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CONFERENCE DAYS 2024: Wie die letzte Meile wirtschaftlicher wird

Eine CONFERENCE DAYS-Session zeigte, warum sich die Zusammenarbeit zwischen Lastenradprofis und Transporter-Herstellern lohnen kann. 

Geballtes Lastenrad- und Transporter-Know-how bei den CONFERENCE DAYS 2024. | Bild: HUSS VERLAG
Geballtes Lastenrad- und Transporter-Know-how bei den CONFERENCE DAYS 2024. | Bild: HUSS VERLAG
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Sandra Lehmann
(erschienen bei LOGISTRA von Tobias Schweikl)

Auf den CONFERENCE DAYS 2024 hat am 14. Juni Johannes Reichel, Ressortleiter Test und Technik, HUSS-VERLAG, mit Gästen das Thema „Nachhaltige City-Logistik mit Lastenrädern und Leichtelektrofahrzeugen“ diskutiert. Mit Reichel im virtuellen Studio waren Markus Graf, Geschäftsführer des Leicht-Elektrofahrzeugherstellers TYN-e GmbH, Martin Schmidt, Vorstand des Radlogistik Verbands Deutschland e.V. und gleichzeitig Inhaber der Cycle Logistics CL GmbH, sowie Inga Töller, Chief Growth Officer beim Lastenradhersteller Onomotion GmbH. Ebenfalls in der Runde vertreten war Filip Gubala von Mercedes-Benz Vans. Das Unternehmen untersucht mit dem Technologieträger „SUSTAINEER“ gemeinsam mit Onomotion eine kombinierte Lastenrad-Transporter-Lösung für die letzte Meile.

In der Eröffnung verwies der Cargobike-Experte Reichel gleich auf die Probleme, die die Lastenradlogistik bremsen: das immer noch ungelöste Henne-Ei-Problem aus hohen Kosten bei geringen Stückzahlen von Lastenrädern, die schwierige Situation bei geeigneten Immobilien für Mikrodepots in der City, die schlecht ausgebaute Verkehrsinfrastruktur für (schwere) Lastenräder sowie noch immer ungelöste regulatorische Aufgaben; hier insbesondere die erleichtere Einrichtung von Tempo-30-Strecken und Lieferzonen. Dennoch gebe es zahlreiche erfolgreiche Projekte von Lastenradlogistik. Jüngst wurden etwa bei Urbike in Brüssel die gravierenden Vorteile urbaner Lastenradlogistik in Sachen Geschwindigkeit (doppelt), Zustellvorhersehbarkeit, Emissionen (halbiert) und vor allem Kosten (Faktor zehn kleiner) wissenschaftlich ermittelt, wie Reichel referierte.

Markus Graf von TYN-e verwies in seinem Impulsvortrag anschließend darauf, dass die Zustellung in der Logistik immer noch ein Nadelöhr sei. Das Unternehmen hat einen starken Background in der Zeitungs- und Postzustellung und sich erst zuletzt zu einem Fahrzeughersteller gewandelt. Man habe damals das Projekt der Zustellung mit Lastenrädern begonnen, in 2021 aber noch keine wirtschaftlich sinnvollen und technisch zuverlässigen Fahrzeuge auf dem Markt gefunden. Man verfolge die Entwicklung eines deutlich unter 10.000 Euro teuren, schweren E-Lastenrads mit einer Nutzlast von knapp 300 Kilo im Rahmen des Gesamtportfolio der Firma weiterhin und habe das fest eingeplant. Es gelte hier, den Spagat zwischen Ökologie und Ökonomie zu schaffen. Politische Förderungen in Pilotprojekten seien hier oft zu kurzatmig. Die Folge war die Eigenentwicklung des elektrischen Kleintransporters „TYN-e“, mit dem man in 2024 nun in 19 Ländern auf fünf Kontinenten auf dem Markt sei. Die Fahrzeugfrage ist für ihn inzwischen im Kern gelöst, die Probleme der letzten Meile seien mittlerweile andere:

„Wir reden über Lastenräder und Kleinfahrzeuge, aber ein wesentlicher Faktor ist die Infrastruktur“, so Graf.

Es fehle vor allem an Ladebuchten und Mikrodepots und auch Einfahrtsbeschränkungen seien ein Ärgernis.

Inga Töller von Onomotion gab dann den Impuls, dass künftige Lieferketten in die City vermutlich eine Kombination aus Lastenrad und (elektrischem) Transporter oder Lkw sein dürften. „Wir sind ursprünglich angetreten, die Logistik leiser zu machen und den Transporter zu ersetzen“, so Töller. Doch mittlerweile erscheine ein Miteinander durchaus sinnvoll. Töller verweist in diesem Zusammenhang auf eine aktuelle Studie von EIT Inno Energy, die eine Kostenreduzierung in gemischten E-Flotten im KEP-Bereich feststellt. Eine Lieferflotte aus 100 Prozent E-Vans verursacht in dieser Studie rechnerische Kosten von 1,46 Euro pro Paket, eine Mischflotte aus 60 Prozent Lastenrad und 40 Prozent Van komme – ebenfalls in einer Beispielrechnung – auf 1,38 Euro. In diesem Sinne sei auch das Projekt gemeinsam mit Mercedes-Benz Vans und deren Technologieträger „SUSTAINEER“ zu sehen.

Den Ball nimmt Filip Gubala von Mercedes-Benz in der Diskussion gerne auf.

