CSR: Lieferkettengesetz soll im August vorgelegt werden

Zugleich begegnet der Gesetzesinitiative heftiger Gegenwind aus der Wirtschaft.

Lassen sich soziale und ökologische Mindeststandards per Gesetz gewährleisten? (Foto: Thevisualsyouneed / Adobe Stock)
Lassen sich soziale und ökologische Mindeststandards per Gesetz gewährleisten? (Foto: Thevisualsyouneed / Adobe Stock)
Therese Meitinger

Ein Lieferkettengesetz, das Unternehmen für die Wahrung sozialer und ökologischer Mindeststandards entlang der Supply Chain haftbar macht, wird immer wahrscheinlicher.   Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) kündigten ein entsprechendes Vorhaben am 14. Juli bei der Präsentation der Ergebnisse einer Unternehmensumfrage zum „Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte“ (NAP) an. Über die Erhebung sollte ermittelt werden, ob deutsche Firmen ihren unternehmerischen Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette freiwillig nachkommen.

Doch das Ergebnis der Umfrage fiel nach Müllers Einschätzung „ernüchternd“ aus: Von 2.250 angeschriebenen Unternehmen hatten lediglich 455 umfassend Auskunft über ihre CSR-Aktivitäten gegeben; nur 22 Prozent schafften es, die im NAP beschriebenen Mindestanforderungen zu erfüllen. Der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD sieht jedoch für den Fall, dass weniger als die Hälfte der befragten Unternehmen ihren Sorgfaltspflichten nachkommt, gesetzgeberische Maßnahmen vor. Darauf beriefen sich nun Hubertus Heil und Gerd Müller, als sie ein Lieferkettengesetz noch für diese Legislaturperiode ankündigten: Das Gesetz soll nun zügig in den Ministerien ausgearbeitet werden und im August in das Gesetzgebungsverfahren eintreten. Gelten soll die Vorschrift für diejenigen rund 7300 deutschen Unternehmen, die mehr als 500 Beschäftigte haben.   

Verfahren beschleunigen: Merkel dafür, Altmaier dagegen

Doch ein Lieferkettengesetz ist nicht unumstritten. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach Informationen des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ angesichts der Ergebnisse der Befragung schon zuvor darauf gedrungen haben soll, das Gesetzesvorhaben voranzutreiben, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, er sehe keinen Grund zur Beschleunigung des Verfahrens. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer stellte sich hingegen hinter das Gesetz:

„Niemand will als mündiger Verbraucher Kinderarbeit oder anderes unterstützten. In einem solchen Lieferkettengesetz legen wir dafür eine Grundlage“, sagte Kramp-Karrenbauer gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (DPA).

Wirtschaft sieht vor allem Nachteile

Die großen Wirtschaftsverbände positionierten sich bereits vor dem Bekanntwerden der Umfrageergebnisse klar gegen ein Lieferkettengesetz. In einem gemeinsamen Statement erteilten der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der Handelverband Deutschland (HDE) der Initiative eine Absage. Sie beriefen sich dabei unter anderem auf die besonderen Belastungen der Coronakrise, denen sich Industrie und Handel nun gegenübersähen.

„Es müssen nationale Sonderwege mit nationalen Belastungen vermieden werden, um die ohnehin schwierige Wirtschaftserholung nicht noch mehr zu verzögern. Unternehmen benötigen jetzt als Ressourcen im Kampf gegen die Corona-Auswirkungen“, heißt es in dem Statement.

Weiterführende Inhalte

Ein Lieferkettengesetz würde nicht nur deutsche Unternehmen belasten; es helfe auch Handelspartnern und den bei Zulieferern beschäftigten Menschen in Entwicklungsländern nicht. So argumentieren die Verbände weiter:

„Denn im Zweifel erhöht es nur für deutsche Unternehmen den Druck, zur Vermeidung von Haftungsrisiken nicht mit Unternehmen in anderen Ländern zusammenzuarbeiten und sich von dort zurückzuziehen, anstatt zu investieren. Kein Unternehmen darf für das Verhalten unabhängiger Dritter im Ausland in formale Haftung genommen werden.“

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