CSR: Faire Lieferketten per Gesetz?

Die Titelstory der LOGISTIK HEUTE-Ausgabe 3/2020 nimmt Lieferkettengerechtigkeit in den Fokus.

Wer trägt die Verantwortung für die Wahrung sozialer und ökologischer Mindeststandards entlang der Lieferkette? (Foto: TheVisualsYouNeed, Adobe Stock)
Wer trägt die Verantwortung für die Wahrung sozialer und ökologischer Mindeststandards entlang der Lieferkette? (Foto: TheVisualsYouNeed, Adobe Stock)
Therese Meitinger

1.100 Menschen starben im April 2013 beim Einsturz des Fabrikkomplexes Rana Plaza in Sabhar, Bangladesch. Katastrophen wie diese werfen ein Schlaglicht auf die Bedingungen, unter denen Menschen in Entwicklungsländern Waren für den europäischen Markt fertigen. Und sie unterstreichen die Frage, wer dafür haftet, wenn – wie im Fall Rana Plaza – minimale Sicherheitsvorgaben missachtet wurden. Zwar waren die Näherinnen in Sabhar bei lokalen Unternehmen beschäftigt, doch diese lieferten direkt an verschiedene europäische Textilkonzerne – und waren unmittelbar von ihnen abhängig.

Die Ansicht, dass europäische Unternehmen eine Mitverantwortung für die Einhaltung sozialer und ökologischer Mindeststandards entlang der Lieferkette tragen, hat sich mittlerweile in breiten Teilen von Politik und Wirtschaft durchgesetzt. Nach wie vor strittig ist, welche Rahmenbedingungen Firmen zum Einhalten ihrer unternehmerischen Sorgfaltspflichten bewegen sollen. Deutschland setzte in Sachen Corporate Social Responsibility (CSR) lange Zeit auf Freiwilligkeit. Als jedoch eine Befragung deutscher Unternehmen im letzten Jahr ergab, dass soziale und ökologische Mindeststandards in deren SCM häufig nicht implementiert wurden, beschlossen die Bundesminister Hubertus Heil (SPD) und Gerd Müller (CSU) eine Änderung der Strategie. Sie kündigten an, einen Gesetzentwurf zur Einhaltung von Standards in der globalen Produktion zu erarbeiten.

Freiwilliges Engagement oder konkretes Gesetz?

„Da geht es um die Einhaltung von Standards, um das Nein zu Kinderarbeit, Dumping-Löhnen und Ausbeutung. Auch der Arbeitsschutz muss gewährleistet sein“, sagte Hubertus Heil dazu im Dezember 2019 gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. In der Wirtschaft wird das Vorhaben seitdem kontrovers diskutiert. So kritisierten Verbände etwa, gesetzgeberische Vorgaben in Sachen CSR würden die Realität komplexer moderner Lieferketten verkennen.

„Für Dritte haften, auch in Ländern, deren Regierungen – vorsichtig formuliert – keine Vorreiter in Sachen Menschenrechte und die Bedingungen politisch mehr als schwierig sind? Selbst beim besten guten Willen, der uns deutschen Unternehmern nicht abgesprochen werden kann, sind solche Vorgaben nicht umzusetzen“, sagte etwa Ingeborg Neumann, Präsidentin des Gesamtverbandes der deutschen Textil- und Modeindustrie in einem Statement.

Auf der anderen Seite stehen Unternehmen, die sich bewusst für ein Lieferkettengesetz ausgesprochen haben – etwa weil sie bereits selbst stark in CSR engagiert sind und darin aktuell auch Wettbewerbsnachteile erkennen.

„Wir sind seit fünf Jahren Mitglied beim Textilbündnis, doch nur etwa 50 Prozent der Unternehmen der Textilindustrie beteiligen sich daran“, sagt etwa Jan Lorch, Geschäftsführer Vertrieb / Logistik & CSR beim Outdoorspezialisten Vaude gegenüber LOGISTIK HEUTE. Die freiwillige Mitgliedschaft bringe Pflichten, Due-Diligence-Prozesse und Kosten mit sich, die andere Unternehmen sich sparten. Er sieht den Gesetzgeber in der Pflicht, gleiche Bedingungen für alle Firmen zu schaffen.

Mehr über die Frage nach unternehmerischen Verantwortung entlang der Lieferkette und die Debatte um eine gesetzliche Regelung lesen Sie in der Titelgeschichte der LOGISTIK HEUTE-Ausgabe 3/2020, die am 25. März erschienen ist.  

Übrigens: In Zeiten der Coronavirus-Krise möchten auch wir bei LOGISTIK HEUTE ein positives Zeichen setzen. Die aktuelle Ausgabe LOGISTIK HEUTE 3/2020 ist in der LOGISTIK HEUTE-App daher frei lesbar. Laden Sie dafür einfach die LOGISTIK-HEUTE-App kostenlos im Google Play Store oder im App Store von Apple herunter und wählen Sie dann LOGISTIK HEUTE 3/2020.

In Zeiten der Coronavirus-Krise

Sehr gerne hätte LOGISTIK HEUTE vom 10. bis 12. März über das Geschehen auf der LogiMAT 2020 in Stuttgart berichtet. Doch am 4. März wurde die 18. Internationale Fachmesse für Intralogistik-Lösungen und Prozessmanagement aufgrund einer behördlichen Anordnung im Zuge der Coronavirus-Krise abgesagt.

Was sich Aussteller der Leistungsschau einfallen ließen, um trotzdem ihre neuen Produkte und Services ins Rampenlicht zu stellen, erfahren Sie in unserem Report ab Seite 42.