Mit dem „SUSTAINEER“ auf Basis einen Mercedes-Benz Sprinters „wollen wir zeigen, was heute schon alles möglich ist“, so Gubala.

Das Fahrzeug soll auf der „mittleren Meile“ vorkonfektionierte Transportboxen vom Verteilzentrum in die City transportieren. Dort werden die Boxen über einen hydraulischen Containerlift abgeladen und direkt von den Onomotion-Lastenrädern aufgenommen. Diese Übergabe sei in wenigen Minuten abgeschlossen. Das Projekt hat die Entwicklungsphase inzwischen hinter sich gelassen. Aktuell sei man dabei, gemeinsam mit einem KEP-Großflottenkunden ein Pilotprojekt in einer größeren Stadt zu evaluieren. Perspektivisch soll es auch eine Langversion mit zwei Boxen Kapazität geben.

Blick in die Praxis

Der Blick in die Praxis der Zustellung mit dem Lastenrad kam anschließend von Martin Schmidt. Als Vorstand des Radlogistik Verbands Deutschland, der aus seiner Sicht zunehmend vernehmbare Lobbyarbeit für Lastenradlogistik versieht und Inhaber der Cycle Logistics CL GmbH in Berlin kennt der den Stand der Entwicklung beim Cargobike wie kaum ein Zweiter. Auch Schmidt sieht derzeit die Infrastruktur als ein großes Hindernis auf dem Weg zu einer flächendeckenden Letzten Meile per Lastenrad.

„Auch die großen Lastenräder gehören auf den Radweg“, so sein Impuls. „Wir haben nur nicht die richtigen Radwege!“

Schmidt plädiert darüber hinaus dafür, dass sich Finanzierung und Produktion von Lastenrädern weiter professionalisieren. Selbstredend brauche es billigere Bikes für mehr Rentabilität.  „Die Reife der Fahrzeuge im Vergleich zum Auto haben wir noch lange nicht, dazwischen liegen 150 Jahre Entwicklungsvorsprung.“ Dennoch kommt auch von ihm das Fazit:

„Wenn der Service funktioniert, sind aber auch heute Lastenräder schon wirtschaftlich.“

Auch er kombiniert dafür im Übrigen leichte Nutzfahrzeuge – und die Lieferungen, die im Mikrodepot per Transporter zur weiteren Feinverteilung per Bike ankommen, seien „propevoll“.

Ohnehin ist dem Lastenrad-Logistiker aus Berlin die Wirtschaftlichkeit in großes Anliegen.

„Man kann nicht nur auf Fördergelder arbeiten“, so Schmidt. „Es muss auch ein Business Case werden.“

Das bedeute laut Schmidt aber auch, dass der Kunde bereit sein muss, für eine nachhaltigere Transportdienstleistung mehr Geld zu bezahlen.

Auch der Service für die Lastenräder habe großen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit, so der Lastenrad-Logistiker weiter. Er hat eigens eine Service-Tochter in und für Berlin gegründet, die auf Cargobike-Reparatur spezialisiert ist. „Echte Servicenetze gibt es dafür in Deutschland noch nicht.“ Inga Töller von Onomotion kontert, dass man in Ballungsräumen bereits Servicestrukturen mit ausgebildeten und geprüften Partnerbetrieben aufgebaut habe.

Bei der Wirtschaftlichkeit des Lastenradeinsatzes gelangte die Diskussion direkt die Produktion der Fahrzeuge. Martin Graf von TYN-e verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass seine Fahrzeuge in Asien produziert werden, weil sie damit 20 bis 30 Prozent günstiger angeboten werden könnten, als mit einer Produktion in Deutschland. Inga Töller von Onomotion hingegen vertritt ihre Fertigung in Deutschland, die nachhaltiger sei. Filip Gubala von Mercedes-Benz ergänzt, dass man sich bewusst für einen Partner mit deutscher Fertigung entschieden habe. Ausschlaggebend waren Qualitätsaspekte, aber auch schnelle Reaktionszeiten durch die räumliche Nähe.

„Und was muss nun passieren, damit Lastenräder in der Logistik bald durchstarten?“, fragte abschließend Moderator Johannes Reichel.

Inga Töller und Markus Graf wünschen sich hier mehr langfristiges Kommittent von Städten und Kommunen, entsprechende Umschlagflächen bereitzustellen. Filip Gubala sieht die Schnittstelle zwischen Lastenrad und anderen Verkehrsträgern als entscheidend an. Und Martin Schmidt wünscht sich einen Wertewandel in der Gesellschaft, der den Transport per Lastenrad auch wirtschaftlich interessanter macht.

CONFERENCE DAYS 2024

Die CONFERENCE DAYS 2024 des HUSS-VERLAGS, in dem auch LOGISTIK HEUTE erscheint, sind eine fünftägige digitale B2B-Veranstaltung für die Branchen Logistik & Intralogistik, Truck & Bus sowie Automotive & Taxi. Im Mittelpunkt stehen vom 10. bis 14. Juni die Wissensvermittlung zu aktuellen Themen sowie das Networking. Weitere Informationen zur kostenlosen Teilnahme und zum Programm der CONFERENCE DAYS 2024 sind zu finden unter https://conference-days.de. Bis auf Weiteres ist jede Session als Aufzeichnung im Programm auf der Plattform abrufbar.

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