Coronakrise: Digitalisierungsgrad steigt nur sehr langsam

Einer BME-Umfrage zufolge versuchen sich die meisten Unternehmen über Personalmanagement an die neue Normalität anzupassen.

Die Coronakrise galt bisher als Treiber der digitalen Transformation - zu Recht?
Die Coronakrise galt bisher als Treiber der digitalen Transformation - zu Recht?
Therese Meitinger

Während sich seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie die Anzahl der Unternehmen mit Mitarbeitern im Homeoffice fast verdoppelt hat, ist der Digitalisierungsgrad administrativer Prozesse bisher kaum gestiegen. Das ist eines der zentralen Ergebnisse der gemeinsamen Studie des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) und der Beratungsgesellschaft Expense Reduction Analysts, die am 29. Oktober veröffentlicht wurde. Die Umfrage wurde einer Pressemitteilung zufolge im dritten Quartal 2020 unter 141 Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz durchgeführt.

Die aktuelle Coronakrise stelle fast alle Unternehmen vor gewaltige Herausforderungen, argumentiert der BME. Lieferketten müssten nach Einspar- und Effizienzvorteilen durchleuchtet, Beschaffungsstrategien diversifiziert, Digitalisierungsprojekte gestartet, Maßnahmen zur Liquiditätssicherung ergriffen und neue Personalstrategien entwickelt werden. Den Ergebnissen der BME-Umfrage zufolge versuchen die meisten Firmen, sich an die von der Pandemie ausgehenden neuen Normalität anzupassen. Dabei steht vor allem das Personalmanagement im Fokus. So suchen 44 Prozent der Umfrageteilenehmer nach neuen und anderen Mitarbeiterprofilen. Einen Personalabbau streben nur 24 Prozent an. „Für Unternehmen wird es immer wichtiger, dass die Personalstruktur an die neuen Realitäten angepasst wird“, sagt Matthias Droste, geschäftsführender Gesellschafter der Expense Reduction Analysts (DACH) GmbH.

„Um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Unternehmen allerdings noch mehr tun. Gerade im Bereich Digitalisierung haben viele noch nicht die notwendigen Voraussetzungen geschaffen. So gibt es immer noch knapp 40 Prozent der Befragten, die sich wiederholende Tätigkeiten wie beispielsweise die Verarbeitung von Eingangsrechnungen per Hand tätigen“, betont BME-Hauptgeschäftsführer Dr. Silvius Grobosch.

Gerade mit dem Homeoffice vertrage sich die analoge Arbeitsweise nicht mehr.

In der zweiten Welle ändert sich der Fokus

Als primäre Krisenreaktion hatten der Umfrage zufolge viele Betriebe in den ersten Monaten der Pandemie das Hauptaugenmerk vor allem auf Liquiditäts- und Supply Chain Management gelegt. Jetzt, in der zweiten Phase der Corona-Krise, rücken auch die Bereiche Personal, Sourcing und Digitalisierung in den Vordergrund.

Matthias Droste: „Covid-19 wird immer wieder als Digitalisierungsbeschleuniger beschrieben. Die Wirklichkeit sieht derzeitig allerdings anders aus. Seit Ausbruch der Pandemie waren nur wenige Unternehmen zeitnah in der Lage, administrative Prozesse zu digitalisieren.“

Im Durchschnitt ist die Digitalisierungsquote laut der Erhebung bis dato nur um vier Prozent gestiegen.

Mit Blick auf 2021 sind die meisten der von BME und Expense Reduction Analysts befragten Unternehmen noch positiv. Während 45 Prozent von ihnen in diesem Jahr mit Umsatzrückgängen von mehr als fünf Prozent rechnen, erwarten 65 Prozent 2021 Umsatzsteigerungen von mehr als fünf Prozent. Zudem hoffen 60 Prozent binnen 18 Monaten wieder ihr Vor-Corona-Umsatz-Niveau zu erreichen. „Die erwartete wirtschaftliche Erholung hängt allerdings direkt mit dem Verlauf der zweiten Welle zusammen. Daher müssen Unternehmen und Mitarbeiter sowie die gesamte Gesellschaft jetzt große Anstrengungen unternehmen, um die Erholungsphase nicht zu gefährden“, so Droste abschließend.