Digitaler Lieferschein: Startschuss zu Cloud-Plattform Cloud4Log

Die BVL und GS1 Germany entwickelten „Cloud4Log“ gemeinsam mit mehr als 40 Unternehmen.

Der digitale Lieferschein ist Realität. Auf dem Deutschen Logistik-Kongress 2022 ging die Anwendung, die Papierbelege ersetzen soll, live. (Foto: dm)
Der digitale Lieferschein ist Realität. Auf dem Deutschen Logistik-Kongress 2022 ging die Anwendung, die Papierbelege ersetzen soll, live. (Foto: dm)
Therese Meitinger

Die Bundesvereinigung Logistik (BVL) und GS1 Germany haben am 20. Oktober auf dem Deutschen Logistik-Kongress in Berlin den Startschuss für den digitalen Lieferschein gegeben. Durch dessen Einführung mit der Onlineplattform „Cloud4Log“ soll dem aufwendigen Handling der bisher in Logistikprozessen üblichen Papierbelege ein Ende bereitet werden. Nach erfolgreichem vierwöchigem Praxistest des digitalen Lieferscheins haben die BVL und GS1 Germany zusammen mit T-Systems sowie mit zahlreichen Unternehmen aus Industrie, Handel und Logistikdienstleistung in diesem Jahr die technische Lösung für den Praxiseinsatz fertiggestellt. Das berichteten die Projektverantwortlichen im Rahmen des Deutschen Logistik-Kongress 2022, auf dem auch der Go-live der Anwendung erfolgte. Bereits 2021 war im Rahmen der Veranstaltung der Prototyp des digitalen Lieferscheins vorgestellt worden.

„Jetzt können sich alle Supply-Chain-Partner für den Cloud4Log-Service registrieren, um ab November digitale Lieferscheine und perspektivisch andere Transportdokumente über diese Onlineplattform auszutauschen. Das aufwendige Handling des Papier-Lieferscheins ist damit hinfällig“, erklärt Dr. Martin Schwemmer, Geschäftsführer der Bundesvereinigung Logistik (BVL).

Weitere Funktionalitäten geplant

Die Plattform sei in vielen Branchen für den Warenverkehr – von den Lieferanten bis zum Handel – sofort einsetzbar, heißt es. Weitere potenzielle, synergieschaffende Funktionalitäten, die die Effizienz entlang der Supply Chain weiter erhöhen sollen, sind den Projektpartnern zufolge in Planung. Dazu gehören zum Beispiel eine sogenannte digitale Pforte, über die die Fahrerinnen und Fahrer alle notwendigen Informationen, wie zum Beispiel Parkplatz und Entladetor, auf ihr Smartphone erhalten sowie ein digitaler Self-Check-In-Service für das Fahrpersonal.

Aktuell 49 Unternehmen aus Industrie, Logistikdienstleistung und Handel wirken GS1 zufolge derzeit an Cloud4Log mit. Hierzu gehören unter anderem Lieferanten wie Eckes-Granini, Frosta, Henkel, Nestlé und Transportunternehmen wie Dachser, DHL Supply Chain, Fiege und die Nagel-Group. Aus dem Handel beteiligen sich zum Beispiel dm-Drogerie Markt, Lidl und Rewe.

Die digitalen Lieferscheine stehen nach Angaben der Projektpartner für die Dauer des Lieferprozesses und zehn Wochen darüber hinaus zur Verfügung. Ausdruck, Weitergabe, Transport und Quittierung des Papierbelegs seien somit überflüssig, heißt es. Aber auch für Unternehmen abseits des Konsumgüterbereiches sei der digitale Lieferschein interessant, wie GS1 Germany im Rahmen einer Pressekonferenz am 20. Oktober erläuterte. Aktuell sei man auch mit Anbietern aus den Bereichen Technologie und Automotive in Gesprächen. 

„Die Besonderheit der Cloud4Log-Lösung liegt in der Neutralität der Plattform und dem Community-Gedanken. Dieser Ansatz stellt sicher, dass die Interessen aller Prozessbeteiligten berücksichtigt werden“, betont Oliver Püthe, Lead Industry Engagement bei GS1 Germany.

So funktioniert der digitale Lieferschein

Im Detail sieht der Prozess so aus: Der Verlader oder die Verladerin auf Lieferantenseite legt die Lieferscheine in der Cloud ab. GS1 Identifikationsstandards sorgen dafür, dass das digitale Dokument eindeutig der jeweiligen Lieferung und dem jeweiligen Warenversender zugeordnet werden kann. Übernimmt der Logistikdienstleister die Ladung, scannt der Fahrer oder die Fahrerin einen im Warenausgang des Herstellers erzeugten QR-Code, zum Beispiel per Smartphone mit Scanfunktion über die integrierte Kamera.

Der Zugriffslink zum digitalen Lieferschein wird als Karte im Smartphone-Wallet des Fahrers oder der Fahrerin hinterlegt; eine Funktion, die bereits von Flugtickets oder Konzertkarten bekannt ist. Während des Transports sind die digitalen Lieferscheindokumente jederzeit abrufbar und können bei Kontrollen vorgezeigt werden. Im Wareneingang des Händlers wird der digitale Lieferschein wieder per Scan des QR-Codes auf dem Smartphone aus der Cloud zur weiteren Bearbeitung eingelesen.

Dokumentationen zu Mengenabweichungen und Lademitteltausch sowie Wareneingangsbelege oder auch Schadensbilder können dem digitalen Lieferschein in Echtzeit in der Cloud angefügt werden. Die Quittierung durch Empfänger und Fahrer versetzt den Lieferschein in einen abgeschlossenen, nicht mehr änderbaren Status. Durch die Cloud-Lösung wird vermieden, dass der Lieferschein auf mehreren digitalen Endgeräten der Frachtführer liegt. Somit haben immer nur die jeweils unmittelbar am Prozess Beteiligten Zugriff auf den jeweils aktuellen Stand der Dokumente.

Insellösungen integrierbar

Die neutralen Rollen von der BVL und GS1 Germany sollen gewährleisten, dass die Eintrittsbarrieren niedrig sind und der Service für Teilnehmer in allen Branchen und Märkten zur Verfügung steht. Bereits bestehende unternehmens- oder branchenspezifische Insellösungen für digitale Lieferscheine sind integrierbar. Die Daten werden bei Cloud4Log über die Open Telekom Cloud (OTC) verarbeitet. Entwickelt hat die technische Infrastruktur und geeignete Front-End-Lösung T-Systems. Die Zusammenarbeit mit der Telekom-Tochter garantiere die Datenspeicherung und -verarbeitung über einen in Deutschland betriebenen Server und damit Datenschutz und -sicherheit nach europäischem Recht, heißt es.