt“, das in der Pressemitteilung des bevh fällt, können wir ausgehend von den uns vorliegenden Marktdaten nicht bestätigen. Wir verzeichnen aktuell keine Verknappung von Produkten aus Wellpappe. Von ansteigenden Kosten, die der bevh beklagt, sieht sich die Wellpappenindustrie selbst ebenfalls extrem stark betroffen. Bereits seit September 2020 sind die im VDW organisierten Unternehmen mit massiv erhöhten Papierpreisen konfrontiert. In welchem Ausmaß einzelne Unternehmen der Wellpappenindustrie vor diesem Hintergrund Preisanpassungen vorgenommen haben oder vornehmen müssen, wägen diese jeweils individuell auf Basis ihrer wirtschaftlichen Situation ab. Insgesamt haben die im VDW organisierten Unternehmen jedoch den immensen Kostendruck, dem sie bei den Rohstoffen ausgesetzt sind, keineswegs eins zu eins an die Abnehmerseite weitergegeben: Das Gesamtpreisniveau für Wellpappenrohpapier, dem wichtigsten Rohstoff für die Wellpappenproduktion, ist von September 2020 bis Mai 2022 um insgesamt 85,3 Prozent gestiegen. Das Preisniveau für Wellpappe hingegen lag im Mai 2022 hingegen lediglich 43,7 Prozent über dem Level vom September 2020. Die Wellpappenindustrie konnte also einen erheblichen Teil der erhöhten Preislast nicht im eigentlich notwendigen Maße weitergeben. Unabhängig von den derzeit an vielen Stellen und in zahlreichen Wirtschaftsbereichen zu beobachtenden Preissteigerungen überzeugen Wellpappenverpackungen weiterhin mit ihren Vorteilen: Sie sind besonders flexibel und für diverse Produktgruppen einsetzbar, bieten große Stabilität und Belastbarkeit bei vergleichsweise geringem Gewicht und werden in gebrauchtem Zustand zum wertvollen Rohstoff für das Recycling. Was den zuverlässigen Produktschutz angeht, sollte man aus unserer Sicht gerade in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten keine Kompromisse eingehen – denn ungeeignete oder unzureichende Verpackungen führen unweigerlich zu mehr Transportschäden und entsprechenden Verlusten."